So schön ist Kulmbacher Backstein
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Montag, 27. Mai 2019
Viele Kulmbacher möchten nicht, dass bei der Mälzerei Müller wieder ein Stück Stadtgeschichte verschwindet.
Industriearchitektur der Gründerzeit übt eine faszinierende Wirkung aus. An zwei Stellen in Kulmbach kann man es noch sehen: So schön ist Kulmbacher Backstein. Umwerfend der Blick auf die Unima-Mälzerei in der EKU-Straße, 1896 vom damaligen Stararchitekten August Levermann erbaut. Dasselbe gilt für den gotisierenden Gebäudekomplex der Mälzerei Meußdoerffer von 1890 in der gleichnamigen Straße.
Viele andere Bauten aus rotem Ziegelmauerwerk sind aber weggerissen worden: Rizzibräu (heute Autohaus Dippold, Kronacher Straße), Sandlerbräu (Schwedensteg/Grünwehr) oder EKU-Brauerei (Stadtmitte). Dasselbe Schicksal droht der Mälzerei Müller.
So groß wie der Hardenbergblock
Bisher wissen die Kulmbacher recht wenig über das Vorhaben in der Pestalozzistraße 3. Eine öffentliche Diskussion fand noch nicht statt. Bekannt ist nur, dass die Rosenheimer Drösel-Gruppe dort 159 Appartements - 122 für Studenten, 37 für Senioren - mit 5000 Quadratmetern Wohnfläche bauen will. Ein Megaprojekt - so groß wie der komplette Hardenbergblock.
Falsch ist die Annahme, dass im Umfeld der Mälzerei Müller Tabula rasa gemacht wird. Erhalten werden muss der siebenstöckige Darrturm, der unter Denkmalschutz steht. Aber auch die gewohnte Straßenansicht bleibt weitgehend - Friseur Stübinger (Hausnummer 5) und das Lokal daneben (Hausnummer 7).
"Die Stadt verliert ihre Seele"
Dennoch: Viele Kulmbacher bedauern es, dass wieder ein Stück Stadtgeschichte verschwindet. "In anderen Städten werden solche Gebäude wie Schätze behandelt. In Kulmbach müssen diese alten Gemäuer weichen", kritisiert Achim Zeitler. Von den Zeitzeugen der Industrialisierung, "die uns einst Arbeit und Wohlstand gebracht haben", sei nicht mehr viel da. "Die Stadt verliert ihre Seele", sagt er. Was nachkommt, sei meistens schlechter, meint Zeitler und verweist auf den Wohnblock "Schwanenhof" im Spiegel: "Der passt in keiner Weise da oben rein."
Sein Wunsch ist es: "So viel wie möglich von der alten Backsteinarchitektur erhalten, das macht Kulmbach aus." Deshalb sein dringender Appell an den Stadtrat, dem Investor bei der Baugenehmigung hier Auflagen zu machen.
Enttäuscht vom Denkmalamt
Enttäuscht vom Denkmalamt ist Bernhard Kriest, ein Experte für die Baugeschichte der Petzbräu beziehungsweise Mälzerei Müller. Er wundert sich, dass hier kein Ensembleschutz für den stadtbildprägenden Gebäudekomplex greift, um mehr Originalsubstanz zu erhalten.