Skandalurteil für eine Lichtgestalt
Autor: Peter Müller
Kulmbach, Mittwoch, 20. Januar 2016
Er hat es also geschafft: Uli Hoeneß, Ex-Präsident des FC Bayern, muss nur die Hälfte seiner dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verbüßen. Ab 29. Februar ist er ein freier Mann, nachdem er wegen Steuerhinterziehung in der JVA Landsberg einsaß.
Naja, was heißt einsaß: Der Mann, der 28 Millionen Euro am Fiskus vorbeijonglierte, war ohnehin kein "Gefangener", sondern arbeitete tagsüber und musste nur nachts im "Freigängerhaus" schlafen.
Während im Vergleich zur FC Bayern-Lichtgestalt (Beckenbauer ist ja im Zuge des FIFA-Skandals zur Zwielicht-Gestalt mutiert) massenhaft Kleinganoven ihre Haftzeit ganz verbüßen, hat das Landgericht Augsburg das Bild eines Muster-Häftlings gezeichnet. Der Verurteilte sei "trotz seiner Position" stets bereit gewesen, sich in die Gefangenengemeinschaft zu integrieren, hieß es. Aha! Toll! Und weil er mit Zinsen und Gebühren 43 Millionen zurückgezahlt hat, wird ihm demnächst ein Heiligenschein wachsen.
Noch ein Auszug aus dem Juristengeschwafel: Hoeneß' "sozialer Empfangsraum" stelle sich "äußerst günstig" dar.
Ja wo sammer denn? Saßen im Gericht lauter Bayern-Fans mit schwarzen Roben? Gab's Bratwürste und VIP-Tickets für die Allianz-Arena bis zum Lebensende? Man weiß es nicht. Für mich steht fest, auch wenn es gebetsmühlenartig dementiert wird: Das war ein Promi-Bonus, Lex Hoeneß made in Augsburg.
Da passt irgendwie die Nachricht dazu, dass 62 Milliardäre genauso viel Kohle besitzen wie die (arme) Hälfte der Weltbevölkerung. Ein Sprecher der Hilfsorganisation Oxfam kommentierte das so: "Wir leben in einer Welt, deren Regeln für die Superreichen gemacht sind."
Dem ist nichts hinzuzufügen.