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Sind Windräder Gefahr für Fledermäuse?


Autor: Alexander Hartmann

Wirsberg, Mittwoch, 08. Mai 2013

Die Untere Naturschutzbehörde fordert, dass bei den neuen Wirsberger Windrädern Schalldetektoren installiert und die Rotoren zeitweise abgestellt werden. Es soll geprüft werden, wie große die Gefahr für Fledermäuse ist. Bürgermeister Hermann Anselstetter spricht von einem "völlig überzogenen Bescheid".
Das Landratsamt will die Frage klären lassen, ob durch die neuen Wirsberger Windräder "ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko" besteht. Foto: dpa


Es kracht zwischen der Beermann Windkraft GmbH & Co. Sessenreuth KG, die zwei neue Windräder im Markt Wirsberg erstellt hat, und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Das Verwaltungsgericht Bayreuth befasst sich schon mit dem Streitfall, der am Dienstag auch Thema im Gemeinderat war. Bürgermeister Hermann Anselstetter (SPD) machte da in einer Stellungnahme deutlich, dass er zusammen mit Günter Beermann und Rechtsanwalt Boris Mariacher die Interessen der 103 Eigentümer der Bürgerwind räder vertrete, die dem Amt vorwerfen, den Windenergieatlas willkürlich auszulegen.

Erhöhtes Tötungsrisiko?

Was ist passiert? Die Untere Naturschutzbehörde hat der Windkraft GmbH nach der offiziellen Inbetriebnahme der Anlagen einen Bescheid zugestellt, in dem ein zweijähriges, so genanntes Gondel-Monitoring mit einer teilweisen Abschaltung der Windräder gefordert

wird. Die Maßnahme soll laut Anselstetter vom 1. April bis 31. Oktober in 138 Meter Höhe durchgeführt werden, um zu klären, ob für Fledermäuse durch die Rotoren ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht: "Die Rotoren müssen in den Nachtstunden bei Windgeschwindigkeiten unter sechs Meter pro Sekunde drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang abgeschaltet werden, um die Ruftöne der hoch fliegenden Fledermäuse aufzuzeichnen." Ultraschall-Detektoren, die akustische Signale der Tiere aufnehmen können, sind da im Einsatz.

Ein Fledermaus-Experte

Wie der Bürgermeister ausführte, hat die Windkraft GmbH dem Landratsamt aber schon 2010 die Ergebnisse der "Speziellen Artenschutzrechtlichen Prüfung" vorgelegt, die von Diplom-Geograph Christian Strätz, einem anerkannten Fledermaus-Sachverständigen, durchgeführt worden sei. Diese habe unter anderem ergeben, dass der Erhalt der Arten nicht gefährdet sei. "Bei den Fledermäusen werden durch die Windräder keine Quartiere in Anspruch genommen. "

Einnahmeverluste

Vermutungen der Behörde, dass Arten gefährdet seien, reichen laut Anselstetter nicht aus, um von der Eigentümergemeinschaft weitergehende Maßnahmen einzufordern. Die Untere Naturschutzbehörde müsse vielmehr selbst konkrete Nachweise über regelmäßige Aufenthalte von Fledermäusen im Rotorenbereich erbringen, dürfe "nicht willkürlich" das Monitoring einfordern, zumal die zeitweise Abschaltung der Windräder für die beiden Bürgeranlagen erhebliche finanzielle Einbußen zur Folge hätte. Zu den Einnahmeverlusten kämen noch Kosten von 60 000 Euro für das Monitoring und die Technik.

"Keine Willkür"

Dass das Landratsamt den Bescheid nicht willkürlich ausgestellt hat, stellte Philipp Hetzel, Jurist am Landratsamt, fest. Im Windenergieatlas würden von der Staatsregierung keine Orientierungshilfen gegeben, sondern Verwaltungsvorschriften erlassen, die verbindlich einzuhalten seien. "Da sich in der Artenschutzrechtlichen Prüfung ergeben hat, dass sich im Umkreis der Windkraftanlagen geschützte Arten befinden, ist der von uns erlassene Bescheid zwingend", betonte Hetzel. Mit dem Monitoring werde festgestellt, "was für Arten sich wann an den Anlagen aufhalten".

Juristische Schritte

Das sehen die Eigentümer der Windkraftanlagen anders. Sie können auch nicht verstehen, dass der Bescheid schon einen Tag vor dem Pressegespräch ausgefertigt worden ist, bei dem im März zusammen mit Landrat Klaus Peter Söllner über die offizielle Inbetriebnahme der Anlagen informiert worden war. Bei dem Treffen sei kein Wort über das Monitoring gefallen. Da auch bei einem Gespräch von Günter Beermann mit Landrat Klaus Peter Söllner kein Einlenken des Amtes zu erkennen gewesen sei, hat man laut Ansel stetter juristische Schritte eingeleitet: "Auf Veranlassung des Diplom-Ingenieurs befasst sich das Verwaltungsgericht Bayreuth jetzt mit dem Fledermaus-Monitoring."

Eilantrag führt zu Vergleich

Ein Eilantrag hat, wie Philipp Hetzel bestätigt, in den vergangenen Tage zu einem Vergleich geführt, der bis zur Hauptverhandlung im Juni Rechtskraft hat. Nach diesem muss zunächst nur am Windrad am Rabenstein das Monitoring durchgeführt werden. "Es bleiben aber immer noch hohe Kosten von 30.000 Euro plus der Ausfall der Stromeinnahmen", stellte Anselstetter fest und führte an: "Die Vertreter der Bürgeranlagen sprechen über die Forderungen des Landratsamtes Klartext: Es handelt sich um Schikane und Unfug." Nachdem es in Bayern noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Verhalten von Fledermäusen in großen Höhen gibt, sollten Bürger mit ihrem Ersparten Untersuchungen durchführen, "die eindeutig in den Aufgabenbereich des Freistaates gehören". Dagegen sei Widerspruch eingelegt worden.

Keine Zweifel

Nun sei auch der Antrag an Landrat Klaus Peter Söllner erneuert worden, das Sachverständigen-Gutachten von Christian Strätz und die Einwände von Günter Beermann anzuerkennen, um die Einstellung des Verfahrens vor Gericht herbeizuführen. Am Landratsamt zweifelt man die Rechtmäßigkeit des Bescheides aber nicht an. Dieser sei aufgrund einer rechtsverbindlichen Anweisung im Windenergieatlas folgerichtig, wie Philipp Hetzel feststellte: "Im Falle von Wirsberg ist das Gondel-Monitoring mit der teilweisen Abschaltung der Windräder zwingend, weil für gewisse Arten eine signifikant erhöhte Tötungsrate zu erwarten ist."