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Simon Moritz: "Man muss die Region stärken"


Autor: Alexander Müller

Kulmbach, Mittwoch, 14. August 2013

Simon Moritz ist der Direktkandidat der SPD für die Bundestagswahlen. Er stellt die Arbeitsmarktpolitik in den Mittelpunkt. Was er bisher in der Politik erreicht und was er sich vorgenommen hat, sagt er im Interview.
Simon Moritz.


Der 29-jährige Simon Moritz ist in Lichtenfels geboren und arbeitet derzeit dort, hat in Bamberg studiert und wohnt in Kulmbach. Alle drei Landkreise sind im Bundestagswahlkreis vereint.

Herr Moritz, Sie sind ein Newcomer als Bundestagskandidat - aber Sie haben schon kommunalpolitische Erfahrung. Wie wollen Sie sich im Wahlkreis bekannt machen?
Simon Moritz: Bekanntmachen muss sich sicher jeder Kandidat, wenn er nicht schon länger im Parlament ist. Ich glaube aber schon, dass ich mir im Kulmbacher Raum jetzt einen guten Bekanntheitsgrad erworben habe durch die kommunalpolitische Tätigkeit. Also gilt das mit der Bekanntheit eher noch für den Lichtenfelser oder Bamberger Raum.

Wenn ich mir die Kandidatur nicht zu 100 Prozent zugetraut hätte, dann hätte ich sie auch nicht gemacht.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, angesichts der bisherigen Dominanz der CSU?
Grundsätzlich ist es kein Geheimnis, dass jeder CSU-Kandidat und jede CSU-Kandidatin in Bayern erst einmal Favorit ist durch die Parteizugehörigkeit. Ich glaube aber schon, dass ich in der Position bin, und das ist ja das Entscheidende für mich, aus der heraus ich ein deutlich besseres Ergebnis für die SPD als vor vier Jahren holen kann.

Ihr Stimmkreis ist sehr groß. Wie kann es ein Abgeordneter schaffen, dauerhaft in der Fläche präsent zu sein?
Also wenn man erst einmal Abgeordneter ist, fällt einem das sicher leichter, weil man dann ja auch Mitarbeiterstrukturen hat. Wichtiger sind die inhaltlichen Unterschiede. Mit Kulmbacher Problemen, wie demographischem Wandel und dem Wegzug junger Menschen brauche ich natürlich jemandem in Bischberg oder Memmelsdorf vor den Toren Bambergs nicht unbedingt zu kommen. Gerade jetzt offenbart sich schon innerhalb des Wahlkreises dieser Ost-West-Gegensatz.

Die Gemeinden Bad Berneck, Himmelkron, Marktschorgast, Neuenmarkt und Wirsberg wollen als ein gemeinsames Mittelzentrum ausgewiesen, Anträge gibt es auch aus Stadtsteinach/Untersteinach und Thurnau. Biser scheinen die Bemühungen nicht von Erfolg geprägt. Wie stehen Sie dazu?
Ich kann es verstehen, dass jede Kommune versucht, in dem Landesentwicklungsplan eine möglichst gute Einstufung zu erreichen, weil eben auch die Ansiedlung von Infrastrukturmaßnahmen häufig damit verbunden wird. Insofern ist es sicher auch richtig aus Sicht der betroffenen Gemeinden, ihre Chancen auf Höherstufung zu erhöhen, wenn sie sich zusammenschließen. Bayernweit betrachtet bin ich nur deshalb etwas skeptisch, weil gleichzeitig die Einstufungen innerhalb dieses Landesentwicklungsplanes schon fast inflationär zugenommen haben. Und der zu verteilende Kuchen wird ja nicht größer.

Kulmbach ist ein Schwerpunkt für Lebensmittelproduktion und -forschung. Wie kann der Bund hier flankierend weitere Ausbaubemühungen unterstützen?
Aufgabe eines Abgeordneten im Deutschen Bundestag wäre es jetzt, den Standort weiter zu sichern. Eine weitere wäre, neue Institute anzusiedeln helfen, die dem Landwirtschaftsministerium nachgeordnet sind.

Die Ortsumgehungen in Untersteinach und Kauerndorf kommen nicht voran. Was könnte da helfen?
Bei dem konkreten Beispiel scheitert es ja nicht an der Planung oder an der Konzeption, sondern letztendlich einfach an der immensen Verteuerung. Gerade wenn man bedenkt, dass hier eine Jahrzehnte lange Geschichte dahinter steht, kann ich nicht verstehen warum sich da nichts tut.



Was also könnte man im Fall der Umgehung tun, damit das Projekt umgesetzt wird?
Wenn man den politischen Willen hat, wenn man die Maßnahme will, dann muss man auch die Gelder bereitstellen und das Kreuz durchdrücken. Wenn sich das, wie im Untersteinacher Fall, in solchen Dimensionen bewegt, dann muss man irgendwann auch einmal als Verantwortlicher, etwa als Minister Ramsauer, an den Punkt kommen und sagen: Liebe Leute, das ist eine Maßnahme, die hat eine Dimension angenommen, die werden wir nicht machen können. Dann haben die Menschen vor Ort wenigstens Klarheit.

Die Landwirte sind in keiner einfachen Situation. Vorschriften und Ansprüche, sinkende Preise für Lebensmittel und der demographische Wandel setzt ihnen zu. Sehen Sie Ansätze, ihnen zu helfen?
Thema ist ja beispielsweise immer die Regelung der Erbschaftssteuer, vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der Frage: wie kann ein Hof weitergeführt werden in der nächsten Generation? Die Privilegierung bei der Erbschaftssteuer ist da nur einer von vielen Punkten.

Danke für das Stichwort "demographische Wandel". Er beschleunigt sich in den kommenden Jahren ja ohne Zweifel. Gibt es Gegenstrategien aus Ihrer Sicht?
Wenn ich jetzt sage: Der Bevölkerungsrückgang ist eine unmittelbare Folge der Strukturpolitik - und man sagt, man will das bekämpfen, dann muss man flankierend in erster Linie alles tun, um langfristig die Region strukturpolitisch zu stärken. Der zweite Komplex ist ja: Wie bewältige ich den demographischen Wandel? Und da muss ich sagen, es gibt ja zahlreiche Konzepte - Mehrgenerationenhäuser und ähnliches -, die helfen sollen, auch die familiären Einheiten besser zu erhalten. Wohnraum für ältere Menschen ist ein Thema, aber auch das schnelle Internet und die Gestaltung des Arbeitsmarkts.

Die Bundestagskandidaten einiger Parteien sind diesmal jung - ähnlich jung wie sie selbst. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Meinung nach auf den Wahlkampf?
Ich glaube schon, dass wir in der jüngeren Generationen teilweise vielleicht sogar einen etwas unverkrampfteren Umgang pflegen. Uns verbindet die Tatsache, dass wir uns in den letzten Jahren an verschiedenen Orten alle gegen Rechtsextremismus engagiert haben - und wir haben auch schon einmal angedacht, da noch im Wahlkampf vielleicht eine gemeinsame Aktion zu setzen. Gerade weil das ja auch ein Thema ist, das - leider - einen starken oberfränkischen Bezug hat.

Auf welche Themen wollen Sie im Wahlkampf setzen?
Die Ausweitung von Niedriglohnbeschäftigung muss bekämpft werden - meiner Meinung nach in erster Linie mit einem gesetzlichen Mindestlohn. Genauso muss auch immer "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelten. Auch im Landkreis ist die Zahl derjenigen,die eine Zweitbeschäftigung haben in den letzten zwei Jahren allein über 20 Prozent gestiegen. Und allein daran sieht man ja, dass im Kern unserer Gesellschaft - die ganzen Sozialsysteme hängen ja an der Lohn-, an der Arbeitsmarktpolitik - etwas grundsätzlich nicht mehr passt.