Druckartikel: Sie kümmern sich von Mensch zu Mensch

Sie kümmern sich von Mensch zu Mensch


Autor: Matthias Beetz

Untersteinach, Dienstag, 16. Dezember 2014

Seit etwa einem Jahr engagiert sich Kerstin Paal ehrenamtlich bei "Von Mensch zu Mensch". Neben Krankenbesuchen in der Klinik oder daheim bieten die Mitarbeiter dieser besonderen Arbeitsgemeinschaft auch praktische Hilfe im Alltag. Alles zum Nulltarif.
"Von Mensch zu Mensch": Kerstin Paal von der Kirchengemeinde Untersteinach besucht Frank Marks in Klinikum. Foto: Matthias Beetz


"Man weiß ja nie, was auf einen zukommt. Das ist schon spannend", sagt Kerstin Paal, während sie im Kulmbacher Klinikum das Treppenhaus in den vierten Stock hinaufsteigt. Dass die 33-Jährige sozusagen im Dienst der Untersteinacher Christen unterwegs ist, sieht man ihr nicht an.

Und es muss auch nicht unbedingt offensichtlich werden, sagt sie. Wenn sie Besuchsdienst bei Untersteinachern macht, die im Krankenhaus behandelt werden, geht es um alle möglichen Themen - um Gott und die Welt sozusagen.

Alles zum Nulltarif

Seit einem Jahr etwa engagiert sich Kerstin Paal in der evangelischen Kirchengemeinde und im Besuchsdienst. "Von Mensch zu Mensch" heißt die besondere Arbeitsgemeinschaft, die Pfarrer Wolfgang Oertel auch zu diesem Zweck ins Leben gerufen hat.

Denn neben Krankenbesuchen in der Klinik oder daheim bieten die ehrenamtlichen Mitarbeiter praktische Hilfe im Alltag, begleiten bei Arztbesuchen, gehen bei Friedhofsarbeiten zur Hand, begrüßen Neubürger oder nehmen sich einfach einmal Zeit zum Zuhören. Alles zum Nulltarif, versteht sich.

Derzeit besteht "Von Mensch zu Mensch" aus einer fünfköpfigen Mannschaft, zu der neben Wolfgang Oertel und Kerstin Paal auch Marion Koch, Roswitha Patutschnik-Stölzel und Bernhard Herrmann gehören. Neue Mitarbeiter? "Jederzeit willkommen", sagt Pfarrer Oertel. Er hat die Gruppe vor etwa fünf Jahren ins Leben gerufen - auch aus der Erkenntnis heraus, dass es in der Untersteinacher Kirchengemeinde jede Menge tatkräftige Mitglieder gibt, wie er sagt.

Unbegründete Bedenken

Im Gegenzug ermuntert er die Untersteinacher, die diese Dienste in Anspruch nehmen könnten, durchaus eifriger von dem Angebot Gebrauch zu machen und sich im Pfarramt zu melden. Dass der eine oder andere einen Anruf scheut, weil er nicht als bedürftig gelten möchte, darum weiß Wolfgang Oertel. Aber er hält derartige Scham für unbegründet. Im Vordergrund stehe die Kontaktpflege untereinander und die gegenseitige Fürsorge - "von Mensch zu Mensch" eben.

Dass jemand Bedenken haben müsste, dass Persönliches nach außen dringen könnte, sieht der Pfarrer nicht. Immerhin haben sich er und seine Mitstreiter zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet.

Kerstin Paal hat die Station 4 im Klinikum erreicht. Sie klopft an Zimmer 459. Und wird sofort fündig. Frank Marks ist es, den die 33-jährige Untersteinacherin diesmal besuchen möchte. Der 50-Jährige ist am Bein operiert worden und steht kurz vor seiner Entlassung.

Dass er "auf den letzten Drücker" noch mal Besuch bekommt, freut ihn, er findet das ganz und gar nicht aufdringlich. "Das ist gut", sagt er über den Besuchsdienst der evangelischen Kirchengemeinde Untersteinach. Und ist mit Kerstin Paal schnell ins Gespräch vertieft.

Die Frage, woher die Untersteinacherin überhaupt weiß, dass er im Klinikum Kulmbach ist, spielt diesmal keine Rolle, ist aber von Wolfgang Oertel schnell beantwortet: "Das läuft über die Klinikum-Pforte." Wenn sich Patienten anmelden, dann werden sie auch nach Herkunft und Konfession gefragt. Und landen damit gegebenenfalls auf der Info-Liste für den Untersteinacher Besuchsdienst.

Etwas Sinnvolles tun

Warum Kerstin Paal, die bis vor einem Jahr auch bei der Kulmbacher Tafel engagiert war, einmal pro Monat Freizeit für "Von Mensch zu Mensch" opfert? Weil sie schon in ihrer Jugend in Willmersreuth in der dortigen Kirchengemeinde tätig war, sagt sie. Und weil sie nach ihrem Umzug nach Untersteinach sich auch dort einbringen und neben dem Beruf als Augenoptikerin etwas Sinnvolles tun wollte.

Zeit schenken

Den Menschen Zeit schenken und ihnen zuhören, das möchte Kerstin Paal. Und immerhin gebe ihr der Besuchsdienst auch selbst etwas. "Schwer kranke Menschen sind oft sehr tapfer. Das setzt das eigene Leben und die eigene Gedankenwelt in ein ganz anderes Licht", nennt die 33-Jährige als Beispiel.

Dass sie ihrer Nachbarin Marion Koch damals spontan zu einem Treffen der Ehrenamtlichen gefolgt und seitdem aktiv dabei ist, bereut sie nicht. "Die Resonanz ist sehr positiv", hat Kerstin Paal bei ihren Besuchen festgestellt.
Das wiederum liegt wohl auch daran, dass die Untersteinacherin wie ihre Kollegen ohne Themenvorgabe in die Kliniken nach Kulmbach oder Stadtsteinach geht. "Ich will ja auch nicht aufdringlich sein", sagt sie. "In den Gesprächen geht es um alltägliche Dinge. Und wenn es gewünscht wird, ist auch der Glaube ein Thema."

Direkt und unkompliziert

Apropos Wunsch: Kerstin Paal wäre jederzeit dazu bereit, Hausbesuche zu machen, Arzttermine zu begleiten oder andere Tätigkeiten zu übernehmen, die der Arbeitskreis Menschen in besonderen Lebenssituationen anbietet. Deshalb wünscht sie sich, dass sich noch mehr Untersteinacher im Pfarrbüro melden. Gerade jetzt, in der hektischen Vorweihnachtszeit, ließe sich vielleicht so manche Terminnot in den Familien vermeiden. Direkt und unkompliziert - eben von Mensch zu Mensch...