Sexueller Übergriff im Kräuterrausch?
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Donnerstag, 26. November 2015
Drei jungen Männern wurde vorgeworfen, eine 16-Jährige in Kulmbach zum Rauchen so genannter Legal Highs gezwungen und sie dann unsittlich berührt zu haben. Das Jugendschöfffengericht sprach sie vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs frei.
Wegen sexuellen Missbrauchs eines wehrlosen Mädchens mussten sich drei junge Männer im Alter von 18, 19 und 20 Jahren vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Weil ihnen die Taten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnten, stand am Endeeiner sechsstündigen Mammutverhandlung für alle drei ein Freispruch.
Auf Bank gesetzt und aus dem Staub gemacht
Dem Trio wurde ursprünglich vorgeworfen, eine 16-jährige Schülerin zum Rauchen von psychoaktiven Substanzen, so genannten Legal Highs, gezwungen und das völlig wehrlose Mädchen unsittlich berührt zu haben. Danach sollen sie ihr Opfer im Stadtpark auf eine Bank gesetzt und sich aus dem Staub gemacht haben.
Laut Anklageschrift ereignete sich der Vorfall am 16. Dezember des vergangenen Jahres.
"Wir wollten chillen, Spaß haben und Musik hören", sagte die 16-jährige Schülerin, die angab, extrem unter den Folgen der Tat zu leiden. Sie habe seitdem Angstzustände und Albträume und traue sich nicht mehr in die Stadt. Auch will sie sogar schon Selbsttötungsgedanken gehabt haben.
Es begann am Entenweiher
Zusammen mit einer Freundin, die sich nach nur einer halben Stunde zurückzog, führte der Weg mit dem Auto des ältesten Angeklagten zunächst zum Entenweiher am Schießgraben, dann zum Freibadparkplatz und über einen Supermarkt am Goldenen Feld schließlich zum Sportplatz nach Melkendorf. Schon an der zweiten Station hätten die drei Angeklagten einen Joint mit Kräutermischungen konsumiert.
Diese Legal Highs sind in der Regel in bunten Tütchen verpackt. Darin sind einige Gramm an Kräutern, die als Träger für eine ganze Palette rauscherzeugender synthetischer Chemikalien dienen, die nicht selten eine ähnliche Wirkung wie Crystal oder Ecstasy haben. Da die Mischungen in Hinterhofküchen fabriziert und im Internet für rund 40 Euro pro Tütchen vertrieben werden, kann niemand genau sagen, welche Substanzen in welcher Zusammensetzung und welcher Menge eigentlich drin sind.
"Ich habe gedacht, mein Leben ist zu Ende"
Am Parkplatz des Melkendorfer Sportvereins soll es laut Anklage dann soweit gewesen sein: mit der Drohung, dass man sie nicht mehr nach Hause fahren und ihren Eltern von dem Joint erzählen werde, zwangen die drei ihr Opfer, dreimal an dem Joint zu ziehen. Die Folgen waren verheerend. "Ich habe gedacht, mein Leben ist zu Ende", sagte die junge Frau unter Tränen im Zeugenstand.
Sie habe extreme Angstzustände bekommen, musste sich übergeben, konnte nicht mehr atmen, spürte Arme und Beine nicht mehr, bekam einen Kreislaufzusammenbruch und war wohl teilweise auch bewusstlos. "Ich wollte schreien, aber es ging nicht", sagte sie.
Doch dann soll nach der Aussage des vermeintlichen Opfers das eigentliche Martyrium erst begonnen haben. Plötzlich hätten sich die drei Angeklagten an ihr zu schaffen gemacht, hätten ihr das Oberteil hochgeschoben, sie an den Brüsten berührt und mehrfach versucht, ihr zwischen die Beine zu fassen. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, einen freien Willen zu äußern, hieß es in der Anklage.
Zahlreiche Widersprüche
Nichts davon konnte trotz der langen Verhandlungsdauer zweifelsfrei bewiesen werden. Zu groß waren die Widersprüche. So habe die junge Frau während der gesamten Zeit nicht einmal ihre Augen öffnen können, wollte aber genau wissen, dass sie von allen drei Angeklagten unsittlich angefasst worden sei. Auch wusste sie nicht, wer wo im Auto saß, will aber genau festgestellt haben, dass mehrere Hände verschiedener Personen sie in sexueller Absicht berührt hatten.
Am Ende will die junge Frau sogar mitbekommen haben, dass mit einem Handy Fotos von ihr gemacht wurden, wofür es keinen einzigen Anhaltspunkt gab. Vorsitzender Richter Christoph Berner sprach von einem "bedenklichen Bewusstseinszustand", aufgrund nicht zweifelsfreier Angaben müssten alle drei Angeklagten freigesprochen werden.
Auf keinen Fall unter Druck gesetzt
Alle drei hatten zuvor eingeräumt, selbst Kräutermischungen konsumiert zu haben. Die 16-Jährige habe freiwillig mitgeraucht und sei keinesfalls unter Druck gesetzt worden. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es nur darum ging, Joints zu rauchen. Genauso einig war man sich auch in Sachen sexueller Übergriffe. Zu keinem Zeitpunkt habe es solche Übergriffe gegeben, sagte der 18-Jährige. Wahrscheinlich habe sie sich das nach dem Kräuterkonsum so eingebildet, so der 19-jährige Mitangeklagte. Er sei sogar noch bis zum Eintreffen des Rettungswagens bei dem Mädchen geblieben und habe ihr das verlorene Handy in die Jackentasche gesteckt.
Natürlich habe man an ihr gerüttelt, sie an der Wange getätschelt und ihr den Sicherheitsgurt angelegt, "aber doch nicht in sexueller Absicht", beteuerte der 19-Jährige. Der 20-Jährige will sich sogar Monate später beim Altstadtfest mit der jungen Frau unterhalten haben. Sie soll ihm erklärt haben, dass sie ihre Aussage wieder zurückziehe. Darauf angesprochen behauptete die Frau nun, dass sie damals betrunken gewesen sei.