Selbst das Klima verflüchtigt sich
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Freitag, 20. November 2015
Ausgerechnet Paris. Der Weltklimagipfel wird Ende November ausgerichtet in jener Metropole, in der vor Wochenfrist 130 Menschen hingerichtet worden sind. Alle Welt redet über Mord, Totschlag und die Kriegsflüchtlinge von heute (die zahlenmäßig "Peanuts" darstellen angesichts der Klimaflüchtlinge von morgen, aber das nur nebenbei).
Was sind Dürren und Überflutungen - und ein deutscher Frühling im November - gegen die Opfer des islamistischen Terrors? Es soll Ketzer geben, die stellen diese Frage umgekehrt.
Doch das Drängen auf ein Zwei-Grad-Ziel, was die Begrenzung der globalen Erwärmung angeht: Es wirkt wie ein Relikt. Ein Fossil, zufällig ausgebuddelt. Wie schrieb die "taz" so treffend: "In der Ökonomie der Aufmerksamkeiten ist nur Platz für einen Krieg. Das ist, jetzt wieder, der Krieg gegen den Terror."
Die Deutungshoheit der Auguren: Sie hat sich verschoben von den Warnern vor der Klima-Apokalypse hin zu
den Apokalyptikern der Welt(wirtschafts)ordnung. Irgendeine Apokalypse ist ja immer.
Eigentlich müsste es
in beiden Fällen wie beim Navigationsgerät heißen: "Wenn möglich bitte wenden." Nun dürfen sich eben die Terrorismusexperten auf allen öffentlichen Kanälen ausbreiten.
Die Öffentlichkeit beim Weltklimagipfel hingegen ist ausgesperrt worden. Genau, wegen des Terrors. Ausnahmezustand in Paris für drei Monate bedeutet auch das Verbot jedweder Demonstration. Rund 300 000 Umweltaktivisten hatten sich zum Klimagipfel-Auftakt angekündigt, um - in diesem Fall freilich rein verbal - zu Felde zu ziehen gegen die Kohleverbrenner und Urwaldabholzer, die Flussvergifter und Arten ausrotter. Nix wird draus.
Umweltzerstörung - ach Gottchen, hatten wir so oft "auf der Agenda". Was sind Heckenschützer gegen Heckenschützen? Schnellsprecher Dieter Thomas Heck hätte es in der Zettdeeff-Hitparade so ausgedrückt: "Die Natur auf Startnummer 1: Drei Mal dabei gewesen, bitte nicht wieder wählen."