Druckartikel: Schwender holt Praktikanten aus Spanien nach Thurnau

Schwender holt Praktikanten aus Spanien nach Thurnau


Autor: Sonny Adam

Thurnau, Freitag, 05. Juli 2013

Hans Schwender, der Chef der gleichnamigen Firma für Energie- und Gebäudetechnik, hat 13 Praktikanten aus dem sonnigen Süden nach Thurnau geholt. Vor allem Deutsch müssen die Absolventen jetzt büffeln.
Jesús Manuel Artasanchez aus Santander, der Hauptstadt Kantabriens im Norden der iberischen Halbinsel, macht derzeit ein Praktikum bei der Firma Schwender und interessiert sich für eine Ausbildung in Deutschland. Er ist bereits Gas- und Elektrik-Installateur. Fotos: Sonja Adam


Derzeit absolvieren 27 Lehrlinge bei Schwender eine Ausbildung. Bei 189 Mitarbeitern liegt deren Anteil bei 14,3 Prozent, rechnet Firmenchef Hans Schwender Regierungspräsident Wilhelm Wenning vor. Genau aus diesem Grund besuchten Wenning und der Abteilungsdirektor für Wirtschaft, Landesentwicklung und Verkehr, Thomas Engel, das Thurnauer Unternehmen für Energie- und Gebäudetechnik am "Tag der Ausbildung".
Lehrjahre sind keine Herrenjahre, aber bei Schwender besonders attraktiv. So werden die Azubis mit Geldprämien für gute Noten belohnt. Und wenn die Abschlussprüfung 2,5 oder besser ausfällt, führt dies automatisch zu einer Arbeitsplatzgarantie - unbefristet.

Selbst wer nur mittelmäßig erfolgreich war, bekommt noch eine Chance. Christoph Guist zum Beispiel, dem der Firmenchef zu einer weiteren Ausbildung riet. "Er hat noch einen zweiten Beruf gelernt, und heute programmiert er Anlagen - und das mit sehr gutem Erfolg", zollt Hans Schwender seinem Azubi größten Respekt.

"Handwerksberuf ist menschlich"

Der Regierungspräsident staunte noch über andere Ideen des Unternehmers und Kommunalpolitikers. Denn Hans Schwender legt großen Wert auf soziales Engagement. "Der Handwerksberuf ist menschlich. Wir brauchen auch Indianer, und es kommt sehr auf Teamfähigkeit und soziales Verhalten an. Das fehlt in unserer Gesellschaft oft", klagt er.

Der Plan, das Unternehmen zu internationalisieren, reifte bei Hans Schwender, als er vor einiger Zeit von der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien erfuhr. Er startete eine Initiative - gemeinsam mit den Firmen Alpha InnoTec, Wiegel, Sell, Meile und Schlenk - und holte insgesamt 13 Spanier zur Ausbildung nach Deutschland. Seit wenigen Wochen sind die jungen Leute in Deutschland und absolvieren ein Praktikum. Im Laufe des Sommers wird sich dann herausstellen, ob sie im Herbst im Thurnauer Betrieb beginnen können.

"Schon viel besser geworden"

Einer von ihnen ist Jesus Manuel Artasanchez aus Santander. Der gelernte Gas und Elektro-Installateur strebt eine Ausbildung im Bereich Kälte- und Gebäudetechnik an. Derzeit büffelt der 22-Jährige Deutsch. "In den letzten vier Wochen ist die Sprachfähigkeit schon viel besser geworden", findet Hans Schwender, kann aber noch nicht sagen, ob die Ausbildung für die Spanier wirklich zu schaffen ist. Jedenfalls wohnt Artasanchez bei einer deutschen Familie - und Fußball spielt er in Thurnau auch schon.
"Wenn er sich entschließt, die Ausbildung zu machen, wird er in die Mannschaft aufgenommen", sagt Werner Scheler, der die Spanier manchmal betreut.

Auch Diana Obregón ist beim Thurnauer Unternehmen Praktikantin. Technische Zeichnerin möchte sie werden. Erste Erfahrung mit technischen Dingen und planerischen Belangen hat sie schon, denn sie arbeitete in Spanien im städteplanerischen Bereich. Doch auch sie muss sprachlich noch viel lernen.
Diana Obregón hat außerdem einen Freund, der ebenfalls eine Ausbildung in Deutschland absolvieren möchte - allerdings weit entfernt von Thurnau. Auch das könnte eine Hürde sein, muss aber nicht.

"Die Spanier machen jetzt erst einmal ein Praktikum, dann können sie selbst entscheiden, ob sie die Ausbildung absolvieren möchten und ob diese zu schaffen ist. Das ist alles noch offen", sagt Hans Schwender, der jeglichen Druck vermeiden will. Tatsächlich sind vor allem die sprachlichen Fähigkeiten noch eine ziemlich große Hürde. Und es ist ungewiss, ob sich diese innerhalb der nächsten Wochen und Monate abbauen lässt.

Das Ausbildungsprojekt wird von den bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgebern unterstützt. "Wir rechnen damit, insgesamt 40 jungen Spaniern ab September eine Ausbildung in der bayerischen M+E Industrie zu ermöglichen", hat bayme vbm-Geschäftsführer Bertram Brossardt in einer Pressemitteilung erklärt. Das Modellprojekt stellt laut Brossardt die hohe Qualität bei der Vermittlung und bei der Integration der jungen Menschen aus Spanien in den Vordergrund und bietet eine Win-Win-Situation für alle: "Für die künftigen Auszubildenden, die eine erfolgreiche berufliche Zukunft zum Beispiel als Industriemechaniker, Elektroniker oder Mechatroniker erwartet, wie auch für unsere Mitgliedsbetriebe, die Unterstützung bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze brauchen."

Kein Fachkräftemangel

"Es ist so, dass die Spanier keinem deutschen Jugendlichen die Ausbildungsplätze wegnehmen. Wir können uns auch nicht über Fachkräftemangel beklagen", stellt Hans Schwender klar. Vielmehr betrachtet der Unternehmer die Ausbildung der Spanier als Zukunftsprojekt und könnte sich eine spätere Fortsetzung der Arbeit und eine Umsetzung des Gelernten in der Heimat der Spanier gut vorstellen: "Die Erzeugung von Kälte via Solarmodulen wäre vielleicht ein spannendes Projekt."

Die Bewerber werden in Spanien vom Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft und Partnerorganisationen ausgewählt. Bertram Brossardt: "Die jungen Menschen müssen eine gute schulische Grundausbildung mitbringen sowie leistungswillig und integrationsbereit sein."

Nach einer Vorbereitungsphase mit einem Deutschkurs in ihrem Heimatland durchlaufen die Interessenten zunächst ein mehrwöchiges Praktikum in einem bayerischen Unternehmen. Das ist wichtig, um die Ausbildungsanforderungen im Freistaat kennen zu lernen. Sprach- und interkulturelle Trainings sind ebenfalls vorgesehen - die Spanier, die bei Schwender tätig sind, absolvieren diese derzeit. Die ersten Sätze können sie schon formulieren.

Ob es am Ende reicht, werden die nächsten Monate zeigen.