Schutzräume Fehlanzeige
Autor: Christine Fischer
Kulmbach, Montag, 28. März 2022
Wohin im Katastrophenfall? In Kulmbach existiert kein offizieller Zufluchtsort. Und wie sieht es mit der Alarmierung über Sirenen aus?
Die Bilder schutzsuchender Menschen in ukrainischen Städten werfen auch bei uns die Frage auf: Wo gäbe es im Fall eines Falles Unterschlupf? Seit dem Ende des Kalten Krieges gibt es laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Deutschland keine öffentlichen Schutzräume wie etwa Luftschutzbunker mehr. Im Jahr 2007 hatten Bund und Länder beschlossen, diese nicht weiter zu erhalten. Die Mauer war gefallen, der Ost-West-Konflikt beendet. Das Szenario eines konventionellen Krieges schien nicht mehr zeitgemäß. Und jetzt? Hat das Innenministerium eine Bestandsaufnahme und mögliche Reaktivierung der Bunkeranlagen angekündigt. In Bayern gab es rund 500 öffentliche Schutzräume. Sie wurden längst aufgegeben, abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt.
Datenbank mit alten Anlagen
Und wie sieht es mit Schutzräumen im Raum Kulmbach aus? Auf der Internetseite geschichtsspuren.de der Interessengemeinschaft für historische Militär-, Industrie- und Verkehrsbauten gibt es eine bundesweite Datenbank, die die zwischen 1955 und 2007 in Deutschland vorgehaltenen Zivilschutzanlagen dokumentiert. Sucht man dort nach Kulmbach, erscheint der Hinweis: "Keine Datensätze gefunden".
Marcel Hocquel, Mitglied der Führungsgruppe Katastrophenschutz am Landratsamt, kann das bestätigen. "Öffentliche Zivilschutzräume im Landkreis gibt es nicht", sagt er. Und gab es in der jüngeren Vergangenheit wohl auch nicht, zumindest sei hierzu nichts bekannt. Zwar wisse man von vereinzelten Anlagen, aber die seien nie offiziell als Schutzräume deklariert worden und gehen eventuell auf private Initiativen zurück.
Keller und Tiefgaragen
Was wäre überhaupt als Schutzanlage geeignet? Schaut man sich die Geschichtsspuren-Datenbank an, werden dort unter anderem für Hof, Bayreuth, Bamberg und Coburg ehemalige Räumlichkeiten gelistet. Das können Keller wie an der Uni Bayreuth oder im Coburger Landratsamt sein. Zu letzteren heißt es: "Das neue Gebäude der Kreisverwaltung wurde auf der Belüftung des Schutzraumes gebaut, der Schutzraum dient aktuell als Archiv." Oder aber Tiefgaragen wie in Bayreuth, die beim Bau entsprechend konzipiert wurde.
Ein "fataler" Zufluchtsort
Käme also vielleicht die Tiefgarage unter dem Eku-Platz als Zufluchtsort in Frage? "Sie wäre als Schutzeinrichtung fatal", warnt Jonas Gleich, Pressesprecher der Stadt Kulmbach. "Einerseits kann sie im Falle einer großen Belastung oder eines gezielten Angriffes einstürzen, bei einem oberirdischen Brand würde das Feuer den Sauerstoff aus der Tiefgarage sogartig nach außen ziehen, sodass dort untergebrachte Menschen schnell ersticken würden."
Gleich bringt ebenso wie Marcel Hocquel die alten Stollen im Burgberg oder auch Felsenkeller ins Spiel, die überall im Landkreis existieren. Bislang habe es von Seiten der Regierung noch keine Abfrage oder Planungen zu möglichen Zivilschutzeinrichtungen im Landkreis gegeben, heißt es aus dem Landratsamt. "Ich rechne aber schon mit entsprechenden Hinweisen in den nächsten Wochen", so Hocquel.
Förderprogramm für Sirenen
Während man in Sachen Schutzräume noch am Anfang steht, ist man beim Thema Alarmierung schon weiter. Resultierend aus den Erfahrungen der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, die das zum Teil mangelhafte Alarmierungssystem aufgezeigt hat, wurden Förderprogramme zur Verbesserung der Warninfrastruktur aufgelegt. Dabei geht es vor allem um die Anschaffung von Sirenen, die mit auf- und abschwellendem Heulton vor besonderen Gefahren warnen können. Davon gab es bislang nur zwei im Landkreis, in Gössenreuth und Lanzendorf, da dort bei Störfällen in einem Unternehmen Katastrophenwarnungen möglich sein müssen. Der Rest der insgesamt 128 Sirenen sind überwiegend Anlagen, die nur die Feuer-Alarmierung mit dem dreimaligen 15-Sekunden-Dauerton von sich geben können.