Kulmbach: Entführung mitten in der Stadt - Komplizen verurteilt
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Samstag, 02. November 2019
Die Entführer eines iranischen Landsmannes wurden zu Haftstrafen verurteilt. Warum sie trotzdem "relativ glimpflich" davonkamen, erklärt die Strafkammer.
Es war nach Ansicht des Landgerichts Bayreuth ein Schreckensszenario, das die vier Angeklagten damals durchgezogen hatten: Sie kreuzten vor einem Jahr mit einer schwarzen Limousine in Kulmbach auf und brachten einen iranischen Landsmann, der damals als Schleuser tätig war, in ihre Gewalt. Samstagabend - eine Entführung mitten in der Stadt. Für die Tat verhängte die Strafkammer am Mittwoch (30. Oktober 2019) Haftstrafen.
Prozess in Kulmbach: Haftstrafen für Entführung
Vorsitzender Richter Bernhard Heim sprach in der einstündigen Urteilsbegründung von einem "massiven strafbaren Verhalten", das nicht mit Freiheitsstrafen zur Bewährung geahndet werden könne. Deshalb wurde es nichts mit dem von den Angeklagten erhofften schnellen Weg in die Freiheit.
Die vier Iraner aus Köln und aus Braunschweig waren kurz nach der Tat festgenommen worden und sitzen seitdem in Untersuchungshaft.
Wegen schweren Raubs in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, versuchter Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung wurden der Fahrer des Wagens (33) und der Iraner aus Braunschweig (25) zu drei Jahren verurteilt. Der Bruder des Fahrers (34) und ein Pizzabäcker (29), der damals den Kontakt zu dem Schleuser in Kulmbach hergestellt hatte, kassierten drei Jahre und drei Monate. Den Zuschlag gab es für die gefährliche Körperverletzung, weil beide bei der Entführung auch ein Messer benutzt hatten.
Schleusergeld war futsch: Urteile im Kulmbacher Prozess
Nach Überzeugung der Strafkammer sollte ein Cousin der beiden Kölner Brüder von dem Kulmbacher nach Deutschland geschleust werden. Aber man kam nur bis Serbien - und die gezahlten 5000 Euro waren auch futsch. Das Geld wollten sich die Brüder zurückholen. Doch der Schleuser blockte alle Anrufe ab. Über den Pizzabäcker lernten sie den Iraner aus Braunschweig kennen, der auch 1000 Euro von dem Kulmbacher zu bekommen hatte und wusste, wo der Mann (36) wohnt.
Die vier Iraner fuhren am 27. Oktober 2018 nach Kulmbach. Der Abend, so das Ergebnis der Beweisaufnahme, lief folgendermaßen ab: Um 18.30 Uhr sahen die Männer den Schleuser, der in der Kronacher Straße auf dem Weg zum Real-Markt war. Kurz vor dem Bahnübergang fuhr der schwarze BWM auf den Gehsteig und schnitt dem Gesuchten den Weg ab. Er wehrte sich heftig, wurde aber von drei Mann in den Wagen gezerrt. Der Bruder des Fahrers half noch mit einem Stich in den Oberschenkel nach.
Dann ging es ab auf die Autobahn - Fahrtrichtung Köln. Weil der Mann weiterhin schrie und sich wehrte, versetzte ihm der Kraftsportler aus Braunschweig einen Schlag, ebenso der Pizzabäcker mit der stumpfen Seite seines Messers.