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Schock: Auch Kulmbacher Tierheim muss kranke Bulldogen rausgeben


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Samstag, 29. Januar 2022

28 französische Bulldoggen leben in Forchheim im Haus einer Züchterin. Als sie erkrankt, werden sie an vier Tierheime, unter anderem das Kulmbacher, verteilt. Jetzt hat die Eigentümerin die Hunde zurückgefordert.
Eine der 28 Französischen Bulldoggen der Forchheimer Züchterin, die kurzfristig auf mehrere Tierheime verteilt wurden.


Es ist der 3. Januar, 7.20 Uhr, als Karin Adelmann, Dritte Vorsitzende des Forchheimer Tierschutzvereins, einen Anruf vom Tierheim bekommt. 28 Hunde wird sie an diesem Tag mit ihren Kollegen aus einem Haus im Landkreis Forchheim retten.

"Es war matschig, weitläufig", beschreibt Karin Adelmann den Garten des Anwesens, zu dem sie gerufen wurde. Die Polizei hatte das Tierheim informiert. Die Hundehalterin sei kurzfristig ins Krankenhaus eingewiesen worden. Bereits im Vorgarten trafen die ehrenamtlichen Helfer auf vier oder fünf Hunde. Doch der Anblick im Inneren schockierte: "Da war eine Hündin, die mit einer kurzen Leine am Treppengeländer angebunden war und in ihrer eigenen Kacke saß", erinnert sich die Helferin.

In einem anderen Zimmer sei ein Hund in einer Transportbox eingesperrt gewesen - ohne Wasser. Daneben ein Kinderlaufgitter mit fünf Welpen. "Die Mutter war zwei Zimmer weiter. Es waren zwar nicht mehr so kleine Welpen, aber trotzdem, das geht gar nicht", erläutert die Tierschützerin. Eines war klar: Die Hunde müssen dort raus.

Alle helfen zusammen

Doch wo sollen 18 erwachsene französische Bulldoggen und zehn Welpen so schnell aufgenommen werden? Das Tierheim schlug Alarm - und die Tierheime in Roth, Kulmbach und Schwebheim nahmen Hunde auf.

Bei den Tieren, die nach Kulmbach kamen, handelte es sich um einige Welpen, mehrere gebärfähige Weibchen sowie eine Hunde-Oma mit stolzen 15 Jahren. Doch der Zustand einiger Hunde bereitete Sorgen. Tierheimleiterin Carina Wittmann lässt die Zeit Revue passieren, die vor allem aus einer Aufgabe bestand: Fäkalien entsorgen. "Wir haben fast nichts mehr anderes gemacht als Sch... gewischt. Es war furchtbar."

Die Hunde litten unter Giardien, einer hartnäckigen Durchfallerkrankung, ausgelöst von Parasiten, die sich an die Wand des Dünndarms anheften und dort die regulären Verdauungsvorgänge der Tiere stören. Insbesondere junge Hunde haben häufig mit den Folgen eines solchen Befalls zu kämpfen. Ähnliche Probleme berichtete das Tierheim in Roth.

In Forchheim waren zwei gelähmte Hündinnen, die aufgrund ihrer Inkontinenz problematisch waren, erläutert Karin Adelmann. "Die eine hatte eine Augenentzündung. Wenn man früh gekommen ist, war eine Eiterkruste drauf." Das sei nichts, dass sich in einer Woche entwickelt, betont sie. Viele der Französischen Bulldoggen hätten auch Probleme beim Atmen. "Es ist eine Qualzucht", sagt Adelmann.

Mühsam haben die Helfer in den Tierheimen ihre Schützlinge wieder aufgepäppelt, bauten Vertrauen auf. Und dann die Nachricht, mit der keiner gerechnet hat: Die Eigentümerin wollte ihre Hunde wieder zurück. Sie habe insbesondere darauf bestanden, die Welpen zurückzubekommen, sagt Adelmann. "Da geht es auch um ein Haufen Geld. Sie verkauft die Kleinen ja für 2500 Euro pro Stück." Bei zehn Welpen krabbeln da gute 25 000 Euro durch die Gegend.

Die 15 800 Euro für Unterbringung der Hunde in den Tierheimen und für die Arztkosten legte die Frau bar auf den Tisch.

Auch die Kulmbacher Tierheimleiterin Carina Wittmann verstand die Welt nicht mehr. "Bei der Aufnahme solcher Hunde im Tierheim ist es jedes Mal ein Kampf, der nervenaufreibender nicht sein kann. Alle Mitarbeiter kümmern sich über Wochen und Monate um die Tiere und müssen sie dann wieder an solche Personen herausgeben. Man weiß genau, was mit ihnen passiert, sobald sie wieder zu Hause sind."

Inzwischen sind fast alle Hunde wieder bei der Züchterin. Eine Hündin musste eingeschläfert werden. Sie hatte einen Tumor, der geplatzt ist. Vier Hunden ging es so schlecht, dass die Tierheimleitung in Roth nicht lockergelassen hat, bis sie die Tiere behalten konnte. Doch die Frustration ist groß. Die Kulmbacherin Carina Wittmann betont, ihr und dem Tierschutzverein seien die Hände gebunden gewesen. "Die deutschen Gesetze sind, was den Tierschutz und die Haltung von Tieren angeht, leider einfach zum Kotzen."

Auch im Netz schlägt die Geschichte Wellen. Über 130 entsetzte und empörte Kommentare gab es unter dem Facebook-Post des Kulmbacher Tierheims. Doch auch Gegenstimmen gibt es - in Form eines Spendenaufrufs, um die hohen Tierarzt- und Pensionskosten zu finanzieren. Die Initiatorin habe selbst einen Hund von der Frau gekauft und beschreibt sie als "seriöse Züchterin".#

Eine Zulassung habe sie, bestätigt das Forchheimer Veterinäramt: "Die fragliche Züchterin ist in Besitz einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Hundezucht nach Paragraf 11 Tierschutzgesetz." Doch das Amt scheint hellhörig geworden zu sein, denn Fachbereichsleiterin Gisela Popp teilt weiter mit: "Der betreffende Hundebestand wird momentan aufgelöst."

Laut Karin Adelmann ist die Eigentümerin dabei, die Hunde an befreundete Züchter zu verteilen. Sie ist skeptisch, ob das die beste Lösung ist. "Wir wünschen uns, dass wir die Hunde wieder kriegen. Oder wenigstens einen Teil davon." Es sei nicht so, dass sich die Züchterin gar nicht um ihre Hunde gekümmert habe, so die Tierschützerin: "Die Wohnung war so weit sauber und der Ernährungszustand war okay. Aber ihr ist die Masse an Hunden über den Kopf gewachsen."