Schnapszahl auf Rädern: Michael Bayer will 444 Kilometer nonstop radeln
Autor: Jochen Nützel
Hollfeld, Freitag, 24. Mai 2019
Vor zwölf Jahren war Michael Bayer ein kranker Mann. Der Hollfelder krempelte sein Leben von heute auf morgen um. Jetzt plant er eine Mammut-Radtour.
Um Michael Bayers Gesundheit ist es im Frühjahr 2007 schlecht bestellt. Da erfolgt die Kehrtwende im Kopf: Der Hollfelder isst anders. Und entdeckt das Radfahren neu. Die Langstrecke wird zur Leidenschaft, er "frisst" die Kilometer geradezu. Im Gespräch berichtet der 54-Jährige, wie er buchstäblich die Kurve bekam - und welche Rolle Rallye-Legende Walter Röhrl dabei spielte.
Waren Sie schon immer der sportliche Typ?
Michael Bayer: Ganz und gar nicht. Der ausschlaggebende Punkt war ein Satz meines Hausarztes im Frühjahr 2007: Ich wog damals über 140 Kilogramm, hatte Diabetes Typ II, war herzinfarkt- und schlaganfallgefährdet. Auf jeder Treppe hoch habe ich geschnauft wie ein Postgaul, aber irgendwie kannte ich es auch nicht anders. Ich hatte, seit ich selbstständig bin, kaum Zeit, mich um mein Wohlbefinden zu kümmern. Die Arbeit ging vor - und bei der Gesundheit habe ich geschlampert, wie man auf Fränkisch sagt.
Angesichts meiner äußerst bedenklichen Blutwerte meinte mein Arzt: "Herr Bayer, Sie haben für sich sowieso keine Zeit, aber eine Ernährungsberatung wäre das Optimale, um von Ihren Problemen wegzukommen." Da habe ich zu ihm gesagt: "Wenn das so ist, fange ich heute noch damit an." Er hat damit genau einen Nerv getroffen, in den Moment hat es "Klick" gemacht im Kopf. Und wenn ich was mache, bin ich ein ganz konsequenter Mensch. 100 Prozent oder gar nicht.
Kommt man damit automatisch aufs Fahrradfahren?
Nein, es ging erst los mit besagter Umstellung meiner Ernährung. Ich habe rigoros auf die Broteinheiten geschaut, auf gute Kohlenhydrate geachtet, also Vollkorn statt Weißmehl und so weiter. Es gab dazu Gruppengespräche mit anderen Patienten. Da wird schonungslos alles offengelegt, da bekommt man die nötige Motivation weiterzumachen. Positiv bestärkt wurde ich auch, weil die Werte schnell merklich besser wurden. Wobei ich mich nie gewogen habe. Ich machte mir keinen Zwang daraus. Das Gewicht purzelte, ich fühlte mich fitter. Es ging vieles leichter - und dann packte mich der Ehrgeiz. Zum Gesamtkonzept gehört Bewegung. Da erinnerte ich mich an mein altes Mountainbike. Früher bin ich damit einmal pro Woche so um die 20 Kilometer gefahren. Das Rad stand bei meinem Vater lange unbeachtet in der Holzlege. Ich habe es rausgekramt und mich draufgesetzt. Die Runde, die ich früher fuhr, wollte ich mal wieder angehen. Und was soll ich sagen: Nach wenigen Minuten dachte ich, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Also lieber wieder aufhören? Wenn ich was anfange, bleibe ich dabei. Ich fing also langsam an, fünf bis acht Kilometer Flachstrecke am Tag zurückzulegen. Anfangs brauchte ich dafür fast eine Stunde. Das wiederholte ich sechs Mal die Woche. Diese Zeit habe ich mir dann tatsächlich endlich für mich genommen. Nebenbei: Die Zeit wäre immer da gewesen, aber man sieht sie nicht. Es ist ja keine Stunde Verlust, man tut etwas für sich. Es ist ein großer Gewinn. Und der Körper dankt es, ich konnte schon nach zwei Monaten meine Medikamente stark zurückfahren. Die Laune besserte sich, ich war ausgeglichener, fühlte mich wohler. Man traute sich mehr zu, die Strecken wurden länger.
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