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Schmiechens Privat-Pool schlägt Wellen


Autor: Jochen Nützel

Untersteinach, Dienstag, 22. Sept. 2015

Durfte Untersteinachs Bürgermeister Gemeindearbeiter bei sich privat werkeln lassen? Mit seiner öffentlich gemachten Mail-Korrespondenz hatte Markus Weigel (WGU) den Stein ins Rollen gebracht. Seine Fraktion geht jetzt zu ihm auf Distanz.
Untersteinachs Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) hat sich offenbar für seinen privaten Swimming-Pool Hilfe von Gemeindearbeitern geholt. Foto: dpa/Ralf Hirschberger


Nein, Volker Schmiechen habe sich noch nicht bei ihm gemeldet. "Ich denke auch nicht, dass er das tut", sagt Markus Weigel und schiebt hinterher: "Es ist sein gutes Recht, sich nicht zu äußern. Genauso wie es mein gutes Recht ist, als Bürger der Gemeinde Fragen zu stellen an die Verwaltung und den Chef im Rathaus."
Diese Fragen drehten sich um Einsätze der Bauhof-Mitarbeiter: Die sollen mehrmals auf Schmiechens Privatgrundstück Hand angelegt haben beim Bau eines Swimmingpools. Weigel, der vor eineinhalb Jahren als Bürgermeisterkandidat gegen Schmiechen verlor und als Mitglied der Wählergemeinschaft Untersteinach (WGU) im Gemeinderat sitzt, war von Familie Orbitz auf die Anwesenheit der Bauhofmitarbeiter auf dem Anwesen des Bürgermeisters aufmerksam gemacht worden - und darauf, dass wohl ein Gemeindefahrzeug bei der Lieferung von Material zum Einsatz kam.


Verwaltung: Alles in Ordnung

Aus der Verwaltungsgemeinschaft Untersteinach hatte es dazu geheißen, die Arbeiten seien nach Feierabend und in der Freizeit der Mitarbeiter erfolgt und stellten somit keinen Verstoß dar. Der Bürgermeister habe sich, so Weigel, trotz mehrfacher Anfragen nicht erklärt (auch gegenüber der BR nicht).
Weil Weigel sich damit nicht zufrieden gab, verschickte er am Sonntagabend eine umfangreiche Mail-Korrespodenz an die Medien. In der Chronologie der Ereignisse waren die vier Fragen formuliert, die Weigel von Schmiechen beantwortet haben wollte, was bis heute unterblieben sei. Weigel wollte unter anderem wissen, wie die Gemeindeverwaltung den Einsatz eines gemeindlichen Klein-Lastwagens für den Transport von Bauteilen auf Schmiechens privates Anwesen in der Eichbergstraße 14 begründet. Und weiter: Auf welche Weise würden die eventuell hierbei angefallenen Kosten - auch haushaltsmäßig - abgerechnet? Und Weigel wollte auch wissen, ob diese "Art der kommunalen Dienstleistung" allen Gemeindebürgern zur Verfügung stehe und welcher Antrags- beziehungweise Auftrags-Weg zur Inanspruchnahme zu beschreiten wäre?


"Keine Retourkutsche"

Der Gemeinderat betont, dass mit diesem Fragenkatalog keinerlei Vorwurf oder persönlicher Angriff verbunden gewesen sei. "Wo ist das Problem, wenn der Bürgermeister dazu Stellung bezieht?" Seine Beweggründe seien lediglich gewesen, einen Sachverhalt zu erhellen. "Ich wollte Aufklärung, weil mich Bürger der Gemeinde darum gebeten haben. Ich stehe als Mandatsträger gegenüber den Bürgern in der Pflicht, das Handeln der Regierenden zu hinterfragen. Das ist keine Retourkutsche, sondern das nennt man Demokratie und ist nichts, wofür ich mich in irgendeiner Weise rechtfertigen muss. Im Gegenteil: Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, trotz besseren Wissens nichts unternommen zu haben. Dafür bin ich nicht gewählt worden."
Weigel selber habe im Juli bei einem Besuch Schmiechens ("Ich wollte mich bei ihm für die Gemeinderatssitzung abmelden") einen Bauhofmitarbeiter in der Pool-Baugrube stehen sehen. Aufgrund dieser Behauptung wiederum hatte Schmiechen eine Anwaltskanzlei eingeschaltet. Diese forderte Weigel schriftlich auf, unwahre Tatsachenbehauptungen zu unterlassen. Der Bauhofmitarbeiter habe nicht gearbeitet, sondern sich lediglich die Baustelle besehen.


Spannende Gemeinderatssitzung

Am morgigen Donnerstag wird es bei der Gemeinderatssitzung zum direkten Aufeinandertreffen zwischen Weigel und Schmiechen kommen. "Ich gehe ganz entspannt da hin", sagt der Rat. Er habe sich nichts vorzuwerfen. Aber nicht jeder sieht das so, wie die Resonanz aus der Bevölkerung zeigt (siehe dazu den Infokasten). Und das zeigt nicht zuletzt auch die Reaktion der Wählergemeinschaft Untersteinach (WGU), die nicht lange nach der BR-Veröffentlichung hat auf sich warten lassen. Vorsitzender Philipp Simon Goletz verfasste auf der Facebook-Seite der BR folgende Stellungnahme: "Die Wählergemeinschaft Untersteinach stellt hiermit fest, dass es sich bei der genannten Mailkorrespondenz an die Medien und den dazu folgenden Kommentaren in Sachen ,Vorwürfe gegen Untersteinachs Bürgermeister' um eine rein private Aktion von Markus Weigel handelt, welche vom Vorstand der WGU weder autorisiert ist noch mitgetragen beziehungsweise unterstützt wird."
Auf Nachfrage sagte Goletz der BR, er sei von der Aktion "überrascht" gewesen. Er kündigte an, dass es Gespräche mit Weigel auf Vorstandsebene geben werde. "Weiter kann ich nichts dazu sagen. Es ist ein laufendes Verfahren, und ich bin kein Jurist, deshalb kann ich mir auch keine Wertung erlauben."


SPD moniert Weigels Vorgehen

Inhaltlich nicht äußern wollte sich Untersteinachs SPD-Fraktionssprecher Uwe Jackwerth. "Die zuständige Stelle im Landratsamt prüft alles, und wenn ein Ergebnis vorliegt, wird darüber zu reden sein." Allerdings stellte Jackwerth, der als Nachrücker erst seit kurzem im Gemeinderat sitzt, fest: "Diese Art und Weise hat nach meinem Dafürhalten mit einer normalen politischen Auseinandersetzung nichts zu tun und erinnert mich an einen schlechten Agentenfilm. Irgendwann sollte der Wahlkampf auch mal beendet sein."

Reaktionen

Leserbrief Sonja Schmidt aus Kulmbach schreibt der BR: "Warum kann man eine Wahlniederlage nicht einfach hinnehmen? Stattdessen wird dauernd versucht, die Existenz eines Menschen zu zerstören. Ich kenne Herrn Schmiechen als korrekten, hilfsbereiten und freundlichen Menschen, der versucht, alles für seine Gemeinde zu tun. Warum diese dauernden Unterstellungen? Wenn man bei einer Wahl die Mehrheit nicht errungen hat, muss man es halt beim nächsten Mal wieder versuchen und nicht dauernd nach Fehlern bei den Anderen suchen und nur Schlechtes unterstellen. Dies wäre eine Überlegung wert."

Facebook & Co. Auch in den sozialen Netzwerken bietet die Schwimmbad-Aktion regen Diskussionsstoff. Unter anderem schlägt "Felisor" vor, Untersteinach solle seine Bauhof-Mitarbeiter nach Fichtelberg ausleihen - schließlich werde dort ein großer Pool gebaut (gemeint ist der Wiederaufbau der abgebrannten Therme). "Stefani" brachte eine Swimmingpool-Steuer ins Spiel. "Silberstern" befürchtet, dem "Selbstbedienungsladen Gemeinde" könne Tür und Tor geöffnet werden, sollte das Beispiel Schule machen.
Der Nutzer "Elster" kommentiert auf dem Internetportal in franken.de: "Das ist doch eine vorzügliche Idee: Wenn die Bauhof-Arbeiter Dienstschluss haben, also in ihrer Freizeit oder im Urlaub bzw. beim Abfeiern von Überstunden, steht deren bauliches Fachwissen nicht nur der Gemeinde-,Spitze', sondern der gesamten Bürgerschaft mit Rat, Tat und Werkzeug zur Verfügung. Markus Weigel nennt dies ,Bürgerservice' - er hat Recht: Denn mit dieser ,Vorreiterrolle' hätte sein Dorf ein echtes Alleinstellungs-Merkmal in Franken!"