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Schleichende Landflucht wird gestoppt


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Mittwoch, 02. März 2016

Um langfristig die flächendeckende hausärztliche Versorgung sicherzustellen, werden große Planungseinheiten in kleinere aufgespalten.
Emmi Zeulner und KVB-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Krombholz stellten die Bedarfsplanung zur Ärzteversorgung in Oberfranken vor. Foto: Dagmar Besand


Arztpraxen sind in Oberfranken ungleich verteilt. Es gibt zwar genug Ärzte - aber nicht überall dort, wo sie gebraucht werden. Ein Ungleichgewicht besteht vor allem zwischen Stadt und Land, aber auch innerhalb großer Planungsbereiche. Das Ergebnis: In ländlichen Gebieten müssen Patienten oft lange Wege oder Wartezeiten für einen Termin in Kauf nehmen, während in den größeren Städten wie Kulmbach oder Bamberg die Versorgungslage deutlich entspannter ist.

Die neue Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) zur Ärzteversorgung in Oberfranken soll dafür sorgen, dass sich das künftig ändert.

Das Versorgungsstrukturgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung hat die Grundlage für flexiblere neue Lösungen geschaffen.


"Auch für die Patienten da"


Wie sich dies konkret für die Menschen in den einzelnen oberfränkischen Landkreisen auswirkt, erläuterte gestern KVB-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Krombholz auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) bei einem Pressegespräch in der "Einkehr zur Schmiede". "Die Kassenärztliche Vereinigung ist nicht nur für die Ärzte da, sondern auch für die Patienten. Wir schauen genau, was gebraucht wird und geben entsprechende Empfehlungen an den Zulassungsausschuss."

Eines der Instrumente, mit der die Kassenärztliche Vereinigung die Hausarztdichte beeinflussen kann, ist die Neuaufteilung der sogenannten Mittelbereiche. Das sind die räumlichen Strukturen, innerhalb derer die niedergelassenen Ärzte mit ihren Praxen bleiben müssen. Da diese Gebiete bislang recht groß waren, zogen viele junge Mediziner, die einen freien Arztsitz übernahmen, von den Dörfern in die für sie attraktiveren Städte. So entstand eine Art schleichende Landflucht mit Ärzte-Überschuss in den Städten und Ärztemangel auf dem Land. "Wir haben nun mit den Kassen ausgehandelt, dass wir die großflächigen Gebiete in kleine Einheiten aufteilen und die Ballungszentren vom Land loslösen."

Für den Landkreis Kulmbach bedeutet die Neuregelung, dass aus einem Mittelbereich künftig zwei werden. Der neue Mittelbereich Kulmbach umfasst die Gemeinden Kulmbach, Mainleus, Kasendorf, Neudrossenfeld, Thurnau und Wonsees, der Mittelbereich Himmelkron die Gemeinden Rugendorf, Stadtsteinach, Presseck, Grafengehaig, Marktleugast, Guttenberg, Kupferberg, Untersteinach, Ludwigschorgast, Wirsberg, Neuenmarkt, Ködnitz, Trebgast, Harsdorf, Himmelkron und Marktschorgast.

Für jeden Mittelbereich wurde der Bedarf an Hausärzten ermittelt. Wo eine Unterversorgung droht, können sich zusätzliche Hausärzte niederlassen, bei Überversorgung sollen die Sitze langfristig abgebaut werden. Die neuen Berechnungen haben ergeben, dass sich in Oberfranken insgesamt 34,5 Hausärzte neu niederlassen könnten. Nicht alle Regionen profitieren davon allerdings gleichermaßen. Im Landkreis Kulmbach ändert sich nichts: Der Mittelbereich "Kulmbach" hat 35 Hausärzte bei einem errechneten Bedarf von 32, "Himmelkron" hat exakt die errechneten 21. Auch im Landkreis Lichtenfels wird keinen zusätzlichen Hausarzt geben.

Ganz anders sieht die Situation in Bamberg aus: Nach der Aufteilung des Gebiets auf insgesamt fünf neue Mittelbereiche ergibt sich für Bamberg Land ein Bedarf an 13,5 zusätzlichen Arztsitzen. Auf Bayreuth Land entfallen 4,5, auf Coburg Stadt 8,5, auf Coburg-Neustadt 2,5, auf Kronach 2,5 und auf Münchberg zwei.

Noch ist diese Aufstockung theoretischer Natur, denn es müssen sich erst einmal Mediziner finden, die gerne Landärzte sein wollen. Förderprogramme dienen dafür als Anreiz. "Mit jeweils bis zu 90 000 Euro unterstützen die KVB und der Freistaat gemeinsam jeden Arzt, der bereit ist, sich in einem unterversorgten Gebiet niederzulassen", so Krombholz. Verbessert werden auch die Strukturen der Bereitschaftsdienste, um die Belastung zu reduzieren.

Emmi Zeulner plädiert darüber hinaus für die Landarzt-Quote bei der Vergabe von Studienplätzen. "Etwa fünf Prozent der Studienplätze würden wir gerne unabhängig vom Numerus Clausus an diejenigen vergeben, die sich verpflichten, später aufs Land zu gehen."