Schlägerei am Thurnauer Fasching: vor Gericht Gedächtnislücken
Autor: Karl Heinz Weber
Thurnau, Mittwoch, 24. Juli 2013
Das Verfahren um eine handfeste Auseinandersetzung beim Thurnauer Fasching wurde vom Amtsgericht Kulmbach letztlich eingestellt. Gedächtnislücken und vage Aussagen machten Richter Christoph Berner das Leben schwer.
Gefährliche Körperverletzung: Vier Angeklagte saßen mit vier Anwälten im Sitzungssaal 17 des Amtsgerichts Kulmbach. Da wurde es schon ziemlich eng, zumal einige der Beschuldigten nicht gerade zu den zierlichen Zeitgenossen gehören. Ein großer Aufwand wurde betrieben, um Licht ins Dunkel einer Schlägerei zu bringen, die sich in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar vor dem Schützenhaus in Thurnau während einer Faschingsveranstaltung zugetragen hatte.
Die drei Brüder im Alter von 23, 28 und 31 Jahren sowie deren 19-jähriger Freund aus dem Landkreis Kulmbach vergnügten sich dort. Gegen Mitternacht kam es zu einer kurzen und heftigen Auseinandersetzung zwischen dem 23-Jährigen und einem zwei Jahre jüngeren Mann. Wer die Schlägerei anfing und wer sich nur wehrte, war nicht mehr zu klären.
Der Geschlagene soll dann laut Staatsanwaltschaft seine Brüder und den 19-Jährigen zu Hilfe gerufen haben. Wegen dieses Freundes wurde der Fall auch vor dem Jugendgericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner verhandelt. Auf jeden Fall sollen die vier Kumpane den 21-Jährigen ausfindig gemacht haben. Sie stürzten sich auf ihn, schlugen ihn und sollen ihn noch mit Füssen getreten haben, als er am Boden lag. Dessen 29-jähriger Bruder wollte natürlich helfend eingreifen, wurde aber durch mehrere Faustschläge des ältesten Bruders ausgebremst.
"Aweng a Schmarrn"
"Des is aweng a Schmarrn", kommentierte der 23-jährige Angeklagte die Ausführungen von Staatsanwalt Stefan Grawe. Der Beschuldigte wie seine drei Freunde gaben sich wie die Unschuld vom Lande. Sie hätten weder geschlagen noch getreten, teilweise einer Schlägerei nur vom Hörensagen mitbekommen. Was alle gemeinsam hatten, war wohl der Alkoholgehalt im Blut und die Nikotinsucht. Letztere hatte vor das Schützenhaus getrieben, wo die Reibereien begannen.
Der 21-jährige Geschädigte gab an, die vier Angeklagten vor der Schlägerei nicht gekannt zu haben. Bei der ersten Auseinandersetzung mit einem der Beschuldigten habe ihn dieser am Hals gepackt, und er habe sich gewehrt. Von einem Faustschlag auf die Nase des Kontrahenten wollte er nichts wissen. Die Täter die dann alle über ihn herfielen, konnte er nur in zwei Fällen vage beschreiben. Nr. 1 wollte er am Tattoo erkannt haben, Nr. 2 an der Leibesfülle und Faschingsgarderobe. Dieser war als Frau verkleidet und trug eine Perücke. Er erlitt eine Schädelprellung, Schürfwunden und Verstauchungen.
Dem 29-jährigen Bruder waren die vier Angeklagten offenbar bekannt. "Man kennt sich eben auf dem Land vom Fußballspielen, Tanz und Bierfest", sagte er.
Schläger Nr. 2 (31-jähriger Bruder) konnte er eindeutig identifizieren, dieser hatte ihn mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Alle Angeklagten hatte er als diejenigen erkannt, die sich ohne Vorankündigung auf seinen Bruder gestürzt hätten. Wer wann und wie oft geschlagen und getreten hat, konnte er nicht mehr sagen.
Zeuge im Kreuzverhör
Der Zeuge dürfte sich im Übrigen teilweise als Angeklagter vorgekommen sein. Denn die vier Rechtsanwälte legten sich richtig ins Zeug. Über 45 Minuten dauerte die Befragung des Mannes, der auch der einzige war, der Strafantrag gestellt hatte. Zur Überraschung der Verteidiger kam in Bezug auf Schläger 3 (28-jähriger Bruder) und 4 (19-jähriger Freund) die Anregung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen.
Anschließend hatte man den Eindruck, Zuhörer bei einem Juristen-Stammtisch zu sein. Natürlich stimmten die Anwälte von Bruder Nr. 3 und dem heranwachsenden Freund zu - das Duo verließ den Saal.
Gegen die 23 und 31 Jahre alten Brüder wurde weiter verhandelt. Nach Schilderung der Zeugin, die sich um die blutende Nase gekümmert hatte, konnte er an dem "Überfall" auf den Geschädigten gar nicht beteiligt gewesen sein, da sie ihn auf der Toilette versorgt habe.
Ein weiterer Zeuge behauptete, dass er das, was als seine Aussage protokolliert worden sei, nie gesagt habe. "Der Polizist hat das einfach so diktiert." Im Übrigen bestanden seine Angaben aus Vermutungen und Gedächtnislücken, kein Wunder bei sieben bis acht "Seidla".
500 Euro Geldauflage
Vorsitzender Richter Christoph Berner stellte dann auch das Verfahren gegen die Schläger Nr. 1 und 2 ein, gegen Letzteren aber nur vorläufig. Dessen Tatbeteiligung sah das Gericht als erwiesen an - ein kleiner Denkzettel sollte schon sein. Dem jungen Mann wurde eine Geldauflage von 500 Euro aufgebrummt. Ihm wurde sogar die Wahl gelassen, Arbeitsstunden abzuleisten, nachdem er angegeben hatte, Schulden in Höhe von 10 000 Euro zu haben und arbeitslos zu sein.
Davon wollte dieser aber absolut nichts wissen...