Schläge nach der Party: Kulmbacher Richter gewährt Bewährung
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Mittwoch, 24. August 2016
Weil er angeblich junge Frauen geschlagen haben soll, verpassten zwei Männer einem Unbekannten eine Abreibung. Jetzt standen sie vor Gericht.
Weil er angeblich Frauen geschlagen hatte, wollten zwei junge Männer einem 21-Jährigen aus Bad Berneck eine Abreibung verpassen. Nach einer Party am 7. August des vergangenen Jahres war es soweit: Ein heute 22-Jähriger aus Schwarzenbach am Wald hatte Stress mit seiner Freundin und schob die Schuld dem 21-jährigen Bad Bernecker in die Schuhe. Als ihre Bekannte ausgerechnet den 21-Jährigen bat, sie aus Gefrees abzuholen, sahen die beiden Männer ihre Stunde gekommen.
Der Mann traf nichtsahnend in Gefrees ein, und ehe er sich versah, zerrten ihn die beiden Angeklagten mit roher Gewalt aus dem Auto. Sie zerrissen sein T-Shirt und fügten ihm mehrere schmerzhafte Kratzer zu.
Flucht verhindert Schlimmeres
Geistesgegenwärtig ergriff das Opfer allerdings die Flucht, so dass es zu keinen weiteren Übergriffen kam.
Dennoch mussten sich die beiden Männer wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung, ursprünglich auch noch wegen Sachbeschädigung und Diebstahls vor Gericht verantworten.
Ergebnis der fast sechsstündigen Verhandlung: Der 22-jährige Schwarzenbacher wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung, der mitangeklagte 21-jährige Mann, der damals in Gefrees wohnte, zu einem Jahr und zehn Monaten mit Bewährung verurteilt. Das Urteil lautete auf Körperverletzung und Nötigung.
Unterschiedliches Strafmaß
Die unterschiedlichen Strafen für ein zu dieselbe Tat erklären sich im Wesentlichen durch eine massive Vorstrafe von über einem Jahr auf Bewährung, zu der das Amtsgericht in Hof den 21-Jährigen kurz vor der jetzigen Tat verurteilt hatte.
Ursprünglich gab es sogar noch einen dritten Angeklagten, einen 16-jährigen Auszubildenden aus Gefrees. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt, weil gegen ihn kein Tatnachweis zu führen war. Er hatte sich weder an dem Übergriff gegen den Bad Bernecker beteiligt, noch war ihm nachzuweisen, dass er zum Tatzeitpunkt überhaupt vor Ort war. Nicht nachzuweisen war auch den anderen Angeklagten, dass zumindest einer von ihnen nach dem Übergriff auf das Auto des Bad Berneckers gesprungen sein und so das Fahrzeug beschädigt haben soll. Auch der angebliche Diebstahl von Zigaretten und einer Baseballmütze blieb am Ende offen.
Opfer kam nicht
Erschwerend kam hinzu, dass ausgerechnet der Hauptzeuge, also das Opfer, der Verhandlung unentschuldigt fernblieb und eine der beteiligten jungen Frauen krankheitsbedingt entschuldigt war und somit ebenfalls als Zeugin ausfiel.
Für den Vorsitzenden Richter Christoph Berner trug das Verfahren "durchaus mysteriöse Züge, denn die beiden Männer kannten ihr Opfer bis zu jenem Abend gar nicht". Trotzdem wollen sie von den beiden Frauen erfahren haben, dass der Bad Bernecker gegen eine von beiden gewalttätig wurde.
Motiv blieb unklar
"Gegen mich nicht", sagte eine 19-jährige Angestellte aus Fürth. Aber ihre Bekannte soll er "angepackt" haben. Sie habe den Bad Bernecker zwar gebeten, sie abzuholen, sie habe ihn aber auch gewarnt, dass es Ärger geben könnte. Sie und ihr Bekannte seien allerdings nicht davon ausgegangen, dass die Sache dermaßen eskaliert.
Die beiden Angeklagten hatten kaum noch Erinnerungen an den Abend und machten alkoholbedingte Gedächtnislücken geltend. Der 21-Jährige will sogar zehn bis 15 Bier getrunken haben.
Weil das Opfer nicht da war und keine Zeugenaussage machen konnte, verständigten sich die Prozessbeteiligten, seine polizeiliche Aussage zu verlesen. Darin hieß es unter anderem, dass er völlig unvermittelt durch das Fenster der Fahrertür von einem der Angeklagten am Hals gepackt worden sei, während der zweite Beschuldigte seinen Gurt öffnete und ihn gewaltsam aus dem Auto drückte. Dabei sei sein T-Shirt komplett zerrissen worden. Er habe sofort das Weite gesucht und die Polizei alarmiert.
Staatsanwalt Bernhard Böxler beantragte gegen den 22-Jährigen acht Monate auf Bewährung und gegen 21-Jährigen unter Einbeziehung der Vorstrafe ein Jahr und zehn Monate ohne Bewährung. Beide Male wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung.
Ein Freundschaftsdienst?
Verteidiger Rüdiger Fehn aus Hof hielt für seinen Mandanten, den 22-jährigen Schwarzenbacher, eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro für ausreichend. Es habe keinen Tatplan gegeben, das Opfer gemeinschaftlich zu attackieren und zu verletzen, sagte der Anwalt.
Verteidiger Andreas Wölfel aus Tröstau hielt für seinen Mandanten aus Gefrees eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren als ausreichend. Er bezeichnete das Handeln seines Mandanten als Mitläufertum und als Freundschaftsdienst.