Schilder aus Kulmbach weisen fast überall den Weg
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 06. Dezember 2016
Ob Lutherweg in Hessen oder Eifelsteig nach Trier: Für viele malerische Routen stammt die Beschilderung aus der Fertigung von Torsten Paschold.
2017 ist Lutherjahr: 500 Jahre Reformation - ein Jubiläum, das vielfältig "begangen" wird. Und zwar buchstäblich. Der Verein "Lutherweg 1521" in Hessen bereitet dem Reformator den Weg; von Bad Hersfeld bis Worms verläuft die Route auf rund 330 Kilometern. Die hochwertige Beschilderung dafür (Pfosten und Montage inklusive) kommt aus Kulmbach.
Genauer gesagt aus der Trendelstraße 1. Dort sitzt Schilder-Technik Paschold. Torsten Paschold hat sie 2002 gegründet - als Nachfolgebetrieb der insolventen Firma Kreisl. Hier war der gebürtige Ludwigsstadter lange beschäftigt. Durch die Neugründung wurde der Angestellte zum Chef - eine Entscheidung mit Risiko und einigen Bauchschmerzen, wie sich noch herausstellen soll. "In der Anfangszeit habe ich manches Lehrgeld gezahlt", blickt der 48-Jährige mit gemischten Gefühlen zurück. Vor allem ein Auftrag zerrte dem geschäftsführenden Gesellschafter am Nervenkostüm, ein "Erbstück" sozusagen aus den Kreisl-Ära. Eines, das sich zunächst fast nach Ritterschlag anhörte. "Wir hatten einen Auftrag von der Bundesbaugesellschaft und sollten die Beschilderung in den Parlamentsgebäuden des Bundestags in Berlin übernehmen." So weit, so gut. Die Schilder wurden vertragsgemäß gefertigt und angebracht. Dann geschah - nichts. "Die Zahlungen blieben aus. Uns hätte das beinahe das Genick gebrochen."
Dass er doch noch an sein Geld kam, hat Paschold indirekt dem Aufstand der Parlamentarier zu verdanken. "Mir blieb nichts anderes übrig, als unsere Arbeit für die Häuser in Berlin vorläufig einzustellen, um nicht noch mehr in Vorleistung treten zu müssen. Es klingt kurios, aber es ist verbürgt: Erst als sich die Abgeordneten beschwerten, dass sie ohne Schilder den Weg zu den Toiletten nicht fänden, zahlte die Bundesbaugesellschaft wenigstens einen Großteil der Summe und wir konnten schließlich diesen Auftrag endlich ad acta legen." Klingt nach Schild(er)bürger streich.
Aus diesem Vorfall hat Paschold nicht nur viel Erfahrung mitgenommen, sondern auch die Idee, sich mit seinem Unternehmen breiter aufzustellen. "Sich rein auf Objektbeschilderungen zu spezialisieren, das war zu eng gedacht." 2007 nahm er eine Menge Geld in die Hand, investierte in neue Software, moderne Fräsen und Gravurmaschinen und erweiterte sein Angebot auf die Herstellung und Montage von touristischen Leitsystemen für Wander- und Radwege sowie Städte, wo Bürger und Besucher zu den wichtigen Ämtern und Sehenswürdigkeiten geführt werden sollen. Zu 99 Prozent sind kommunale Auftraggeber die Kunden bei Torsten Paschold und seinen elf Beschäftigten (darunter eine Auszubildende). Konkurrenten in diesem Geschäftsfeld gibt es bundesweit nur wenige.
Mehr als 20 000 Wege-Kilometer sind mittlerweile mit Alu-Schildern, Holz-Pfosten und Farb-Tafeln made in Kulmbach bereits bestückt. "Die Folgeaufträge kommen vor allem dank Empfehlungen zu Stande. Offenbar schätzt man unsere Qualitätsarbeit", sagt Paschold.
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil machen Nachbestellungen aus. "Es ist traurig, aber vor allem die Zerstörungswut mancher Zeitgenossen beschert uns Arbeit in Hülle und Fülle." Der Inhaber schätzt, dass 15 Prozent des Jahresumsatzes allein diesem Vandalismus geschuldet sind. Beim Projekt "Regio Grün" in Köln beispielsweise wurden Infotafeln mit Nazi-Symbolen besprüht. "Wir können unsere Produkte auf Wunsch mit Anti-Graffiti-Beschichtung überziehen. Dann bekommt man wenigstens das Geschmiere runter. Keine Chance freilich hat man, wenn die Souvenirjäger zuschlagen und sich Andenken in Form von Plaketten oder ganzen Schildern mit nach Hause nehmen."