Sängerbund Thurnau steht vor dem Aus
Autor: Katharina Müller-Sanke
Thurnau, Montag, 04. Mai 2015
Beim Sängerbund Thurnau sind von einst 40 Aktiven nur noch 15 übrig geblieben. Außerdem ist niemand mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen. Nächste Woche soll der Chor aufgelöst werden. In der Geschichte des Vereins ist diese Situation nicht neu.
Es war einst der erfolgreichste und prestigeträchtigste Chor in der Marktgemeinde: Der Sängerbund Thurnau 1847. In einer Woche nun soll seine Auflösung beschlossen werden. Der Grund ist schnell ermittelt. "Seit Jahren hat sich der Sängerbund vergeblich um Nachwuchs für den Chor bemüht", so kommissarischer Vorsitzender Ewald Küfner.
Ohne Erfolg. Von den einst 40 Sängerinnen und Sängern sind gerade einmal 15 übrig geblieben, ihr Durchschnittsalter liegt bei 71 Jahren. Nur zwei sind unter 60. Bei den Männerstimmen ist es in letzter Zeit besonders eng geworden: Zwei Tenöre sind übrig. Im Bass hat der Chor überhaupt niemanden mehr.
"Ich bedauere es sehr, dass sich dieser Thurnauer Traditionsverein auflöst," sagt Bürgermeister Martin Bernreuther und betont, dass der Vorstand wirklich alles versucht hat, um den Verein zu retten.
Da hat der Bürgermeister wirklich Recht. Ewald Küfner war insgesamt 16 Jahre Vorsitzender des Vereins, viele Jahre zuvor schon Schriftführer und auch in anderen Ehrenämtern aktiv. 2007 hatte er endlich - nach mehreren erfolglosen Anläufen - einen Nachfolger gefunden. Rudolf Eschenbacher übernahm neben seiner Tätigkeit als Dirigent des Chores den Vorsitz - sieben Jahre lang bekleidete er dieses Amt. Im vergangenen Jahr hat er es aber vorzeitig niedergelegt. Daraufhin ist Ewald Küfner in die Bresche gesprungen und hat sich bereit erklärt, den kommissarischen Vorsitz noch einmal zu übernehmen.
"Es geht nicht mehr"
"Ich habe von Anfang an betont, dass ich es nur für das eine Jahr machen werde", so Küfner. Nun ist das Jahr vorbei und Küfner, der aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr im Chor mitsingen kann, sagt endgültig: "Es geht nicht mehr!"
Die Suche nach einem Nachfolger dauerte lange und war schließlich erfolglos. Noch schlimmer. Es findet sich nicht nur kein neuer Vorsitzender für den Verein, sondern auch die zweite Vorsitzende, die Schriftführerin und die gesamten weiteren Vorstandsmitglieder haben signalisiert, dass sie kein Amt mehr übernehmen wollen. Eigentlich schade, bei einem Verein mit über 150-jähriger Tradition.
Schon mehrmals neu formiert
1847 wurde die Vereinigung als "Gesangverein Thurnau" gegründet. Seitdem gab es Höhen und Tiefen. Mehrmals ist der Chor aufgelöst und wieder neu formiert worden, zum ersten Mal im Jahr 1862, erneut im Jahr 1875. 1911 dann folgte die endgültige Auflösung und die Angliederung an den Chor "Liederkranz Thurnau". Daneben unterhielt auch die Feuerwehr eine eigene Singgruppe. 1934 wurden beide Chöre zu einem gemeinsamen Klangkörper, dem "Sängerbund Thurnau", zusammengeführt, der unter dem Dach des Fränkischen Sängerbundes und des Deutschen Chorverbandes arbeitet.
Nun, 80 Jahre nach der Zusammenlegung und fast 170 Jahre nach seiner Gründung, steht der Verein erneut vor dem Aus. Die Fahne des Gründungsvereins ist bereits im vergangenen Herbst an das Museum des Fränkischen Sängerbundes in Feuchtwangen als Ausstellungsstück übergeben worden.
Dass der Verein nun Geschichte ist, wird von vielen Seiten bedauert. Doch Bürgermeister Martin Bernreuther betont: "Es gibt noch viele andere Chöre hier bei uns in Thurnau. Wer Lust hat zu singen, der wird sicher Anschluss finden".
Es gibt Alternativen
Der Gospelchor, zwei Kirchenchöre und die Hüttensänger bieten eine breite Palette. Und auch in anderen Ortsteilen, wie Hutschdorf gibt es Angebote. Und auch eine Neugründung eines Tages muss nicht ausgeschlossen sein. "Wir lassen alles Notenmaterial in unserem Archiv. Wenn es daran wieder einmal Interesse gibt oder sich ein neuer Gesangverein gründet, dann ist alles schon da", so Bernreuther.
Das wäre in der Geschichte des Vereins schließlich nicht das erste Mal.