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Reichtum gerechter verteilen


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Mittwoch, 02. Mai 2018

Die Maifeier des DGB-Kreises Kulmbach fand im Mönchshof-Brauhaus statt, das eigens für diese Veranstaltung seine Tore öffnete.
NGG-Landesbezirkssekretär Johannes Specht Foto: Werner Reißaus


"Solidarität - Vielfalt - Gerechtigkeit", unter diesem Motto hatte zum "Tag der Arbeit" am 1. Mai der Deutsche Gewerkschaftsbund die Arbeitnehmer aufgerufen, für ihre Rechte zu demonstrieren. Hauptredner war Johannes Specht, der Landesbezirkssekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Bayern.
Specht sprach über den Reichtum in der Bundesrepublik: "Den Reichtum, den wir erschaffen, auch wenn uns das vielleicht nicht so klar ist und der dann nur zum kleinen Teil bei uns landet." Er stellte fest, dass die Wirtschaft in Deutschland brummt. Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes war im letzten Jahr um 2,2 Prozent höher als im Vorjahr. Auch für 2018 und 2019 werde ein weiteres Wachstum angenommen, 2,4 und 1,9 Prozent. Die entscheidende Frage sei jedoch, wie der produzierte Reichtum verteilt wird. Ein Viertel des gesamten Bruttoinlandsproduktes gehe in die Gewinne. "Und in den letzten 20 Jahren sind die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen doppelt so stark gestiegen wie die Lohneinkommen." Das seien die aktuellen Zahlen hinter der ungleichen Verteilung von Reichtum in Deutschland. Die heutige Reichtumsverteilung in Deutschland sei das Ergebnis davon, "dass seit Jahrzehnten ein immer größer werdender Teil des von uns produzierten Reichtums nicht bei uns landet, sondern bei Aktienbesitzern und einer kleinen Zahl von Unternehmensinhabern."
Die "brummende Wirtschaft" spüren die Arbeitsnehmer laut Johannes Specht am eigenen Leib: mehr Stress, mehr Hetze, weniger Entspannung und Energie für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. "Das sind die zwei Seiten einer Wirtschaft, die brummt: Wir leisten mehr Arbeit und andere machen einen höheren Gewinn. Und diese Gewinnmaximierung der Unternehmen hat zurzeit Dimensionen angenommen, die durch die Decke gehen."
Specht verwies in diesem Zusammenhang auf die Bayerische Verfassung, in der unter anderem verankert ist, dass Kapitalbildung nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel zur Erhaltung der Volkswirtschaft und Eigentum gegenüber der Gesamtheit verpflichtet. Es sei also ein Staatsauftrag, aber Jahr für Jahr gebe es in Bayern Fälle, wo von dieser sozialen Verantwortung rein gar nichts zu sehen sei. Specht nannte als Beispiel unter anderem die Zigarettenfabrik BAT in Bayreuth.
Der NGG-Landesbezirkssekretär ging auch auf die Tarifrunden der letzten Monate ein und machte deutlich, dass die Gewerkschaft dazu beigetragen hat, einen kleinen Schritt nach vorne zu kommen, um etwas mehr vom Reichtum abzubekommen. Allerdings sei die Tarifbindung in Deutschland auf 49 Prozent abgesackt.
Neben der Tarifpolitik gebe es aber noch ein zweite, große Stellschraube für die Reichtumsverteilung: Die staatliche Steuerpolitik und Sozialpolitik. Der Staat sei eine einzige, gigantische Umverteilungsmaschine. Von der neugebildeten Großen Koalition in Berlin hätte er sich "mehr Mut zu echten großen Fortschritten" gewünscht." Gerade eine Änderung hinsichtlich der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sei wichtig.