Druckartikel: Reformation: In Buchau fiel sogar ein tödlicher Schuss

Reformation: In Buchau fiel sogar ein tödlicher Schuss


Autor: Stephan Stöckel

Kulmbach, Freitag, 05. Mai 2017

Regionalbischöfin Dorothea Greiner stellte im Martin-Luther-Haus das Werk "Kleine Reformationsgeschichten" vor.
Kleine Reformationsgeschichten aus dem Kirchenkreis Bayreuth vereint das gleichnamige Buch. Einen Blick hinein werfen (von links) der Kulmbacher Dekan Thomas Kretschmar, Herausgeberin und Regionalbischöfin Dorothea Greiner sowie der ehemalige Kirchleuser Pfarrer Manfred Voigt.  Foto: Stephan Stöckel


In diesem Jahr jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag Luthers. Während der Reformator wie ein Superstar im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit steht, fristen die Menschen, die damals von seiner Lehre erfasst wurden und sie in die Welt hinausgetragen haben, ein Schattendasein.

Ihnen ist das Buch "Kleine Reformationsgeschichten" gewidmet, das auch vier Geschichten aus dem Landkreis Kulmbach beinhaltet. Die Titelseite ziert der Kulmbacher Reformator Johann Eck. Regionalbischöfin und Mitherausgeberin Dorothea Greine stellte das Werk über die Anfänge der Reformation in Oberfranken am Donnerstagabend im Martin-Luther-Haus vor. "Wir wären nicht evangelisch, wenn nicht Menschen da gewesen wären, die sich diese Lehre zu eigen gemacht hätten", resümierte die Seelsorgerin.


Johann Eck verweigert Eid


Einer dieser Menschen war Johann Eck. Der ehemalige Kulmbacher Dekan Jürgen Zinck schildert in dem Buch anhand dessen Person, wie damals um die Pfarrer gerungen wurde. Wer in Kulmbach Pfarrer werden wollte, entschied zu Beginn des 16. Jahrhunderts nicht der Markgraf, sondern der Abt des Zisterzienserklosters Langheim.

Doch im Falle Ecks, der ab 1523 als Kaplan in Kulmbach wirkte und 1524 erstmals eine evangelische Predigt in deutscher Sprache hielt, sollte alles anderes kommen. Er weigerte sich, einen Eid auf die "alte Mainung" zu leisten und sich von der Lehre Luthers zu distanzieren. Die bewaffnete Begleitung, die man ihm für den Besuch beim Fürstbischof in Bamberg zur Seite gestellt hatte, machte es möglich. "Dieser Vorgang im Jahre 1527 zeigt, wie stark die Reformation in der Hauptstadt des Markgrafentums schon Fuß gefasst hatte", resümiert Zinck in dem Buch.


Pfarrer kannten nicht einmal das Vaterunser


Nach der offiziellen Einführung der Reformation im Jahr 1528 ließ Markgraf Georg der Fromme eine Visitation durchführen. Der frühere Kirchleuser Pfarrer Manfred Voigt schilderte den rund 50 Zuhörern die schlimmen Zustände, die die Untersuchung zutage förderte. "Manche Pfarrer konnten nicht einmal den vollständigen Wortlaut der Zehn Gebote oder des Vaterunsers aufsagen", sagte er.

Kirchleus hingegen habe Glück gehabt mit seinem ersten evangelischen Kaplan Dietrich Solbert. Dieser habe, so Voigt, im Unterschied zu anderen Geistlichen wirklich Theologie studiert. "Er stammte aus einer armen Kulmbacher Familie und wurde in Bamberg zum Priester ordiniert", so der Redner.


Aufgeheizte Stimmung


Die aufgeheizte Stimmung in Grafengehaig, das einst zur bambergischen Pfarrei Stadtsteinach gehörte, beschreibt Klaus Rupprecht aus Bamberg in seiner Geschichte "Erzfeind der Katholischen". Im Mittelpunkt steht der Grafengehaiger Vikar Wolf Weber, der der neuen Lehre anheimgefallen war und von den Stadtsteinacher Pfarrern massiv unter Druck gesetzt wurde.

Greiner erinnerte daran, dass es damals nicht immer friedlich zugegangen sei. In der Buchauer Michaelskirche sei ein katholischer Priester sogar von einem evangelischen Adeligen niedergeschossen worden. Das Messegewand mit Einschussspuren existiere noch heute. Im Buch widmet sich Uta von Pezold aus Thurnau diesem traurigen Kapitel.


Auch für Katholiken lesenswert


Das Buch ist mehr als eine Ansammlung von Geschichten. Auch der Ort und die jeweilige Kirchengemeinde werden kurz vorgestellt. "Am Ende weht ein ökumenischer Geist durch das Buch", wie es Greiner formulierte. Es wird geschildert, wie sich in den vergangenen 500 Jahren die Ökumene hat.

Die Rednerin legte das Werk auch allen Katholiken ans Herz: "Dieses Buch hat zweifelsohne ein lutherisches Profil. Aber dazu gehört auch, dass wir die Geschwisterlichkeit pflegen und in unserem Herzen tragen."
Organist Ingo Hahn und Querflötistin Elke Höhn umrahmten die Buchvorstellung.


"Kleine Reformationsgeschichten"


Herausgegeben von Regionalbischöfin Dorothea Greiner, Bezirksheimatpfleger. Günter Dippold, Professor Reinhold Friedrich, Pfarrer Thomas Amberg und Pfarrer Michael Thein; erschienen im Volk-Verlag München. Es ist im Buchhandel und online erhältlich. Insgesamt 50 Autoren haben an den 33 Geschichten über 33 Orte im Kirchenkreis Bayreuth mitgewirkt.