Prozess um Vanessas (8) Tod im Himmelkroner Bad: Auch die Angeklagten leiden
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Donnerstag, 08. Februar 2018
Im Prozess um das Himmelkroner Freibad-Unglück wird eines deutlich: Auch der Bademeister und die Betreuerin, die angeklagt sind, leiden unter Vanessas Tod.
So einen Medienrummel hat es am Amtsgericht wohl noch nicht gegeben: Zahlreiche Fernseh- und Radioteams waren gestern zum Auftakt eines Prozesses gekommen, der für Schlagzeilen sorgt. Es geht um den Tod der achtjährigen Vanessa, die wenige Tage nach dem tragischen Unglück, das sich am 22. Juli 2014 im Himmelkroner Freibad ereignet hatte, im Klinikum Bayreuth verstorben war.
Fahrlässige Tötung?
Angeklagt sind der frühere Bademeister und eine Übungsleiterin, die an jenem Tag eine Kinderturngruppe des TSV Himmelkron ins Freibad begleitet hatte. Beide müssen sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Hätten sie das Unglück verhindern können? Eine Frage, über die Richterin Sieglinde Tettmann erst nach einigen weiteren Verhandlungstagen urteilen wird.
Bademeister spricht von Hexenjagd
Die beiden Beschuldigten sahen sich, als sie am Donnerstag den Gerichtssaal betraten, einem Blitzlichtgewitter gegenüber. Er sehe sich einer Hexenjagd ausgesetzt, fühle sich diffamiert, ließ der Bademeister in einer Erklärung mitteilen, die sein Verteidiger Oliver Heinekamp (Bayreuth) verlas.
Den Prozessbeobachtern wurde schnell deutlich, dass nicht nur Vanessas Eltern, sondern auch die beiden Angeklagten unter dem Tod der Achtjährigen leiden. Die Übungsleiterin brach am Ende ihrer Ausführungen in Tränen aus - die Verhandlung musste unterbrochen werden. Tränen waren zuvor auch bei der Mutter geflossen, als Staatsanwalt Daniel Götz die Anklageschrift verlesen hatte.
Ohne Schwimmhilfen
Die Staatsanwaltschaft wirft der Betreuerin der Turngruppe vor, sich nicht ausreichend über die schwimmerischen Fähigkeiten Vanessas informiert zu haben. Das Kind war Nichtschwimmer, hielt sich laut Götz aber ohne Schwimmhilfen im Schwimmerbereich auf.
Leblos am Beckengrund
Gegen 18.20 Uhr war das Mädchen leblos am Grund des Beckens entdeckt worden. Es wurde sofort reanimiert, im Klinikum Bayreuth in ein künstliches Koma versetzt. Sechs Tage später verstarb Vanessa, weil das Gehirn minutenlang nicht mit Sauerstoff versorgt worden war.
Bei gebotener Aufmerksamkeit wäre der Betreuerin das Untergehen des Kindes aufgefallen, so der Staatsanwalt. Vanessa hätten schon zu dem Zeitpunkt gerettet werden können, als sie noch nicht bewusstlos war. Götz: "Die dann rechtzeitig eingeleiteten Rettungsmaßnahmen hätten eine Sauerstoffversorgung des Gehirns wieder hergestellt. Der Tod war daher sowohl objektiv als auch subjektiv vorhersehbar und vermeidbar."
Zeitung gelesen?
Schwere Vorwürfe werden auch gegen den Bademeister erhoben. Dieser sei seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen, habe im Büro Zeitung gelesen, heißt es in der Anklageschrift. Wäre er seinen Pflichten nachgekommen, hätte er erkannt, dass das Mädchen untergeht. Auch er hätte Vanessa retten können, so der Staatsanwalt.
Verteidiger: Nur Freispruch möglich
Bereits vor Prozessauftakt hatten die Anwälte der Angeklagten, Oliver Heinekamp und Ralph Pittroff (Kulmbach), in einer Pressemitteilung deutlich gemacht, dass ihre Mandanten sich für unschuldig halten. Sie hatten sich auf einen vom Gericht beauftragten Gerichtsmediziner berufen, der meine, Vanessa könne "für Außenstehende mehr oder weniger unbemerkt untergegangen" sein. Selbst wenn der Bademeister und die Betreuerin am Beckenrand gestanden hätten, sei es nahezu ausgeschlossen gewesen, dass sie einen Unglücksfall bemerkt hätten. "Vanessas Abtauchen hat ausgesehen wie eine normale Tauchübung." Man habe es, so die Anwälte, mit einem tragischen Unfall zu tun, an dem die Angeklagten im strafrechtlichen Sinne nicht schuld sind. Damit sei eigentlich nur ein Urteil möglich, in dem die Angeklagten freigesprochen werden.