Prozess: Sprengstoff und Bunker sind seine Hobbys
Autor: Stephan Tiroch
Himmelkron, Mittwoch, 22. Juli 2015
Vor der Strafkammer in Bayreuth präsentiert der Bunker-Mann aus Himmelkron einen Mischmasch aus Waffenromantik und Krankheitsgeschichte. Der Prozess soll neun Tage dauern.
Solche Hobbys hat nicht jeder: einen Bunker - militärisch korrekt: Schutzraum - mit Wänden und Decke aus 1,5 Meter Stahlbeton im Garten bauen; mit hochexplosivem Sprengstoff basteln und in Österreich mit Gewehren, die für die Großwildjagd geeignet sind, rumballern. Das Verhalten des Bunker-Manns, der sich seit gestern vor dem Landgericht Bayreuth verantworten muss und mit Fußfesseln aus der JVA St. Georgen vorgeführt wird, wirft eine Reihe von Fragen auf.
Rückblende: Der 35-Jährige aus Himmelkron wird im Dezember bei einer groß angelegten Polizeiaktion in der Nähe von Wirsberg festgenommen. Anschließend durchsucht die Kripo vier Tage lang sein Wohnhaus und das Grundstück und findet im Garten den Bunker, wo Sprengstoff, Waffen und Drogen gelagert sind.
Hochexplosives Arsenal
Auf die Schliche kommen die Ermittler dem Mann, der im Dorf als Sonderling gilt, durch die Anzeige eines Elektromeisters aus dem Landkreis Kulmbach. Für den Handwerker macht der 35-Jährige die Buchhaltung. Dabei soll er erhebliche Summen auf sein Konto verschoben haben. Neben gewerbsmäßiger Untreue geht es in dem Prozess auch um den Besitz von fast einem Kilo Cannabis, uneidliche Falschaussage sowie die Herstellung von zwei Handgranaten und etwa 30 Rohrbomben, um den Besitz von mehreren Kilo Schwarzpulver und Treibladungspulver. Laut Staatsanwaltschaft ist das Arsenal im Bunker derart hochexplosiv gewesen, dass das ganze Haus, wo auch die Tochter und die Freundin des Angeklagten leben, in die Luft gesprengt worden wäre.
Staatsanwalt Bernhard Pöxler beziffert den Schaden durch Untreue auf 240.000 Euro. Dadurch sei der Handwerksbetrieb in große Schwierigkeiten gekommen und am Rand der Insolvenz gestanden. Mit dem Geld soll der Ex-Pionier der Bundeswehr Baumaterial in der Schweiz für seinen Bunker gekauft haben.
Cannabis als Schmerzmittel
Am ersten von neun geplanten Verhandlungstagen vor der Strafkammer geht es vor allem um die Krankheit des Mannes: Morbus Sudeck. Er leide, so der Angeklagte, seit zwei Jahren an schweren, brennenden Dauerschmerzen - heftiger als Geburtswehen - in beiden Handgelenken. Das Cannabis habe allein dazu gedient, die Schmerzen zu lindern. Er könne dadurch die Einnahme eines starken Schmerzmittels mit erheblichen Nebenwirkungen ("Da kriege nichts mehr mit") halbieren. Deshalb habe er sich in Nürnberg illegal die große Menge Cannabis besorgt, die für fünf Jahre gereicht hätte.
Der Prozess gestaltet sich schwierig. Nach zwei Stunden wird unterbrochen, weil sich der Mann laut Gerichtsarzt nicht länger konzentrieren kann. Außerdem braucht er Zeit für seine Schmerztherapie.
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.
Festnahme sorgt für Aufsehen
Die Festnahme des Mannes im Dezember hat in Himmelkron für großes Aufsehen gesorgt. Die Hausdurchsuchung zieht sich über vier Tage hin.
Der Beschuldigte hat offenbar über viele Jahre ein unauffälliges Leben geführt, bis er vor drei Jahren erstmals bei einem Nachbarschaftsstreit wegen einer Stützmauer auffällt. Er hat Ärger wegen eines Schwarzbaus, nachdem die Gefahr besteht, dass Erdaushub und Geröll auf die Straße abrutschen. Damals schreitet die Gemeinde ein.
"Leidet unter Verfolgungswahn"
Nachbarn haben jedoch schon länger gemerkt, dass mit dem Mann wohl etwas nicht stimmt. "Was soll man von einem halten, der mit Rohrbomben und Handgranaten im Auto rumfährt? Der leidet unter Verfolgungswahn", sagt ein Kenner der Szene. Der Mann gilt in seinem Heimatort als Sonderling und wird als streitsüchtig beschrieben.