Premiere vor dem Kirchenaltar
Autor: Katharina Müller-Sanke
Gössersdorf, Mittwoch, 08. April 2015
Zum ersten Mal in der über 600-jährigen Geschichte der Gössersdorfer St.-Aegidius-Kirche erneuern zwei Jugendliche ihr Taufgelübde. Es sind Sophia Roder und Jonas Hofmann, die mit ihrer Konfirmation in die Geschichtsbücher des Ortes eingehen.
Taufen gibt es in Gössersdorf häufiger, Trauungen ohnehin, schließlich hat die 109-Seelen Gemeinde ein wunderschönes, romantisches Gotteshaus. Klein, aber fein. Die Gemeindemitglieder sind darauf auch sehr stolz. Viele von ihnen sind in der Kirche engagiert: im Posaunenchor, im Kirchenchor, im Kirchenvorstand oder bei den zahlreichen Gottesdiensten. Die Gössersdorfer Kirchengemeinde hat einen nicht unerheblich großen Wald, einen eigenen Friedhof, und sie ist an einem Kindergarten und einer Diakoniestation beteiligt. Doch eines hatten die Gössersdorfer bisher noch nicht: Eine eigene Konfirmation.
Am kommenden Sonntag ist es endlich soweit: Zum ersten Mal in der über 600-jährigen Geschichte der Kirche St. Aegidius werden zwei junge Menschen dort konfirmiert.
Demografie als Ursache
Der Grund dafür ist allerdings weniger erfreulich: Im weitesten Sinne ist es nämlich der demografische Wandel, der die Konfirmation in dem Ort möglich gemacht hat. Gössersdorf gehört politisch zur Gemeinde Weißenbrunn und damit zum Landkreis Kronach, kirchlich ist es allerdings an Kulmbach angegliedert. Gössersdorf ist die kleinste Kirchengemeinde im Dekanatsbezirk Kulmbach und teilt sich die Pfarrstelle mit dem benachbarten Kirchleus. Auch die Präparanden und Konfirmanden werden gemeinsam unterrichtet und die Konfirmation gemeinsam gefeiert. Weil Kirchleus mit 480 Gemeindegliedern deutlich größer ist als Gössersdorf und vielleicht auch, weil es das Gotteshaus dort schon länger gibt, werden die Konfirmationen traditionell im Kulmbacher Stadtteil abgehalten. In diesem Jahr ist es nun erstmals der Fall, dass es in Kirchleus keinen einzigen Konfirmanden gibt. Die beiden Gössersdorfer Sophia Roder und Jonas Hofmann haben dadurch die einmalige Gelegenheit, in ihrer Gössersdorfer Kirche zu konfirmieren.
2016 wieder in Kirchleus
Im kommenden Jahr werden fünf junge Menschen aus Kirchleus vor den Tisch des Herrn treten, dann wird die Konfirmation wieder dort stattfinden.
Pfarrer Christian Schmidt wirkt seit 2009 in den beiden Ortschaften Kirchleus und Gössersdorf, er spürt die Freude der Gössersdorfer deutlich. "Sophia und Jonas werden durch die Konfirmation in Gössersdorf in die Geschichtsbücher eingehen. Viele Gössersdorfer sind sehr stolz", so der 44-jährige Seelsorger. Und das Wort "Geschichtsbücher" ist damit nicht nur rein symbolisch gemeint. Sein Vor-Vorgänger im Amt, Pfarrer Manfred Vogt, hatte im Jahr 1983 eine über 30-seitige Chronik über Gössersdorf herausgebracht. Damals feierte der Ort sein 650-jähriges Bestehen. Bei einer Neuauflage der Chronik wird die Konfirmation in Gössersdorf sicherlich aufgenommen werden.
Die beiden Gössersdorfer Konfirmanden stammen aus Familien mit enger Bindung zur Kirche. "Väter und Großväter und auch die Schwestern der beiden Konfirmanden sind oder waren in der Kirche, im Kirchenvorstand, als Waldbeauftragte oder im Posaunenchor aktiv", zählt Pfarrer Schmidt auf. In einer solch kleinen Gemeinde kennt man sich natürlich. Bei der Konfirmation am Sonntag werden die Konfirmanden daher auch ihren selbst auf sie persönlich abgestimmten Konfirmationsspruch erhalten. "Ich habe es beiden freigestellt, ob sie sich ihren Spruch selbst aussuchen wollen, oder ob ich einen für sie bestimmen soll", erinnert sich Pfarrer Schmidt.
Der passende Spruch
Beide haben das Thema in die Hände des Pfarrers gelegt. Weil dieser beide recht gut kennt, traut er sich zu, die richtigen Sprüche für beide zu wählen. "Ich habe erst eine Liste gemacht mit Sprüchen, die vielleicht jeweils passen würden, dann habe ich gemeinsam mit meiner Frau immer weiter ausgesiebt. Jetzt ist bestimmt das Richtige für beide rausgekommen."
Da sind sich auch Jonas und Sophia sicher. Sie sind schon gespannt auf Sonntag - auf ihre Sprüche, auf die voll besetzte Kirche und auf ihr erstes Abendmahl. Das werden sie nach alter Tradition am Sonntag empfangen.
In dieser Woche sind Jonas und Sophia gemeinsam mit Pfarrer Schmidt den genauen Ablauf der Konfirmation nochmal durchgegangen, damit am Sonntag auch alles klappt. Und jetzt freuen sie sich nur noch auf den besonderen Tag ihrer Konfirmation, der in Gössersdorf in diesem Jahr noch ein bisschen besonderer sein wird als in anderen Gemeinden.