Preisspirale dreht sich immer weiter
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Freitag, 01. Oktober 2021
Nutzer fossiler Brennstoffe ärgern sich über steigende Kosten. Ein Treiber ist die neue CO 2 -Abgabe. Welche Alternativen haben Hausbesitzer?
Wenn der Tanklaster mit Flüssiggas vor dem Haus hält, weiß Peter Penning: Jetzt wird es kostspielig, aber muss ja... Mindestens 1100 Euro sind immer fällig, will der Ködnitzer sein Einfamilienhaus für einige Monate beheizen. So weit, so normal.
Dieses Mal aber fällt die Rechnung um 190 Euro höher aus als bisher - nicht zuletzt aufgrund der neuen CO 2 -Steuer (siehe Infobox). 46 Cent netto pro Liter muss der 66-Jährige berappen - und damit annähernd zehn Cent mehr als vor Jahresfrist. Er hat damit gerechnet. "Es ist bekannt, dass aufgrund der neuen Besteuerung fossiler Brennstoffe auch Gas stärker belastet wird. Ich kann immerhin sparen, indem ich bei Bedarf zusätzlich mit Holz schüre." Trotzdem wurden für die gezapften 3496 Liter schlappe 1931 Euro fällig.
Seit fast 40 Jahren hat der Ködnitzer Brenngas, wie es offiziell heißt. Sein Tank im Garten fasst 5000 Liter. "Damals, als wir das Haus gebaut haben, waren Öl oder Gas der Brennstoff der Wahl. An Pellets oder Wärmepumpe hat da noch keiner gedacht. Und als Landkreisgemeinde ohne Industrie war auch klar, dass wir seitens eines Versorgers auf lange Sicht keinen Ferngasanschluss werden bekommen können." So ist er angewiesen auf den Brennstoff Gas in Flüssigform - und an den Anbieter, von dem er seinen Leihtank gemietet hat. Und damit abhängig von dessen Preisen.
Preis kennt aktuell nur eine Richtung
Derzeit dreht sich die Preisspirale wieder kräftig, wie Online-Vergleichsportale zeigen. Laut Verivox steigen die Preise für Erdgas über den Großhandel seit Monaten. Dabei hatte es im Frühjahr 2020 - just mit Beginn der Corona-Krise - noch danach ausgesehen, als würde sich der Gaspreis verhältnismäßig günstig entwickeln. Peter Penning kann die Kalkulationen aus dieser Zeit anhand seiner Rechnungen nachzeichnen: Da stand der Preis knapp über 30 Cent/Liter (netto). Doch Anfang dieses Jahres erfolgte der Turnaround. Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sind die Gaspreise bis Juli um mehr als 40 Prozent gestiegen. Das treibt zeitgleich die Inflation, die nun die Vier-Prozent-Marke knackt.
Die Datensammler von Verivox rechnen nicht mit einer Entwarnung. Im Gegenteil: "Wir erwarten für diesen Herbst eine noch größere Gaspreiswelle", sagt Sprecher Thorsten Storck. 32 Gasanbieter, die unter die Lupe genommen wurden, haben Preiserhöhungen von durchschnittlich 12,6 Prozent angekündigt. Das trifft eine Menge Bürger, denn fast die Hälfte aller deutschen Haushalte heizt ihre Wohnungen und Häuser mit Gas, wie eine Erhebung des Bundeswirtschaftsministeriums ergibt.
"Keine Lieferprobleme"
Ein regionaler Verkäufer von Gas sind die Stadtwerke Kulmbach. Auch bei Werkleiter Stephan Pröschold landen die Anfragen besorgter Kunden. Immerhin könne er sicherstellen, dass es bei der mengenmäßigen Versorgung keine Probleme gebe. "Wegen des außerordentlich gut ausgebauten Erdgasnetzes erwarten wir auch im Winter keine Lieferprobleme."
Richtig sei aber, dass der Erdgaspreis (korrekt heißt es: der börsennotierte Energiepreisanteil des Erdgaspreises) enorm angestiegen ist. Hier spielten, unter anderem aufgrund des langen und kalten Winters 2020/2021, niedrige Speicherfüllstände eine Rolle. Auch die schnellere Erholung asiatischer Märkte in der Corona-Pandemie gegenüber Europa wirke sich aus, da in Folge des dort höheren Preises Tanker bevorzugt zunächst nach Asien und nicht nach Europa führen. Und letztlich spiele die fertiggestellte, aber noch nicht freigegebene Tiefsee-Pipeline Nord Stream 2 eine Rolle, "da von Russland wohl geringere Kapazitäten in der Gasleitung über die Ukraine gebucht wurden".