Populäres von Beethoven bis Sinatra
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Montag, 22. Juli 2013
Ljubka Biagioni zu Guttenberg dirigierte und das Sofia Philharmonic Orchestra präsentierten zum Abschluss der Plassenburg-Open-Airs Populäres von Beethoven bis Sinatra.
Lange hat es gedauert, das erste Heimspiel der Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg. Am Sonntagabend war es endlich soweit: Zusammen mit dem Sofia Philharmonic Orchestra trat die Musikerin, Ehefrau des Dirigenten Enoch zu Guttenberg, beim Plassenburg Open Air auf und überraschte ihr Publikum gleich mit einer ganz ungewöhnliche Programmkonstellation. Im ersten Teil ganz klassisch Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie, im zweiten Teil ganz populär, Ohrwürmer der leichten Klassik plus romantische Songs der U-Musik mit dem fabelhaften bulgarischen Sänger Vasil Petrov als Überraschungsgast. Besser könnte man ein sommerliches Open-Air-Konzert nun wirklich kaum zusammenstellen.
Souveräne Deutung
Dabei ist eigentlich Beethovens Dritte schon eine ganz populäre Komposition.
Es ist eine souveräne Deutung in erstaunlich transparentem Klangbild. Sämtliche Motive werden ganz logisch in Stimmungen umgesetzt, mit großer Detailtreue und rhythmischer Akkuratesse. Da macht es auch nichts, dass zwischen den Sätzen applaudiert wird, Ljubka Biagioni ist zu sehr Profi, als dass sie das Klatschen ernsthaft stören könnte.
Klangschönes Spiel
Dann die Ohrwürmer, eine Art "Best of Classic", was bei einem Open-Air-Konzert auch völlig in Ordnung ist. Georges Bizet Ouvertüre zur Oper "Carmen" etwa, mit beinahe ungezügelten Tempi, doch nicht minder detailversessen. Das Sofia Philharmonic Orchestra musiziert mit Hingabe, auch bei Pietro Leoncavallos Intermezzo aus seinem Welterfolg "Cavalleria Rusticana" als Gegengewicht zur schmissigen "Carmen"-Ouvertüre.
Wunderbar opernhaft, mit breiten Tempi und einer Betonung auf die lyrischen Schönheiten der Partitur spielen die Musiker, die noch am Abend zuvor in Schloss Herrenchiemsee aufgetreten waren. Neue Perspektiven in der unerschöpflichen Vielschichtigkeit zu erschließen ist an diesem Abend nicht Sinn und Zweck der Aufführung. Trotzdem spielen die Musiker atmosphärisch-dicht und dabei enorm klangschön.
Temperament
Temperament und Musizierlust lassen die Musiker unter Ljubka Biagioni auch bei der Ouvertüre zur "Fledermaus" von Johann Strauss zur Geltung kommen. Strauss strotzt nur so vor Energie und Witz und Ljubka Biagioni weiß genau, wie man diese Lebenslust im Drei-Viertel-Takt fühlbar und den Überschwang der Klänge hörbar macht. Zugegeben, ein wenig fremd sind da die weihnachtlichen Klänge von Peter Tschaikowskys "Nussknacker-Suite". Doch stets perfekt und eindrucksvoll musiziert die Dirigentin, so dass Tschaikowsky auch zum lauen Sommerabend im Schönen Hof taugt.
Absoluter Höhepunkt waren freilich Songs wie das Love-Story-Thema "Where do I begin", "Killing me softly with this song", oder "My Way". Der Jazz- und Popsänger Vasil Petrov, der in seiner Heimat ein Star ist, klingt wie Frank Sinatra und hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Mit samtener Stimme und seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung wird er zu Recht als bulgarischer Sinatra gefeiert, der bereits weltweit aufgetreten ist. Ljubka Biagioni leitet dazu den riesigen Klangkörper, als wären derartige Cross-Over-Projekte ihr ureigenstes Anliegen. Davon würde man gerne noch mehr hören.
"Diese musikalische Vielfalt ist nicht nur für die Besucher spannend, sondern erlaubt es auch dem Orchester, seine Stärken und seinen Facettenreichtum unter Beweis zu stellen", hatte Ljubka Biagioni im Vorfeld gesagt. Und genau diese Vielfalt war es auch, die von diesem außergewöhnlichen musikalischen Abend noch lange in Erinnerung bleiben wird. Wie bei den legendären Neujahrskonzerten in Wien musizierte das Orchester als letzte Zugabe den Radetzky-Marsch zum Mitklatschen, ein weiteres Beweis für die ungeheure musikalische Bandbreite der Dirigentin.