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Pfefferspray in Kulmbacher Kneipe: Prügel bringen Strafrabatt


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Freitag, 06. März 2015

Was an jenem Abend im Szenelokal "Sohle" genau passiert ist, kann das Amtsgericht Kulmbach nicht klären. Aber das Geschehen nach der Tat ist für den Angeklagten nicht nur schmerzhaft, sondern auch vorteilhaft gewesen.
Kann ein Pfefferspray versehentlich losgehen? Damit redet sich der Sprüher in der "Sohle" vor Gericht raus. Symbolfoto: Archiv


Einen Strafrabatt bekommt man vor Gericht für gewöhnlich, wenn etwas für den Angeklagten spricht: Wenn er ein Geständnis ablegt, wenn er vorher noch nie etwas verbrochen oder den Schaden wieder gutgemacht hat. Dass einer gleich nach seiner Tat von den Opfern verprügelt wird und daher eine mildere Strafe bekommt, dürfte eher selten sein.

Die Party ist zu Ende

Doch der Reihe nach: Am 4. Oktober kommt es zu einem Sprühangriff in der Szenekneipe "Sohle" in der Oberen Stadt. Dort feiern etliche Fußballer des TSV Stadtsteinach. Ein Schwall Pfefferspray macht der Party nachts um halbzwei ein Ende. Alle Leute rennen ins Freie und suchen den Übeltäter, der sich jetzt vor Gericht verantworten muss. Wegen gefährlicher Körperverletzung.

Nachdem am ersten Verhandlungstag vor einer Woche noch Aufklärungsbedarf bestand, lädt das Amtsgericht Kulmbach zwei weitere Zeuginnen, die am Freitag befragt werden. Doch der Erkenntnisgewinn ist gering.

Die Begleiterin des Angeklagten in der "Sohle" hat nichts mitbekommen. Sie habe sich draußen auf der Straße nur gewundert, "warum plötzlich mehrere Männer hinter ihm her waren". Die Freundin des Sprühers, die damals zu Hause gewesen ist, bestätigt, dass der 38-Jährige am nächsten Morgen reichlich verbeult ausgesehen hat. Die Verletzungen am Kopf seien offensichtlich gewesen.

Sein Recht zu lügen

Staatsanwältin Dr. Sibylle Zwanzger hält die Angabe des Angeklagten, dass das Pfefferspray versehentlich losgegangen ist, für eine Lüge. "Aber das ist sein Recht vor Gericht." Pfeffersprays hätten nämlich einen Sicherheits bügel. Da es keinen Zeugen gibt, der die Tat gesehen hat, "können wir ihm nur fahrlässige Körperverletzung nachweisen". Sie plädiert für eine Geldstrafe: 90 Tagessätze zu 25 Euro. Auch im Hinblick darauf, dass der Mann kurz vorher schon zu einer Geldstrafe von 3900 Euro verurteilt worden ist.

Dagegen hält Rechtsanwalt Dr. Peter Reinel seinen Mandanten ("Ich bin wahrhaftig kein gewalttätiger Mensch") für glaubwürdig. Er sei in der "Sohle" nicht aggressiv aufgetreten, und die Wirkung des Pfeffersprays sei auch nur minimal gewesen. Nach seiner Ansicht sind 45 Tagessätze ausreichend.

"Etwas abenteuerlich"

Amtsrichterin Sieglinde Tettmann räumt dem 38-Jährigen mit 70 Tagessätzen oder 1750 Euro - immerhin 500 Euro - Strafrabatt ein. "Weil er die Quittung gleich am Abend bekommen hat", wie sie sagt. Sie erkennt auf fahrlässige Körperverletzung, auch wenn die Erklärung, dass das Pfefferspray zufällig losgegangen sei, "etwas abenteuerlich klingt". Ein Motiv hätte der offenbar stark angetrunkene Mann gehabt, weil es laut Aussage der Bedienung einen Streit in der Kneipe gegeben hat. "Und unter Alkoholeinfluss passiert einiges, was man sich im nüchternen Zustand nicht vorstellen kann."