Pfefferspray-Attacke: Ex-Polizist muss zahlen
Autor: Karl Heinz Weber
Kulmbach, Freitag, 15. Februar 2013
Ein ehemaliger Polizeibeamter hatte erst Ärger mit seiner Freundin und dann mit deren Tochter und ihrem Freund. Als die Situation eskalierte, griff der Mann zum (Dienst-)Pfefferspray. Das kostet ihm nun mehrere Tausend Euro.
Es war bereits der zweite Termin in gleicher Sache: Im Herbst 2012 war der erste Termin geplatzt, da eine wichtige Belastungszeugin nicht erschienen war. Der Beschuldigte ist ein pensionierter Polizist aus München.
Die Mutter "raushauen"
Am späten Abend des 13. März 2012 befand sich der damals 59-Jährige im Haus seiner Schwester in Kulmbach. Auch seine damaliges "Verhältnis", eine 50-jährige Italienerin, hielt sich dort auf. Es kam zu einem Streit, in dessen Verlauf die Freundin ihre Tochter anrief. Diesen Anruf nahm die Tochter zum Anlass, mit ihrem Freund sofort dorthin zu laufen, um die Mutter "rauszuholen".
Der ledige Kripobeamte schilderte den Abend aus seiner Sicht. Er habe niemand geschlagen, lediglich geschubst, und das Pfefferspray sei aus Versehen losgegangen, als er selbst attackiert wurde, sagte er.
Die Verhältnisse der Prozessbeteiligten schienen schon etwas verworren. Die damalige Freundin des Angeklagten, eine 50-jährige Bedienung, war zur Tatzeit verheiratet. Deren Tochter, die mit ihrem Freund zur Befreiung der Mutter aufbrach, ist drogenabhängig. Ihr Freund wiederum stand selbst noch unter Bewährung, unter anderem wegen Hausfriedensbruch.
Als erste Zeugin wurde die 50-jährige Bedienung vernommen. Dies geschah mit Hilfe einer Dolmetscherin. Je länger sich die Befragung hinzog, desto verzweifelter wurden die Gesichtsauszüge der Beteiligten. Vor allem Staatsanwalt Daniel Barsch erhielt auf seine vielen Fragen keine zufrieden stellenden Antworten. Teilweise ehielt er überhaupt keine Antworten, sondern Gegenfragen.
Auslöser Beziehungsstreit
Warum die Zeugin ihre Tochter angerufen hatte und was vor dem Anruf in der Wohnung geschah, wollten Richter und Staatsanwalt wissen. Die Zeugin weigerte sich standhaft, darüber zu reden. Es schien sich aber um einen Beziehungsstreit gehandelt zu haben. Eindeutig zu klären war, dass die Mutter die Tochter nicht aufgefordert hatte, zu kommen.
Den Fuß in der Tür
Danach wurde die Tochter von zwei Polizeibeamten in den Gerichtssaal gebracht. Die 29-jährige Italienerin wurde aus einer geschlossenen Einrichtung vorgeführt, wo sie einen Drogenentzug macht. Sie schilderte den Tatabend so, dass sie nach dem Öffnen durch die Schwester des Angeklagten den Fuß in die Türe stellte. Danach kam der Angeklagte zur Tür und schubste sie zurück, sodass sie gegen das Treppengeländer stieß. Er hätte ihr dann mit dem Pfefferspray ins Auge gesprüht und als sie und ihr Freund sich entfernten, nochmals gezielt gesprüht. Dadurch wurden sie und ihr Freund verletzt.
Im Beisein eines Kulmbacher Polizeibeamten, der als Zeuge geladen war, führte dann der Angeklagte die Funktion des Pfeffersprays vor. Seine Ausführungen, das Gerät sei unabsichtlich losgegangen, war unglaubwürdig. Der Kulmbacher Polizist konnte aus eigener Erfahrung sagen, dass dies so nicht vorstellbar ist.
Ein wertvoller Zeuge
Dann wurde der 27-jährige Freund der Tochter vernommen. Der ledige Mann aus dem Allgäu hatte alles beobachtet und war ein wertvoller Zeuge. Er sagte eindeutig aus, dass der beschuldigte Polizist niemand geschlagen habe, seine Freundin sei an der Haustüre geschubst worden. Das Pfefferspray sei von dem aufgebrachten und hoch erregten Mann gezielt eingesetzt worden. Auch er sei dabei getroffen worden, wenn auch nicht so schlimm wie die Freundin.
Nach dieser Zeugenaussage bat Rechtsanwalt Karsten Schieseck um eine Unterbrechung, um sich mit seinem Mandanten zu beraten. Danach räumte er den gezielten Einsatz des Pfeffersprays ein.
Die Richterin stellte fest, dass der Beschuldigte nicht vorbestraft ist. Es folgten kurze Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidiger. Beide forderten eine Geldstrafe wegen eines minderschweren Falles der gefährlichen Körperverletzung. Die Anklage forderte 7800 Euro, die Verteidigung 4500Euro.
Richterin Sieglinde Tettmann verkündete das Urteil: 120 Tagessätze zu je 60 Euro (7200 Euro). Der Angeklagte habe sich ein Leben lang nichts zu Schulden kommen lassen. Er sei am Tatabend selbst überfordert gewesen - und so kam es zu einer Überreaktion.
Die Beziehung zwischen Angeklagtem und der 50-jährigen Zeugin ist Vergangenheit. Die beiden mit Pfefferspray Verletzten sind noch immer zusammen. Sie nutzten das Wiedersehen vor dem Gerichtssaal zum Austausch von Zärtlichkeiten, schließlich war ja Valentinstag.