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Oberfränkische Bäckerinnung mit großen Nachwuchssorgen


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Dienstag, 24. Juni 2014

Das Traditionshandwerk hat Nachwuchssorgen. Im Katastrophenfall könnten die heimischen Handwerksbäcker die Bevölkerung nicht mehr versorgen, warnt Innungsobermeister Ralf Groß.
Es ist wichtig, dass das Brot aus der Region kommt, findet auch Kevin Semmelroch. Fotos: Sonja Adam


Nur zehn junge Leute haben im vergangenen Jahr angefangen, das Bäckerhandwerk zu erlernen. Im ganzen Landkreis Kulmbach gibt es gerade noch 21 handwerkliche Bäckereien, 18 davon sind in der Bäckerinnung vertreten. Die Handwerkskammer für Oberfranken kommt auf insgesamt dreißig Bäckereien im gesamten Landkreis Kulmbach, weil sie auch die Großbetriebe mit erfasst. Der Innungs-Obermeister Ralf Groß macht jetzt mobil und bricht eine Lanze für das Bäckerhandwerk. Kampagnen wie der Wettbewerb "Oberfrankens schnellster Bäcker" sollen das Image der Bäcker aufpolieren.

Der Schnellste in Oberfranken

In diesem Jahr hat Kevin Semmelroch (25) den Preis gewonnen und durfte die oberfränkischen Bäcker in München vertreten. "Da bin ich dann aber leider nur Dritter geworden", sagt Semmelroch.

Trotzdem bekommt er einen Pokal - und die Bäckerei Dippold, bei der Semmelroch gelernt hat und jetzt arbeitet, darf sich die Auszeichnung ins Schaufenster stellen.

"Ich fange morgens um dreiviertel Vier an und am Wochenende um halb 1 Uhr, aber ich habe ja mittags Schluss. Dann schlafe ich zwei Stunden und dann habe ich frei", beschreibt Kevin Semmelroch seinen Tagesablauf, mit dem er noch nie ein Problem hatte.

Andere aber anscheinend schon, denn die Bäcker werden immer weniger. In ganz Oberfranken gab es 2009 noch 405 Bäcker, inzwischen ist die Zahl auf 369 geschrumpft. In Kulmbach ist die Zahl von 33 auf 30 gesunken. "Im September macht in Thurnau wieder eine Bäckerei zu, dann sind die nächsten Bäckereien in Wonsees und Kasendorf", sagt Innungsobermeister Ralf Groß.

"Früher fragte das Statistische Landesamt alle fünf Jahre bei den Bäckern an, wie viel sie in einem Katastrophenfall backen könnten, um zu klären, ob wir die Bevölkerung, wenn beispielsweise ein Gebiet abgeriegelt ist, versorgen könnten", erklärt Groß. Doch inzwischen gibt es diese Befragung nicht mehr. Denn das Ergebnis ist klar: Die Handwerksbäcker aus der Region könnten die Bevölkerung nicht mehr versorgen.

Schon jetzt ist Kulmbach bald die kleinste Innung im gesamten Regierungsbezirk Oberfranken. "Wenn wir keine Nachfolger für die Handwerksbetriebe finden, werden in den nächsten Jahren weitere Bäcker schließen müssen. Es werden vielleicht sechs bis acht Bäckereien in Kulmbach übrig bleiben", so Groß. Deshalb versucht er, junge Menschen für das Bäckerhandwerk zu begeistern. "Bäcker ist ein schöner Beruf und vor allem ein wichtiger. Wir müssen doch Verantwortung für unser Grundnahrungsmittel Nummer eins - das Brot - übernehmen", appelliert Groß an alle Schüler, die bald einen Abschluss machen.

Das frühe Aufstehen und die Nachtarbeit schrecken viele ab, den Bäckerberuf zu ergreifen. "Aber ich arbeite doch lieber regelmäßig sehr früh und bin dann mittags fertig, als ständig im Dreischichtdienst zu wechseln. Das ist viel schlimmer", sagt Groß.

Doch warum ist es so wichtig, die handwerkliche Struktur zu erhalten, was ist der Unterschied zwischen einer Handwerksbäckerei und einer industriellen Bäckerei? "Sagen wir mal so: Bei uns steht das Endprodukt im Mittelpunkt. Bei der Industrie ist der ganze Fertigungsprozess auf die Maschinen und auf Zeitoptimierung ausgelegt", sagt Groß. "In einer Backstraße wird die Semmel nach sechs Minuten gebacken, bei uns ruhen die mindestens zwei Stunden oder länger. Brot genauso."

Heimische Rohstoffe

Die Kulmbacher Bäcker wissen, dass die Kunden Regionalität und Handarbeit zu schätzen wissen. "Wir müssen darauf achten, dass wir auch in Zukunft unser Grundnahrungsmittel Nummer eins mit heimischen Rohstoffen produzieren", so Groß. Deshalb kämpft er für eine Bäcker-Allianz, die den Landwirten gute Preise für heimisches Getreide garantiert.