Obachloser erlebte Martyrium im Kulmbacher Folterhaus
Autor: Stephan Tiroch
Blaich, Mittwoch, 26. Sept. 2018
Ein junger Mann wurde zwei Stundenlang gequält und brutal misshandelt. Die 1. Große Strafkammer in Bayreuth rollt den Fall auf.
Alkohol und Drogen, Dreck und Gewalt - in der Kulmbacher Obdachlosenunterkunft in der Hermann-Limmer-Straße herrschten offenbar unbeschreibliche Zustände. Wenn randaliert oder lautstark gefeiert wurde, machten die Nachbarn kein Auge zu.
Gebrüllt vor Schmerzen
Am 6. Januar war es besonders schlimm: In jener Nacht drangen Schreie aus dem runtergekommenen Gebäude. Anwohner hörten, dass ein Mann, der - wie sich später herausstellte - von zwei Peinigern gequält, brutal misshandelt und erniedrigt wurde, vor Schmerzen brüllte.
Was geschah damals in dem Folterhaus in der Blaich? Die Ereignisse werden jetzt vor dem Landgericht Bayreuth aufgerollt. Denn einer der mutmaßlichen Täter (28) muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung vor der 1. Großen Strafkammer verantworten.
Es steht im Raum, dass der Beschuldigte wegen einer paranoiden Schizophrenie nicht schuldfähig ist. Das bedeutet, dass der Mann in der Psychiatrie untergebracht wird. Nach Ansicht von Staatsanwalt Julius Klug ist es wahrscheinlich, dass es ohne langjährige stationäre Behandlung erneut zu ähnlichen Vorfällen kommt.
Komplize ist tot
Der Komplize (19) des Beschuldigten kann nicht mehr belangt werden. Er ist zwischenzeitlich verstorben.
Das Opfer wurde nach eigenen Angaben zwei Stunden lang mit Fäusten und Holzlatten des Treppengeländers geschlagen, mit einem Ladekabel und einem Draht "ausgepeitscht" und mit Fußtritten traktiert. Der junge Mann erlitt schwere Verletzungen. Es hätte für ihn lebensgefährlich werden können.
Auf nacktes Opfer uriniert
Der Geschädigte musste sich nackt ausziehen, und seine Peiniger urinierten auf den am Boden liegenden Mann. Er wurde am ganzen Körper mit Zahnpasta eingeschmiert und musste einen Becher mit Schmutzwasser austrinken. "Da waren Kippen und Asche drin", sagte der 19-Jährige, der nach dem Vorfall aus Kulmbach weggezogen ist. "Ich hatte den Eindruck, dass es ihnen Spaß macht, mich zu quälen. Sie haben gelacht, und mir kam es vor wie eine Ewigkeit."