OB schweigt und sorgt so für Empörung
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Donnerstag, 03. März 2022
Kulmbachs OB ngo Lehmann hat am vergangenen Freitag an einer Klinikum-Sitzung teilgenommen und wurde am Tag darauf positiv auf Corona getestet. Die Kontaktpersonen hat er nicht informiert. "Das ist unverantwortlich", sagen Zweckverbandsmitglieder.
"Das ist unverantwortlich. Ich hätte mehr Anstand erwartet." Es sind deutliche Worte, die ein Mitglied des Zweckverbandes Klinikum Kulmbach findet. Was diese Person und weitere Ausschussmitglieder empört? Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) hatte als stellvertretender Vorsitzender am Freitag vergangener Woche an einer Sitzung im Klinikum teilgenommen und wurde am Tag darauf positiv auf Corona getestet. Die Kontaktpersonen hat er nicht informiert. Auch das Klinikum, das in der Pandemie als besonders schützenswert gilt, wurde nicht in Kenntnis gesetzt, wie Geschäftsführerin Brigitte Angermann gestern auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte (siehe dazu auch Kommentar auf Seite 2).
Lehmann geht es "soweit ganz gut"
Die meisten Zweckverbandsmitglieder haben aus der Bayerischen Rundschau von der Infektion Lehmanns erfahren, der am Donnerstag zuvor auch die Stadtratssitzung geleitet hatte. Gegenüber der Bayerischen Rundschau hat der Oberbürgermeister am Montag erklärt, dass er am Samstag Erkältungssymptome bemerkt und einen Schnelltest gemacht habe, der positiv gewesen sei. Ein noch am gleichen Tag durchgeführter PCR-Test habe dieses Ergebnis bestätigt. Ihm gehe es "soweit ganz gut", er habe als Symptome Husten und Schnupfen, hat er mitgeteilt.
"Fadenscheinig"
Lehmann, der sich sofort in Quarantäne begeben hat, hatte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht äußern wollen. Da sich die Anfrage nicht auf den OB, sondern auf Lehmann als Privatperson beziehe, könne keine Auskunft gegeben werden, hat er über seine Pressestelle im Rathaus verlauten lassen. "Ich frage mich, wo Herr Lehmann lebt. Er wird nicht als Privatperson zu so einer Sitzung eingeladen. Er nimmt daran teil, weil er als OB stellvertretender Vorsitzender des Gremiums ist und als solcher über die Geschicke des Klinikums mit entscheidet", stellt ein Ausschussmitglied fest, das von einer "fadenscheinigen Argumentation" spricht.
Das sagt das Rathaus
Lehmann hat dann doch noch als Stadtoberhaupt reagiert und über seine Pressestelle folgende Erklärung versandt: "Ingo Lehmann betont, dass er sich zu jeder Zeit an die Vorschriften des Bayerischen Gesundheitsministerium gehalten habe. Selbstverständlich stand er auch in Kontakt mit dem Kulmbacher Gesundheitsamt, das - wie üblich - umgehend über seine Infektion informiert wurde; er begab sich sofort in häusliche Isolation. Eine Aufforderung zur Information von Kontaktpersonen erhielt er nicht."
Die Pflichten
Ob er die Aufforderung bekommen hat? Wie der geschäftsführende Beamte am Kulmbacher Landratsamt, Rüdiger Köhler, auf Anfrage erklärt, setze sich das Gesundheitsamt mit positiv Getesteten immer noch telefonisch in Verbindung. Es werde nach Kontaktpersonen gefragt, die Frage beziehe sich angesichts der hohen Inzidenz neuerdings vornehmlich aber auf engere Angehörige. Wie Köhler mitteilt, erhalten Personen mit einem Positivtest mit der Quarantäne-Bescheinigung E-Mails oder Post mit Infoblättern und den entsprechenden Gesetzestexten, in denen sie über ihre Pflichten informiert würden.
Von Gesetz und Moral
Ob der OB gegen Vorschriften verstoßen hat? Die Frage können und wollen die Ausschussmitglieder, die mit uns in Kontakt standen, nicht beantworten. Sie betonten, dass es gesetzliche Vorgaben gebe, aber auch eine besondere moralische Verpflichtung, der gerade Kommunalpolitiker in der Pandemie gerecht werden müssten. Sie verweisen auf Leitlinien des Gesundheitsministeriums, nach denen gerade Kontaktpersonen informiert werden sollten, die in Einrichtungen arbeiten, in denen Menschen mit einem besonders hohen Risiko für schwere Covid-Verläufe behandelt oder betreut werden, und stellen fest: "Unter uns sind auch die Klinikum-Geschäftsführerin und Allgemeinärzte, die zu dem Personenkreis ja zählen dürften."