Druckartikel: "O"gstochn is": 23. Böckschießen in Trebgast

"O"gstochn is": 23. Böckschießen in Trebgast


Autor: Dieter Hübner

Trebgast, Sonntag, 12. November 2017

Na also, geht doch. Gekonnt drückte Bürgermeister Werner Diersch den Zapfhahn in das erste Fass.
23. Böckschießen in TrebgastDieter Hübner


Dann rief er aus, worauf die Besucher des "23. Böckschießens" im vollbesetzten Haberstumpg-Bräustadl Haberstumpf schon sehnsüchtig warteten: "O"gstochn is". Das klang zwar allemal fränkischer, als das altbayerische "O"zapft is". Brachte aber - zumindest bei den Gästen, die keinen direkten Blickkontakt zum Ort des Geschehens hatten - nicht ganz deutlich zum Ausdruck, ob damit nicht irgendein Stück Vieh gemeint war (der Bürgermeister kommt aus der Landwirtschaft), das er gerade erlegt hatte und das jetzt vielleicht vom Team des Tennisclubs für den Verzehr zubereitet worden wäre. Nein, Trebgasts Oberhaupt hatte es auf Anhieb geschafft, den neuen Hopfen-Doppelbocks für den sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle vorzubereiten. Damit war die Bockbiersaison in Trebgast eröffnet. Dieses Ereignis wurde natürlich gleich ausgiebig gefeiert.

Und zwar nicht nur von einer illustren Gästeschar mit Landtags-Vizepräsidentin Inge Aures an der Spitze. Der Bayreuther "Hausmann" Klaus Wührl, sonst eher für den Abwasch zuständig, kümmerte sich diese Mal um die Bügelwäsch, wie an seinem mitgebrachten Arbeitsgerät unschwer zu erkennen war. Er berichtete von seinen Erfahrungen als "Mac Brett", der mit dem Bügelbrett in die Welt zog, um dort alle Unebenheiten wieder auszubügeln. Denn deren gab und gibt es noch zuhauf.

Da erlebte er beispielsweise, wie Bayreuther Stadträte seitenweise Fremdwörter lernen, die sie in der Sitzung sinnlos aneinanderreihen, um bei der TV-Übertragung besser rüberzukommen. Die 30 regelmäßigen TV-Zuschauer werden dabei Zeugen, wie selbst Deutschlehrer vergessen, dass ein Satz aus Subjekt, Prädikat und Objekt besteht, und einen Anfang und ein Ende hat. "Wenn wir früher nichts zu sagen hatten, haben wir auch das Maul gehalten", war sein Kommentar dazu. "Das ist heute in manchen erlauchten oberfränkischen Metropolregionen offenbar anders."

"Dieses Programm kann böse Wörter, Unwahrheiten und Beleidigungen beinhalten", warnte der Hausmann und ergänzte, dass es selbst beim Kabarett heute nicht mehr ohne die Beachtung von Sicherheitshinweisen geht. "Dass ein Messer scharf und ein Kaffee heiß ist, kann ja kein Mensch ahnen. Da ist ein Sicherheitshinweis logischerweise angebracht", brachte er als Beispiel. "Aber in der Zeit, die Du heute zum Lesen der Kondom-Sicherheitsinstruktionen brauchst, hatten wir früher einen multiplen Orgasmus, inclusive der Zigarette danach."

Die neuesten Nachrichten brachte die Sendung "Tagesschämen" in den Bräustadl. Außenreporter Jean-Jacques Horchamol (Klaus Wührl) ließ sich manchmal von der derzeit in der Hauptstadt vorherrschenden Hektik etwas anstecken. Er berichtete, dass dort von der Existenz der Paradise-Papers niemand mehr überrascht war. Angela Merkel wurde dagegen beim Friseur gesehen, wo sie sich gerade Raster-Locken machen lässt. Dobrindt wurde dabei beobachtet, wie er den Scheurer in Berlin zum Bier holen geschickt hat. "Das kann der am besten." Letztes, offiziell noch unbestätigtes Gerücht: Nach Katalonien von Spanien will sich nun auch Bayern vom Rest der Welt abspalten. Für die Befürworter hat die Bundesregierung jeweils 100 Euro Prämie ausgesetzt.

Bei seinen abschließenden "Bügelbrett-Rap" wurde "der Hausmann" von je einem aufmunternden, mahnenden, lustigen, und erotischen Chor unterstützt.

"Der Franke (Werner Reißaus) betrat mit einem freundlichen "Grüß Gott" die Bühne. Ihm war aufgefallen, dass man diesen Gruß, genauso wenig wie "Auf Wiedersehen", fast nirgends mehr hört. "Die Kinder grüßen auf der Straße schon lange nicht mehr. Und bei den Erwachsenen heißt es ,Hallo' und ,Hi' sowie ,Tschüss' und ,Tschau'".

Dafür haben die Oberfranken das Wort des Jahres gewählt: "Urigeln". Das ist angeblich das kribbelnde Gefühl, wenn kalte Hände oder Füße langsam wieder auftauen. "Früher hot mer g"sogt: Mir wird langsam widder worm", war die Reaktion des Franken.

Er könnte sich noch über manches aufregen. "Obber ich mog net." Über Facebook oder Talkshows zum Beispiel, "wo inzwischen jeder Orsch sei G"sicht zeigen konn." Oder über kommunale Politiker: "Die sogn ja oft viel, obber trotzdem nix." Da lobte er den Vor-Vorgänger von Klaus Peter Söllner, den damaligen Trebgaster Landrat Kurt Held. Der brachte es immer auf den Punkt: "Mir is a Onkel lieber, der wos mitbringt, als a Tanta, die Klavier spieln ko." Genervt ist der Franke, wenn er an jeder Supermarkt-Kasse gefragt wird: "Hamm sa net a Payback-Kartn? Oder wenn die "freia Verwähler" zu einem "Get together" einladen.

Dann bestätigten Fanfarenklänge, dass das ganze Hin und Her in der Brauerei in den letzten Monaten selbst in Rom großes Aufsehen erregt hat und dass er wirklich kam: Als der angekündigte päpstliche Gesandte (Reiner Popp)den Bräustadl betrat, erhob sich das Publikum ehrfürchtig von den Plätzen.

Gleich zeigte sich auch, dass sich die zeitweise Aufregung der Brauerfamilie im Vorfeld als unbegründet erwies: Der Vatikan hatte offensichtlich wenig Vertrauen in die fränkischen Übersetzungskünste, und selbst einen Dolmetscher (Werner Reißaus) mit abgeordnet. Der Gesandte ergriff sofort das Wort und überbrachte die Grüße des Heiligen Vaters an den Veranstalter, die Gäste und die Politiker. "Salute de papa et jubilari, populatione mi amice e mafiosi."
"Grazie multi congratulationi de due tarta grande del desato bockbieri festa" (Herzliche Gratulation zu eurem erneuten Bockbierfest). Bei der Übersetzung des nächsten Satzes (Bestellt euch alle was zu trinken, heute kostet es nichts für) wurde der Bräu leicht nervös und wandte vorsichtshalber ein: Des wor obber net ausgemacht." Der Gesandte beendete seine Grußworte mit dem Segen "Urbi et Orbi".

Der "Popp'n-Steft" (Reiner Popp) bewies auch als Conférencier seine Entertainer-Qualitäten. Sein Repertoire an Witzen scheint unerschöpflich.

Die Bewirtung durch das Team des Trebgaster Tennisclubs ließ zudem keine Wünsche offen.

Wer letztendlich den größten Bock geschossen hat, wurde an diesem Abend nicht so recht klar. "Der Franke" wusste aber, dass auch der Landrat offenbar den Jagdschein erworben hat. Bei einer Feuerwehr-Veranstaltung in Kauerndorf hatte Klaus Peter Söllner unlängst verlauten lassen: Mir hamm heier scho 1560 Wildsäu g"schossn." Und er bekannte: "Ich wor scho mol vor aaner Wildsau g"standn." Wen er damit meinte, blieb dabei allerdings offen.