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Narren stürmen Rathaus in Kulmbach


Autor: Stephan Stöckel

Kulmbach, Samstag, 16. November 2013

Pünktlich um 11.11 Uhr haben die Narren am Samstag das Kulmbacher Rathaus gestürmt. Bis Aschermittwoch sind in der Bierstadt jetzt die Narren an der Macht - und erlassen auch gleich ein elf Punkte umfassendes Regierungsprogramm.
Die Narren haben am Samstag das Rathaus in Kulmbach gestürmt und offiziell die fünfte Jahreszeit eingeläutet. Fotos: Stephan Stöckel


Die Losung, die Sitzungspräsident Reinhard Ott vom Kulmbacher Faschingskomittee (KFK) ausgab, war eindeutig: "Mit Unterstützung der Mainleuser Parkettfeger und der 1. Kulmbacher Showtanzgarde putschen wir uns an die Macht." Der Aufstand verlief unblutig - war doch alles nur Spaß. Wie alle Jahre wieder hatten die Kulmbacher Narren pünktlich um 11.11 Uhr das Rathaus gestürmt und die Schlüsselgewalt übernommen.

Vor dem Rathaus spielten sich Szenen ab, die die Zuschauer an den Hit "Kinder an die Macht" von Rocksänger Herbert Grönemeyer erinnerten. Auf das Kommando Otts stürmte eine keck kostümierte Kinderschar auf die Rathaustreppe. Ehe er sichs versah, war Oberbürgermeister Henry Schramm, der sich als Dienstmann verkleidet hatte, von dutzenden Kindern umringt. Die Kleinen hatten die Maskerade des Bürgermeisters durchschaut.

Dem Sitzungspräsidenten war es ein Leichtes dem Stadtoberhaupt den Rathausschlüssel abzuluchsen.

Im Unterschied zu früheren Jahren leisteten der OB und sein Gefolge diesmal keine Gegenwehr. Aus gutem Grund. Schramm outete sich im närrischen Spiel als Anhänger der fünften Jahreszeit, der frohgemut drauflos reimte: "Denn ehrlich gesagt: Das ist schon toll, der Rathaussaal mit Narren voll. Die Fröhlichkeit, die ihr uns bringt, wie ihr lacht und wie ihr singt. Das lässt so manchen Ärger schwinden, und Menschen zu einander finden."

Die neuen Herren über die Bierstadt hatten sogleich ein närrisches, elf Punkte umfassendes Regierungsprogramm erlassen, das vom Kulmbacher Till (Michael Friedrich) verlesen wurde. Bis zum Aschermittwoch am 5. März herrschen in Kulmbach närrische Zustände. Kostenlos parken - für kostümierte Zeitgenossen ist das in Kulmbach kein Problem. Denn sie erhalten einen Extra-Parkschein, der es ihnen erlaubt kostenlos, aber nicht verkehrswidrig zu parken. So steht es im Regierungsprogramm der Faschingsanhänger geschrieben. Und wer einen echten Karnevalisten küsst und das Bild anschließend im Rathaus abliefert, dem spendiert die Stadt eine Flasche Sekt.

Begonnen hatte das närrische Treiben rund eine Stunde zuvor im Einkaufszentrum "Fritz". Angeführt vom scheidenden Prinzenpaar Sven I. (Gechter) aus Ansbach und Svenja I. (Fraas) aus Kulmbach schwebten Elferräte und Gardetänzer eine Rolltreppe herab. Das war der Startschuss für ein farbenfrohes Tanzprogramm. Die Stöpsel- und die Prinzengarde vom KFK verzauberten Alt und Jung mit traditionellen Gardetänzen. Farbenprächtige Showtänze mit ausgefeilten Choreografien brachten die Mainleuser Parkettfeger mit ihren Tanzgruppen "Flößerhexen" und "Maniacs" aufs Parkett. Erstere entführten nach Amerika, letztere ließen Captain Jack, eine Meerjungfrau und zahlreiche Piraten über die Bühne schwofen. Als wahrer Wirbelwind entpuppte sich Tanzmariechen Anna Dewagner von den Mainleuser Parkettfegern.

Auch vor dem Rathaus wurde eifrig getanzt: Showtanzmariechen Marija Beier vom KFK schwang ihre Beine und das Publikum fühlte sich in 1001 Nacht hineinversetzt. Auch die Showtanzgarden der 1. Kulmbacher Showtanzgarde, die Mini- und die Superdancer lieferten erstklassige Tanzdarbietungen ab, die Jung und Alt fesselten.

Bereits vor dem Rathaussturm hatte sich ein Narrenzug ausgehend vom Einkaufszentrum "Fritz" durch die Kulmbacher Innenstadt zum Marktplatz geschlängelt. Mit echtem Kanonendonner, für das die Kanoniere Norbert Tripke und Mario Zeitler sorgten, und einem dreifach donnernden "Kulmbach Helau!" waren die Anhänger der fünften Jahreszeit nicht zu überhören. Obgleich die Wagen und Transparente fehlten, machte sich mitten im Herbst ein Hauch von Rosenmontag breit.