Nächtliche Diebestour durch Kulmbacher Schule
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Mittwoch, 20. Dezember 2017
Bei seinen nächtlichen Streifzügen durch eine Kulmbacher Schule klaute ein 20-Jähriger über 3500 Euro. Er kommt noch einmal mit Arbeitsstunden davon.
Als Angehöriger eines in der Schule Beschäftigten hatte er ungehinderten Zugriff auf die Schlüssel für das Schulgebäude. Diesen Umstand nutzte ein 20-jähriger Mann zu nächtlichen Streifzügen durch den Gebäudekomplex. Er machte dabei zwischen Mai und September 2016 reiche Beute. Einmal waren es 50, ein anderes Mal 150 Euro, die er aus verschiedenen Geldkassetten oder liegengelassenen Geldbörsen an sich nahm.
Den Jackpot aus seiner Sicht knackte der junge Mann Mitte September 2016. Eine Lehrerin hatte tags zuvor knapp 3000 Euro von Schülern für eine größere Klassenfahrt eingesammelt und in einem Schließfach deponiert, den Schlüssel dafür aber ganz offensichtlich vergessen, an sich zu nehmen. Insgesamt erbeutete der junge Mann auf diese Art und Weise 3555 Euro. Wegen Diebstahls in sieben Fällen musste er sich jetzt vor dem Jugendrichter verantworten.
Wenn er dabei mit 80 Arbeitsstunden ganz gut davon kam, dann vor allem deshalb, weil er unter einer psychischen Erkrankung leidet und aktuell eine Langzeittherapie macht. Zudem hatte er alles von Anfang an lückenlos eingeräumt, war nicht vorbestraft und hatte den Schaden mit Hilfe seiner Eltern wieder gutgemacht. Letzteres war nicht selbstverständlich, denn der Angeklagte hatte mit den Taten seine Familie durchaus in Bedrängnis gebracht.
Der Angehörige war es auch, der den Angeklagten bei einem seiner nächtlichen Streifzüge auf frischer Tat ertappt hatte. Das hatte er daraufhin der Schulleitung gemeldet, der 20-Jährige erstattete Selbstanzeige. Aufgrund seiner Krankheit hatte er seine Arbeitsstelle verloren, eine Ausbildung hatte er nicht. Als ihn dann auch noch seine Freundin verließ, sei er in ein ganz tiefes Loch gefallen, berichtete der Angeklagte. Das erbeutete Geld hatte er in Spielotheken und beim Feiern mit Freunden
durchgebracht. An Konsequenzen habe er nicht gedacht. Auch die Tatsache, dass er seine eigene Familie in eine ganz schwierige Lage bringen würde, habe keine Rolle gespielt. Er habe sich immer mehr abgekapselt und an manchen Tagen acht bis neun Stunden in Spielotheken verbracht.
Der Angeklagte leide unter erheblichen Reifeverzögerungen, deshalb sei er nach Jugendstrafrecht zu ahnden, sagte Stefan Fürst von der Jugendgerichtsgerichtshilfe. Er brachte auch eine Einstellung des Verfahrens gegen unentgeltliche und gemeinnützige Arbeitsstunden ins Gespräch. Richter Christoph Berner griff diesen Ball auf und regte wegen der besonderen persönlichen Verhältnisse ebenfalls eine Einstellung gegen eine Arbeitsauflage an.
Das hielt Staatsanwalt Stefan Hofmann allerdings nicht für angebracht. Nach Erwachsenenstrafrecht wäre der Diebstahl in dieser Größenordnung eine ganz erhebliche Straftat. Der Anklagevertreter wertete zu Lasten des Mannes, dass der entstandene Schaden nicht unbeträchtlich gewesen sei, es sich um insgesamt sieben Einzelfälle gehandelt habe und der Angeklagte mit der Beute seiner Spielsucht frönte. Der Staatsanwalt forderte deshalb 100 Arbeitsstunden als Strafe.
Richter Berner blieb mit 80 Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Jugendamtes leicht darunter. Der Angeklagte sei zum ersten Mal vor Gericht gestanden, habe sich in einer schwierigen persönlichen Lebensphase befunden und befinde sich derzeit in Therapie. Somit sei eine Arbeitsauflage die einzige erzieherische Therapie, die in Frage kommt, sagte Berner.