Nachbarn in Kulmbach wollen keine Obdachlosen
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Donnerstag, 10. März 2016
Nach dem Brand im Dreibrunnenweg plant die Stadt dort wieder den Bau einer Unterkunft. Dagegen rührt sich Protest.
Alle Stadträte haben Post bekommen. Einen Brief, der nach Ärger riecht: Anwohner im Dreibrunnenweg wehren sich dagegen, dass in ihrer Nachbarschaft eine neue Obdachlosenunterkunft gebaut wird.
Bei dem Brand kurz vor Weihnachten wurde eine der Baracken komplett zerstört. Ein Mann starb in den Flammen.
Mit seiner Anfrage sprach Matthias Meußgeyer (SPD) das Thema am Donnerstag in der Stadratssitzung öffentlich an. Er meinte, dass man die Nachbarn dadurch beruhigen könnte, dass man ihnen die Sachlage erläutert und sie über die Größe des geplanten Gebäudes informiert.
Gespräch geplant
"Wenn wir das Gespräch mit den Anwohnern führen, lade ich Sie alle herzlich ein", sagte Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU). Nach seiner Einschätzung werde man überall Ärger bekommen, wo so eine Unterkunft gebaut werden soll. Aber die Stadt sei verpflichtet, Obdachlose unterzubringen. Und die Situation werde aktuell noch dadurch verschärft, dass sich auch anerkannte Flüchtlinge an die Kommunen wenden, die auf dem freien Wohnungsmarkt nicht unterkommen.Im Dreibrunnenweg sei die Konstellation insofern günstig, als die Stadt dort ein Erbpachtgrundstück des Freistaats bebauen dürfe, erläuterte der Oberbürgermeister. Mit der Versicherungssumme und einem Förderprogramm der Regierung komme man ohne eigene Mittel zurecht.
Schramm kündigte an, dass in Kürze die Aufräumarbeiten beginnen werden. Eine fertige Planung für den Neubau gebe es aber noch nicht.
Wild geführt - die Graffiti-Debatte
Als der Stadtrat schon fast eine halbe Stunde diskutiert hatte, fasste Hans-Dieter Herold (Die Grünen) den Sachstand zusammen: "Man weiß alles - oder gar nichts."Die Debatte zum SPD-Antrag, die Spundwand an der Flutmulde durch Graffiti-Künstler bemalen zu lassen, wurde engagiert geführt. Es gehe darum, so Ingo Lehmann (SPD), wilde Schmierereien zu verhindern und die Graffiti-Szene einzubinden. Daher solle die Stadt einen Wettbewerb durchführen.
Quer durch die Fraktionen gingen Zustimmung und Ablehnung. Jörg Kunstmann (CSU) meinte, dass man wilde Sprayer nicht domestizieren könne. Dem Vorschlag etwas abgewinnen konnte Frank Wilzok (CSU): Es müsse "anständige Kunst" sein, nicht "rot, gelb, grün, wild geschmiert". Benno Pieger (CSU) schlug eine komplette Begrünung vor: "Irgendwelche Karikaturen" würden das Stadtbild beeinträchtigen. Ralf Hartnack (WGK) wollte erst mal das Bauende abwarten und sich dann um das Thema kümmern.
Dass die ganze 500 Meter lange Wand ohnehin nicht zur Verfügung steht, betonte OB Henry Schramm. Es gebe einen Beschluss, teilweise Holzverkleidungen anzubringen und teilweise Rankgewächse zu pflanzen. Außerdem sei echte Graffiti-Kunst nicht billig, sagte er. Es liege bereits ein Angebot über 120 Euro pro Meter vor.
Er modifizierte schließlich den Antrag, der dann einstimmig angenommen wurde. Die Verwaltung prüft unabhängig von der Spundwand, ob und wo man in Kulmbach einen Graffiti-Wettbewerb durchführen kann, und ermittelt die Kosten. Darüber soll der Stadtentwicklungsausschuss diskutieren.