Nach dem Super-GAU: Kulmbacher Hotel wieder wie neu
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Montag, 11. Juni 2018
Ein Jahr lang wurde nach dem Pfingsthochwasser 2017 aufgeräumt und repariert. Dabei musste regelmäßig der Hotelbetrieb simuliert werden. Der Schaden geht in die Millionen.
Silke Götz und ihre Mannschaft vom Achat-Plaza-Hotel haben tapfer durchgehalten. Aber die 362 Tage bis zur Wiedereröffnung nach dem Pfingsthochwasser 2017 waren eine schwierige Zeit. "Die Nerven lagen mehr als einmal blank", so die Hotelchefin.
Allein die Zahlen sind schon gewaltig: Im Keller stand das Wasser 1,90 Meter hoch - insgesamt 15 Millionen Liter braune Brühe; 368 Tonnen Bauschutt wurden abtransportiert; 400 Kubikmeter Estrich wurden wieder eingebaut. Drei Tage nach dem Hochwasser lief bereits die Renovierung an.
Ein Jahr lang wurde aufgeräumt und repariert. Ständig Staub und Dreck, wo sonst peinlich genau auf Ordnung und Sauberkeit geachtet wird. "Wir hatten 17 verschiedene Handwerksfirmen auf der Baustelle", so die Hotelchefin.
Stand der Abriss im Raum?
Dazu das Gerede in Kulmbach. Götz: "Es wurde sogar erzählt, das Hotel würde abgerissen, weil die Fundamente durchs Hochwasser geschädigt worden seien." Die Wahrheit sei völlig anders: "Es stand nie in Frage, dass wir wieder aufmachen!"Ein bisschen Verständnis hat sie freilich für die Gerüchte: Die Kulmbacher konnten halt nicht verstehen, warum es so lange gedauert hat. "Das lag an den Massen, die zu bewältigen waren", sagt sie. Der Keller mit 1200 Quadratmetern musste entkernt werden: Boden, Decken, Wände - alles weg. "Der ganze Bauschutt wurde mit der Schubkarre rausgeschafft."
Nicht zu vergessen die enormen Lieferzeiten. "Haustechnik und Mobiliar in dieser Menge hat niemand vorrätig", betont die Hotelchefin. "Aber ohne Heizung, Pumpen, Lüftungsanlage, Schaltschränke und Kühlräume kann man kein Hotel betreiben."
Obwohl das Haus mit seinen 103 Zimmern und 198 Betten von außen wie eine Geisterstadt wirkte, war es nie richtig geschlossen. "Wir hatten die Rezeption immer besetzt, 24 Stunden am Tag", sagt Götz. "Wir haben den Gästen erklärt, was passiert ist, warum geschlossen ist, haben ihnen gut zugeredet und andere Hotels empfohlen."
Personal musste arbeiten
Alle zwei Wochen wurde das komplette Personal zusammengerufen: "Wir haben den Hotelbetrieb simuliert." Zimmer, Bäder, Theken wurden gereinigt, Fußböden gewischt. Regelmäßig musste man in der Küche alle elektrischen Geräte in Betrieb nehmen, sonst hätten sie das Jahr Stillstand nicht überlebt.Ferner war eine Fachfirma damit beauftragt, jede Woche die Leitungen für Kalt- und Warmwasser zwischen 16 und 24 Stunden zu spülen, um Rostbildung und Legionellenwachstum vorzubeugen. Götz: "Die aktuelle Laboruntersuchung ergab, dass unser Wasser Topqualität hat. Andernfalls hätten wir gar nicht aufmachen dürfen."
Inzwischen ist fast das ganze Haus wieder wie neu. Im Keller finden Restarbeiten statt. Die Kühlräume müssen noch abgenommen werden, deshalb ist der Betrieb im Restaurant eingeschränkt. Und der Schreiner ist dabei, die Einrichtungen für die Kellerbar anzufertigen.
Der Schaden am Gebäude und Mobiliar beläuft sich laut Hotelchefin auf drei Millionen Euro - dazu kommt noch eine Millionensumme durch den Umsatzausfall, da 25.000 Gäste fehlten. Gut immerhin, dass die Schäden durch die Versicherungen - Elementarschaden, Inventar, Betriebshaftpflicht und Betriebsunterbrechung - gedeckt waren.
Einbußen hatten dadurch aber auch die Gastronomie in Kulmbach, die Taxifahrer, die Museen oder die Lieferanten. Roland Bergbauer vom Gasthaus "Zum Petz" ("Die Laufkundschaft fehlt") oder die Bäckerei Dumler haben es "schon gemerkt, dass das Achat-Hotel zu war".
Massagepraxis macht weiter
Abgesoffen ist vor einem Jahr auch die Krankengymnastik- und Massagepraxis von Klaus Hollweg. Er weiß nur: "Ich will definitiv weitermachen." Die Frage ist nur: Wann? Ein Rechtsstreit mit der Versicherung behindere den Neuanfang, sagt er. Die Sauna werde allerdings nicht mehr aufgebaut.Kann ein derartiger Super-GAU künftig verhindert werden? "Wir haben Maßnahmen eingeleitet, dass wir so gut wie möglich geschützt sind und dass sich so was hoffentlich nicht mehr wiederholt", sagt Daniel Frieß von der FKV-Hausverwaltung in Neu-Ulm im Namen der Eigentümergemeinschaft. "Aber ganz ausschließen lässt es sich in der heutigen Zeit und mit den Unwettern wohl nicht."
Doch seit der Wiedereröffnung am 31. Mai ist das Lächeln ins Hotel zurückgekehrt. Silke Götz und Empfangschefin Anne Meisel strahlen: "Es läuft gut an. Wir hatten schon 1100 Gäste." Wie das ganze Jahr wird, können sie noch nicht abschätzen.