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Nach Bluttat: Hilferuf des Arztkollegen


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Montag, 07. Februar 2022

Kinderarzt Gerald Hofner hat nach der Tötung seines Geschäftspartners Stefan S. um Spenden gebeten, mit denen die Finanzierung der neuen Praxis gesichert werden soll. Innerhalb kurzer Zeit sind weit über 200 000 Euro zusammengekommen.
Die Anteilnahme nach dem Tötungsdelikt ist  groß. Viele sind nun einem Spendenaufruf gefolgt, der zur Finanzierung der vom verstorbenen Stefan S. mit initiierten Kinderarztpraxis beitragen soll.


"Ich sitze in der leeren, nagelneuen, unbenutzten Praxis. Und es laufen die Tränen wie ein Strom, weil einer nicht mehr da sein kann, der sie zusammen mit mir geplant hat." Das waren mit die ersten Worte, die Kinderarzt Gerald Hofner wenige Stunden nach der Bluttat, bei der in der Nacht zum 9. Dezember sein Kollege Stefan S. (51) und dessen Ehefrau (47) in ihrem Wohnhaus in Mistelbach getötet worden sind, auf Twitter geäußert hat. Wie er stand das ganze Praxisteam unter Schock, das wenige Tage später ein Projekt starten musste, das Hofner zusammen mit Stefan S. aus der Taufe gehoben hat. In der Bayreuther Spinnerei wurde auf 935 Quadratmetern das neue Kinderarztzentrum "med4Kidz" eröffnet.

"Mit dem Rücken zur Wand"

Während die juristische Aufarbeitung des Tötungsdeliktes läuft - der 18-jährige mutmaßliche Täter sitzt wegen des Verdachts des zweifachen Mordes in Untersuchungshaft  -, kommt offenbar das von Gerald Hofner und Stefan S. initiierte Kinderarztzentrum ins Wanken. Der Täter habe nicht nur eine Familie zerstört, er habe auch die Finanzierung des Projektes platzen lassen, "das am 9. Januar noch lange nicht bezahlt war", erklärt Gerald Hofner, der auf der Internet-Plattform betterplace.me um finanzielle Unterstützung gebeten hat. Als Rechtsnachfolger des Getöteten stehe er als Privatmensch finanziell mit dem Rücken zur Wand, hat der Kinderkardiologe am Sonntag um 18 Uhr in einer Twitter-Nachricht erläutert, die auf vielen Kanälen geteilt worden ist.

Überwältigende Resonanz

Die Resonanz war riesig. Die anvisierte Spendensumme von 200 000 Euro war am Montag um 14 Uhr schon erreicht. "Das hat sich verselbstständigt", sagt Hofner, der den vielen Geldgebern dankbar ist, die oftmals 10, 20 oder 30 Euro gespendet hätten, um das Fortbestehen des Medizinzentrums zu sichern. "Ihr seid Wahnsinn. Ich danke Euch sooo sehr", hat der Mediziner auf Twitter geschrieben.

Über 5500 Menschen waren seinem Aufruf da schon gefolgt. Wie Hofner im Gespräch mit unserer Zeitung mitteilt, ist sein Beitrag auch von vielen prominenten Youtubern, von Fernsehmoderator und Meteorologe Jörg Kachelmann oder auch von Filmemacher und Cartoonist Ralf Ruthe geteilt worden. "Wir erfahren immer noch eine wahnsinnig große Anteilnahme", sagt der Arzt, nach dessen Worten sich zwischen Schock, Trauer und Arbeitsbelastung eben auch finanzielle Sorgen gemischt hätten.

Die Zeit der Umfinanzierung

Ein Projekt, das eigentlich auf gesunden finanziellen Füßen gestanden habe, sei durch den Tod seines Geschäftspartners gefährdet. Er stehe in Gesprächen mit den Banken, so Hofner, nach dessen Worten die Spenden in der Zeit der Umfinanzierung ein finanzielles Polster sind, "das uns Sicherheit geben kann".

Hofner ist zuversichtlich, dass sich die Praxis nach einigen Jahren wirtschaftlich gut tragen wird. "Ich glaube fest daran. Der Patientenansturm war ja auch in den ersten Tagen schon riesig." Sollte das der Fall sein, werde er die Summe, die zusammengekommen ist, an karitative Zwecke weiterleiten.

Sorge um den Nachwuchs

Hofner denkt da zuvorderst an eine Unterstützung der Kinder des verstorbenen Ehepaares, die ein unfassbares Leid erfahren hätten und nun das schreckliche Geschehen verarbeiten müssten. "Sie liegen uns allen als Erstes am Herzen", sagt der Mediziner, der weiß, dass die Spenden bei den vier Waisen am besten aufgehoben wäre. Sollte die Praxis laufen und der Vormund zustimmen, werde das Geld auch an die Kinder fließen.