Druckartikel: Musiker Franz Trojan ist zurück im Leben

Musiker Franz Trojan ist zurück im Leben


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Freitag, 26. Sept. 2014

Franz Trojan war als Schlagzeuger in den 1980er Jahren ganz oben mit der Spider Murphy Gang. 2005 war er ganz unten, nächtigte im Obdachlosenasyl. Jetzt will der gebürtige Kulmbacher mit 57 Jahren in seiner Wahlheimat Kamp-Lintfort am Niederrhein durchstarten. Ein Interview mit einem Unangepassten.
Er kann wieder lachen und die Freude am Musikmachen ist zurück: Franz Trojan, gebürtiger Kulmbacher und Ex-Drummer der Spider Murphy Gang, hat am Niederrhein eine neue Heimat gefunden und dort in Lissy Dicks die Produzentin seines Albums "Wieder im Glück". Foto: Amusika.de


Er war Millionär - einer Bordsteinschwalbe namens Rosie und Schwabings Schickeria sei Dank. Franz Trojan hat mit seinem treibenden Schlagzeugsound der Musik der Spider Murphy Gang den Groove geschaufelt. Bis er 1992 ausstieg. Die Luft sei einfach raus gewesen, sagt er.

Zu diesem Zeitpunkt hat sein persönlicher Abstieg schon begonnen: Koks und Alkohol vernebelten dem gebürtigen Kulmbacher die Sinne, er landete bettelarm im Moosburger Obdachlosenheim. 2010 nahm ihn Musikmanagerin Lissy Dicks in Kamp-Lintford am Niederrhein unter ihre Fittiche und lässt ihn seitdem hinterm Haus als Dauercamper in zwei fest installierten Wohnwagen leben. Und an neuen Songs arbeiten.

Der Name Franz Trojan ist vielen Kulmbachern noch geläufig. Haben Sie Kontakt zu Angehörigen?
Franz Trojan: Ich hatte bis vor kurzem über Jahre gar keinen Kontakt mehr.

Ich habe ja noch vier Schwestern - und eine hat sich jetzt tatsächlich bei mir gemeldet, als bekannt wurde, dass ich das Interview mit infranken.de machen will. Ich muss sagen, dass mich der Anruf unheimlich gefreut hat.

Es gab 2013 eine Anfrage des Bayerischen Fernsehens bei Ihren Schwestern. Worum ging es da?
Ich war mit einem TV-Team zu Dreharbeiten für die Reihe "Lebenslinien" in Kulmbach. Der Produzent Luca Verhoeven, der Sohn von Senta Berger, wollte auch meine Schwestern in den Beitrag einbeziehen. Deswegen hat er um ein Interview angefragt für das Porträt über mich. Leider war keine dazu bereit.

Welche Orte haben Sie für den Beitrag in Ihrer Heimat besucht?
Ich war für den BR-Film am Grab meiner Mutter in Ludwigschorgast, in Kulmbach stand ich vor meinem Elternhaus (früheres Gasthaus "Stadt Eger" am Weiherer Straße, heute Pizzeria "Da Carmine"; Anm. d. Red.).

Haben die Leute Sie noch erkannt?
Ja, das war super. Damals war gerade Altstadtfest, da spielten Bands an jeder Ecke. Da kamen aus verschiedenen Ecken die Rufe ,Mensch, hallo Trojan, schön, dass Du mal wieder da bist'. Das waren Musiker, die ich seit hundert Jahren kenne. Die haben mich erkannt, klasse.

Auf einem Foto sieht man Sie, wie Sie bei der Partyband "Safari" hinterm Schlagzeug sitzen.
Stimmt, da bin ich spontan für eine Nummer eingestiegen. Der Drummer hat behauptet, er hätte mal Unterricht bei mir gehabt. Es war ein elektronisches Drumset, ist nicht so mein Fall.

Wie oft sitzen Sie denn sonst noch am Akustik-Schlagzeug?
Ganz selten, eigentlich gar nicht mehr. Mein letztes Konzert war Ende 2013 in Oberstdorf, auf dem Nebelhorn in 2000 Metern Höhe. War ein geiler Gig mit einem tollen Gitarristen. Der hat mich extra für diesen Auftritt engagiert. Zuvor war ich in Berlin gewesen, das war im Oktober. Da hatte ich ein tolles Konzert mit Gunter Gabriel gespielt. Mit Gunter würde ich sofort auf Tournee gehen. Wenn ich weiß, ich muss trommeln, dann übe ich wie ein Wahnsinniger.

Haben Sie noch Ihre eigene Schlagzeugmarke namens Troyan?
Natürlich. Alex Zachow, der die Teile baut, hat mir vor nicht allzu langer Zeit ein neues Set zukommen lassen. Super-Schlagzeuge, die werden immer besser.

Wenn Ihr Name in der Presse auftaucht, dann seit vielen Jahren in unschöner Verbindung mit Begriffen wie pleite, obdachlos, drogenabhängig. Wie viel stimmt davon?
Es stimmt alles. Pleite war ich schon des öfteren, leider auch schon obdachlos. Da war ich im Obdachlosenasyl in Moosburg, das war grausam und ist gottlob vorbei. Und drogenabhängig war ich, jetzt bin ich absolut clean. Das Rauchen als einziges Laster ist leider geblieben. Aber Drogen habe ich hinter mir.

Im Lied "Schickeria" singt die Spider Murphy Gang ja davon, dass früher gehascht wurde und jetzt Kokain geschnupft wird.
Das traf es. Ich war voll kokainabhängig. Das war in den 1980er Jahren, in München, Koks war die Modedroge. Egal, wo Du hingekommen bist: Das Gift war immer da. Ich habe Partys erlebt, da waren die Aschenbecher gefüllt damit, das stand rum wie Bonbons. Mein Verbrauch lag bei 1000 Mark am Tag. Der berühmte Ferrari durch die Nase.

Haben Sie das gebraucht, um die vielen Auftritte körperlich und mental durchzustehen?
Ich glaube schon. Koks ist ja eine geile Droge, aber sie geht leider irgendwann in den Kopf, und dann hört der Spaß auf. Du lebst wie auf einem anderen Planeten. Wenn du Kokain nimmst, dann geht es dir immer gut: Du bist fit, hast Power, brauchst keinen Schlaf mehr. Das denkst du jedenfalls. Jetzt hört man das ja alles über Chrystal Speed, aber das soll in kürzester Zeit den Körper kaputtkriegen. Das würde ich nicht anfassen. Genau wie Heroin, das habe ich nie berührt.
2012 hatten Sie einen - sagen wir: unglücklichen Auftritt in der RTL-Show "Supertalent". Ihr Vortrag wurde vom Publikum belacht. Ein anderer Kulmbacher, Thomas Gottschalk, saß in der Jury und empfand Mitleid.
Oh Mann, eigentlich möchte ich das alles vergessen, weil das war damals Verarsche pur. Die Leute waren unfreundlich, die Technik hat nicht funktioniert. Die Krönung war Dieter Bohlen, der Dummschwätzer. Aber das Positivste war, dass ich meinen alten Freund Thomas Gottschalk getroffen habe. Wir haben viel geredet über früher. Der Tommy hat ja vor 40 Jahren Post ausgetragen in Kulmbach und bei meinen Eltern in der Gastwirtschaft abgeliefert. Von meiner Mama hat er immer eine Cola geschenkt bekommen. Thomas fing damals an, Platten aufzulegen in der Disko "Old Castle" unterhalb der Plassenburg. Sonntagnachmittag warTeenie-Tanz. Seither kennen wir uns.

Wenn der Name Günther Sigl fällt, Spider-Murphy-Mitbegründer und Komponist der Erfolgstitel, kommen Ihnen spontan welche Gedanken in den Sinn?
Den Günther kenne ich mittlerweile seit über 40 Jahren. Er und ich, wir waren im alten Jahrtausend die besten Freunde. Wir hatten in München eine gemeinsame Wohnung. Wir haben viel zusammen erlebt, haben tolle Musik gemacht und geniale Konzerte gespielt. Es war leider dann irgendwann vorbei mit Günther. Ich weiß nicht warum, ich weiß nicht, was passiert ist. Irgendwann war Schluss.

Hat sich der Bruch abgezeichnet, als Sie noch Gang-Mitglied waren?
Der richtige Bruch kam erst danach. Nach meinem Ende bei der Band war zunächst nichts, was das angedeutet hätte. Wir haben miteinander telefoniert, aber irgendwann war der Ofen aus. Ich habe ihn bei den Dreharbeiten zum "Lebenslinien"-Beitrag in München getroffen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe. Die anderen Bandmitglieder wie den Barny Murphy habe ich seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen.

Gibt es noch Tantiemen über die Gema aus der Erfolgszeit?
Ja, die bekomme ich noch, aber das Bisschen ist zum Leben zu wenig. Ich habe ja auch einige Titel komponiert und auch produziert, unter anderem "Mädchen drüben", den habe ich auch selber gesungen. Die meisten Titel sind von Günther.

Was ist aus den Millionenerlösen geworden? Alles durchgebracht?
Logisch. Mit beiden Händen. Autos, Frauen, Rauschgift. Einerseits bereue ich, dass ich es mir nicht besser eingeteilt habe. Andererseits hat mit der Günther mal erzählt: Insgeheim habe er mich beneidet, wie ich gelebt habe. Er ist ja das totale Gegenteil von mir: trinkt keinen Alkohol, ist der Coole, macht auf Understatement. Als gelernter Banker hatte er das Wissen, wie man das Geld anlegt. Ich nicht.

Haben Sie gedacht, dass der Erfolg ohnehin ewig anhält?
Genau so denkt man. Es war das pure Rockerleben mit Sex, Drugs und Rock'n'Roll, das immer so weitergeht.

Würden Sie auch heute wieder die Schule abbrechen, auf und davon, um zu trommeln, Musik zu machen?
Ich würd's genauso wieder machen. Es ist ja ein tolles Leben.

Sie haben ein Album veröffentlicht mit dem Titel "Wieder im Glück". Wie kam's dazu? Welche Rolle spielt Ihre Gönnerin Lissy Dicks dabei?
Ich schreibe Songs, seit ich denken kann. Früher habe ich für Marianne Rosenberg und Juliane Werding geschrieben. Das war mein Ding, das kann ich, das mache ich auch immer noch. Ist ja mein Beruf. Dann habe ich angefangen, an Songs mal für mich selber zu basteln. Ich habe Demos gemacht, damals noch in meinem eigenen Studio in München. Und die Lissy Dicks, die hat das gehört und fand's toll. Wir haben telefoniert. Sie gab mir die Chance, die Lieder unter ihrem Label Amusika.de zu veröffentlichen. Das ist klasse. Ich kam hier hoch nach Kamp-Lintford. Es geht mir gut. Ich lebe in einer Art Zweiraumwohnung mit Wohn- und Schlafzimmer und einer Küche mit allem Pipapo. Das alles steht auf Lissys riesigem Grundstück. Ich schreibe und produziere in ihrem Tonstudio neue Songs, auch für Lissy.

Stimmt es, dass 2015 eine Biografie über ihr Leben erscheinen soll?
Ja. Autor Klaus Marschall besucht mich ab und an und lässt mich stundenlang erzählen über mein Leben. Das ist schon seltsam, über sich selber zu reden.

Wie ehrlich darf das Buch sein?
So ehrlich, wie es geht. Drogen, Affären, die Spider Murphy: Da wird nichts ausgespart.

Ziehen Sie eine Rückkehr nach Kulmbach ins Kalkül?
Eher nicht, aber der Besuch im vergangenen Jahr hat mir gefallen. Ich grüße hiermit Kulmbach.