Mütter machen der Stadt Druck
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Montag, 28. März 2022
Familien auf der Suche nach einem Krippenplatz gehen in Kulmbach oft leer aus. Einige berufstätige Frauen sind nicht bereit, das hinzunehmen. Das Recht ist auf ihrer Seite.
Sie sind frustriert und mit ihrem Latein am Ende: Mehrere Kulmbacher Familien haben sich mit einem Brief an Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) und die Stadtratsfraktionen sowie auch an die Redaktion der Bayerischen Rundschau gewandt: Sie brauchen Krippenplätze für die Betreuung ihrer Jüngsten, doch wo sie sich auch angemeldet, gefragt und und gebeten haben - es gab nur Absagen. Die Mütter wollen wieder arbeiten und sind auch finanziell darauf angewiesen. Doch wohin in dieser Zeit mit dem Nachwuchs?
Seit 2013 gibt es für Kinder ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Erfüllt werden kann dieses Versprechen oft nicht, wie das Beispiel von Nadja Fischer, Veronika Janitor und Julia Hatter zeigt.
"Wir wollen unser Recht nicht einklagen, aber wir wollen drauf aufmerksam machen, dass dringend etwas passieren muss", sagt Veronika Janitor. "Was nutzt uns das Recht auf einen Betreuungsplatz, wenn es den nicht gibt?"
Die 36-Jährige hat einen vierjährigen Sohn im Paul-Gerhardt-Kindergarten, doch weder dort noch in einer anderen Kita kann sie einen Krippenplatz für ihren kleinen Johan finden, der jetzt neun Monate alt ist. Im Herbst muss die Ärztin wieder ihren Dienst im Klinikum antreten. "Ich will und muss wieder arbeiten, mein Mann ist selbstständig, und ich habe keine Angehörigen in der Nähe, mit denen ich die Zeit überbrücken könnte."
So wie Veronika Janitor geht es vielen Müttern: Für Nadja Fischer hagelte es Absagen. Auch sie kann Töchterchen Ida, knapp neun Monate alt, nicht im Paul-Gerhardt-Kindergarten unterbringen, den ihr älterer Sohn besucht. Erst vor ein paar Tagen wurde die Krankenschwester von ihrer Sorge erlöst: Sie hat über die Warteliste einen Platz in einer Awo-Einrichtung bekommen. "Ich bin sehr erleichtert. Aber das Grundproblem bleibt." Für Julia Hatter zum Beispiel. Auch die Physiotherapeutin muss ab Oktober wieder arbeiten, sobald die Elternzeit vorbei und Töchterchen Elea ein Jahr alt ist. "Ich suche auch schon in anderen Gemeinden, bisher vergeblich."
Die drei Frauen stehen stellvertretend für viele, die gut ausgebildet sind, in ihren Berufen dringend gebraucht werden. Doch selbst, wenn das nicht so wäre, gilt der Rechtsanspruch. Der ist allerdings weniger wert als man denken möchte. Er wäre auch erfüllt, wenn irgendwo im Landkreis ein Platz gefunden werden kann, im Extremfall die Geschwisterkinder auf verschiedenen Gemeinden verteilt würden. "Sowas ist in der Praxis für keine Familie organisierbar", sagt Nadja Fischer.
Ist die Situation so dramatisch, wie von den Müttern beschrieben? Ja, sagt Elke Wuthe, Fachbereichsleitung der Die Kita gGmbH vom Diakonie-Verbund, die Träger von 13 Kitas in Stadt und Landkreis Kulmbach ist - davon zehn mit Krippengruppen. "Wir kriegen den Ärger ab, wenn wir Absagen verschicken müssen. Aber so gerne wir jeder Familie helfen möchten: Wenn unsere Kapazitätsgrenze erreicht ist, dann können wir niemanden mehr aufnehmen."