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Mit Paten geht am Kulmbacher Campus vieles leichter


Autor: Ursula Prawitz

Kulmbach, Mittwoch, 18. November 2020

Kulmbacher Bürger helfen Studierenden aus aller Welt, sich in der Bierstadt besser zurechtzufinden.
Diese visuelle Darstellung ist zwar noch Zukunftsmusik, doch inzwischen sind die ersten Studierenden für den internationalen Masterstudiengang "Food Quality and Safety" in Kulmbach eingetroffen. Grafik: Stadt Kulmbach


Der neue Uni-Campus nimmt langsam Form an. Das bedeutet, dass mehr und mehr auch die ersten Studierenden für den internationalen Masterstudiengang "Food Quality and Safety" in Kulmbach eintreffen sind. Grund für Dagmar Keis-Lechner die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sich Gedanken über die jungen Leute zu machen, die aus dem Ausland zum Studieren in die Bierstadt kommen.

Nicht ins kalte Wasser werfen

"In der Stadtratssitzung im Juli berichtete der Gründungsdekan Professor Clemens über den Status des sich im Aufbau befindlichen Campus", sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen. "Ich habe dann in der Pause mit meinen jungen Kolleginnen gesprochen, und wir waren einer Meinung: Man kann die Leute aus aller Welt nicht ins kalte Wasser werfen. Es müsse Kümmerer geben."

"Wir haben daraufhin noch Theresa Weith (SPD) und Torsten Grampp (CSU) als jüngere Stadtratsmitglieder angesprochen, um sie für diese Idee zu gewinnen", so Keis-Lechner. Auch der Universität habe sie gemeldet: "Wir wollen etwas machen."

Großes Interesse

Dagmar Keis-Lechner und ihrer Fraktion sei es wichtig gewesen, dass die Studierenden gut aufgenommen werden. "Dankenswerter Weise kam im September die Initiative seitens der Universität, die mit einem Patenschaftsmodell aufwartete."

"Wir sind angetan von dem großen Interesse, das über verschiedene Kanäle an uns herangetragen wurde", erklärt Studiengangskoordinatorin Helke Biehl. Ein virtuelles Auftakttreffen habe es am 22. Oktober mit den drei Hauptinitiatorinnen Dagmar Keis-Lechner, Marion Reck-Heschel (Mitglied des Kuratoriums der Universität Bayreuth) und Souzan Nicholson (Integrationsbeauftragte am Landratsamt Kulmbach) gegeben. "Als Kulmbacherin habe ich ein besonderes Interesse daran, dass der Campus Kulmbach ein Erfolg wird, dem dient auch das Patenschaftsmodell", bekräftigt Marion Reck-Heschel.

Netzwerk erleichtert Neustart

Und genau das ist es auch, was Dagmar Keis-Lechner antreibt, sich aktiv einzusetzen. "Der Vorwurf seitens der Fraktionen CSU und WGK, wir würden uns nicht für den neuen Campus interessieren, ist nicht richtig adressiert." Ihr eigener Schwiegersohn stamme aus Kenia, und daher wisse sie, mit welchen sprachlichen und auch kulturellen Schwierigkeiten Neuankömmlinge hier zu kämpfen hätten. Ein Netzwerk aus Kümmerern könne den Neustart in Kulmbach erleichtern.

Das bestätigt auch Helke Biehl: "Es geht hauptsächlich darum, eine Willkommenskultur zu schaffen. Die Paten bringen ihren Schützlingen die Stadt näher, treffen sich zu Gesprächen, machen Ausflüge." Auch sei es insbesondere in der Corona-Phase wichtig, jemanden zu haben, der einen im Fall einer Quarantäne mit dem Nötigsten versorgen könne. Eine Begleitung bei Behördengängen zu haben, sei ebenfalls von Vorteil.

17 sind schon eingeschrieben

"Für den neuen Studiengang haben sich aktuell 17 Studierende immatrikuliert, doch noch nicht alle haben ein Visum erhalten", ergänzt Biehl. Sieben Studierende, davon fünf aus dem internationalen Raum, befänden sich bereits in Kulmbach, und für diese fünf habe man Paten gefunden oder stehe kurz davor.

Eine dieser Patinnen ist Stadträtin Lisa Töpper (Bündnis 90/Die Grünen). Sie hat sich mit Chenyan Zheng, einer chinesischen Studierenden, getroffen, ist mit ihr durch Kulmbach gelaufen und hat Kaffee im Stadtpark getrunken.

Kontakt übers Internet

"Ich fand den Vorschlag eines Patenschaftsmodells großartig", sagt Lisa Töpper. Sie habe versucht, sich in die Lage der Neuankömmlinge zu versetzen und sei zu dem Schluss gekommen: "Es ist sicher extrem schwer, sich in einer neuen Kultur, in einer neuen Umgebung zurecht zu finden. Mir würde eine Ansprechperson, noch dazu im selben Alter, sicher sehr helfen."

Persönliche Treffen gestalten sich in Corona-Zeiten schwieriger, aber die beiden seien online in Kontakt. "Alles ist für Chenyan Zheng noch sehr neu, wir haben schon viel gelacht", erklärt Lisa Töpper. Auch über kulturelle Unterschiede. "Beispielsweise hat sie mir erzählt, dass sie ewig an einer roten Ampel stand, weil sie nicht wusste, dass man auf die Taste drücken muss - und bei Rot traute sie sich nicht zu gehen."

Situationen und ein Austausch wie dieser sind es, die der neuen Fakultät auch außerhalb des Campus Leben einhauchen sollen. "Wir haben bislang Studierende unter anderem aus Ecuador, Indien, Ghana und der Türkei, und etwas später auch noch aus Nigeria", erklärt Helke Biehl. Teilweise stünden erste Treffen mit Paten bevor, teilweise habe man bereits virtuellen Kontakt.

Für die internationalen Studierenden bedeutet das, Orientierungshilfen in einem neuen Land sowie Hilfe bei der sozialen, sprachlichen und kulturellen Integration zu erhalten. Für die Paten und Patinnen bietet sich die Möglichkeit, interessante Menschen kennenzulernen, zu Botschaftern von Stadt und Region zu werden und aktiv am Universitäts-Campus in Kulmbach mitzuwirken. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.