Druckartikel: Mit der Geduld am Ende

Mit der Geduld am Ende


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Donnerstag, 02. Juni 2022

Herbert Babo ist genervt: Seit zwei Monaten versucht der Kulmbacher, eine nicht korrekte Stromrechnung berichtigen zu lassen. Weder Callcenter noch Briefe helfen ihm weiter - bis er sich an die Rundschau-Redaktion wendet.
Herbert Babo sollte Strom bezahlen, den er nicht verbraucht hat. Sich dagegen zu wehren und mit seinem Problem bei der E.on Gehör zu finden, gestaltete sich schwieriger als gedacht.


Endlose Warteschleifen in der Hotline, Callcenter, die nicht weiterhelfen, automatische Antworten auf E-Mails, keine Antwort auf einen Brief per Einschreiben. Mehr hat Herbert Babo nicht erreicht, seit er eine Rechnung seines Stromversorgers E.on erhalten hat - für Strom, den er nicht verbraucht hat. "So geht man nicht mit seinen Kunden um", erbost sich der Kulmbacher.

"Was kann ich denn sonst noch tun?"

Nach zwei Monaten vergeblicher Telefonate und umfangreichem Schriftverkehr hat der 76-Jährige die Nase voll und wendet sich an die Redaktion der Bayerischen Rundschau. "Ich weiß nicht, was ich sonst noch machen kann, damit die Sache endlich erledigt wird."

Das Problem, das eigentlich gar keines sein sollte, ist folgendes: Die Familie Babo hat in ihrem Haus eine Einliegerwohnung, die sie vermietet. Anfang des Jahres stand die Wohnung wegen eines Mieterwechsels sechs Wochen leer. Mit dem Auszug des Mieters wurde die E.on in der Grundversorgung zuständig für die Stromlieferung. Eine Formsache, denn es wurde so gut wie kein Strom benötigt. Nur 4 Kilowattstunden summierten sich auf dem Zähler. Umso überraschter war Babo, als ihm am 11. April eine Rechnung der E.on ins Haus flatterte - über 425 Euro für 1420 Kilowattstunden. Die Grundlage: eine Verbrauchsschätzung ohne vorherige Zählerabfrage.

"Das kann ja wohl nicht sein", dachte sich Herbert Babo und rief sofort die Kunden-Hotline an. Viel Geduld brauchte er, bis er einen Menschen in einem Callcenter in der Leitung hatte, der ihn aufforderte, den Zählerstand zu fotografieren und das Foto per Mail an das Unternehmen zu schicken. Auf die Frage des 76-Jährigen nach einer alternativen Möglichkeit, nachdem nicht alle Senioren ein Smartphone hätten und in der digitalen Welt zuhause seien, habe er die Auskunft bekommen: "Wer das nicht kann, muss bezahlen."

Warten, warten und nochmal warten

Herbert Babo hat für solche Aussagen kein Verständnis. "Das ist doch keine Einstellung. Auch alte Menschen sind Kunden und haben ein Recht auf faire Behandlung."

Babo erledigt dennoch den Auftrag mit Foto und Mail. Minuten später eine automatische Antwort, mit dem Hinweis, dass es wegen der Lage auf den Energiemärkten zu längeren Wartezeiten bei der Rückmeldung kommen kann.

Der Kulmbacher versteht das und wartet elf Tage, wendet sich dann an das Stromnetz Kulmbach bei den Stadtwerken. Dort hat man zwar keinen Einfluss auf die Abrechnungen der E.on, gibt aber nochmals den korrekten Zählerstand an die E.on weiter.

Mahnung trotz Korrektur

Doch schon einen Tag später werden die 425 Euro von Babos Konto abgebucht. Er lässt die Lastschrift zurückgehen, bekommt ein paar Tage später einen Brief: "Wir konnten nicht abbuchen..."

Der mittlerweile reichlich genervte Kulmbacher ruft erneut die Hotline an, hängt zwölf Minuten in der Warteschleife und erfährt dann von einem Mitarbeiter im bosnischen Srebrenica, dass die eingegangene Zählerstandskorrektur bekannt ist. Er müsse nichts unternehmen.

Weitere fünf Tage später, am 11. Mai, erhält er trotzdem eine Mahnung über den fälligen Betrag. "Daraufhin habe ich am 13. Mai einen Einschreibebrief geschickt, bisher ohne Antwort", erzählt Herbert Babo Anfang dieser Woche der Bayerischen Rundschau.

Die Redaktion hat sich mit dem Fall an das Unternehmen gewandt: Was ist da los? Warum wird die unberechtigte Rechnung trotz aller Nachweise nicht korrigiert? Die Pressestelle reagiert innerhalb weniger Stunden und bittet um ein wenig Zeit, meldet sich zwei Tage später mit einer Entschuldigung - und einer kulanten Lösung für die Babos. "Wir haben die Rechnung des Kunden nach den von ihm per E-Mail gelieferten Daten korrigiert", teilt Pressesprecher Mario Leikop mit. "Es ergibt sich ein Rechnungsbetrag von 14 Euro, den wir Herrn Babo erlassen." Die Sache ist damit erledigt.

"Dass wir - solange uns keine abgelesenen Zählerstände vorliegen - mitunter auf geschätzte Werte zurückgreifen müssen, dient dazu, Kunden zeitnah eine Rechnung zur Verfügung stellen zu können", schreibt Leikop weiter. Zu viel bezahlte Beiträge würden zurückerstattet.

"Wir bedauern die Verzögerungen"

"Wir bedauern aber in diesem konkreten Fall, dass es bei der Abrechnung zu Verzögerungen in der Bearbeitung gekommen ist. Für die Unannehmlichkeiten möchten wir uns bei unserem Kunden entschuldigen. Selbstverständlich steht bei uns die Zufriedenheit unserer Kunden an erster Stelle. Wir nehmen jeden einzelnen und seine Anliegen ernst. "

Herbert Babo ist erleichtert, dass die leidige Angelegenheit nun endlich vom Tisch ist. "Es wundert mich natürlich schon, dass meine eigenen Bemühungen nicht gefruchtet haben. Als Endkunde bin ich enttäuscht, dass ich auf normalem Weg nichts erreicht habe. Das darf eigentlich nicht sein. Aber ich bin dankbar, dass es die Rundschau-Redaktion gibt, die sich für einen einzelnen Leser einsetzt und dann auch etwas bewirkt."