Mit 65 zu alt für die Feuerwehr?

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Horst Tempel ist Feuerwehrmann mit Leib und Seele.
Horst Tempel ist Feuerwehrmann mit Leib und Seele.
Dagmar Besand

Wenn Horst Tempel in wenigen Monaten Geburtstag feiert, ist für ihn nach 50 Jahren Schluss mit dem aktiven Dienst in der Feuerwehr.

15 Jahre alt war Horst Tempel, als er in die Feuerwehr seines Heimatortes eintrat. Heute, fast 50 Jahre später, ist er immer noch für die Wehr im Einsatz. Doch im Februar ist Schluss: Dann wird der Pressecker 65 und muss aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Ein bisschen wehmütig stimmt ihn der Gedanke schon. "Aber irgendwann muss ja auch mal Schluss sein. Dann sind die Jungen dran."

Die Jungen. Gibt es die noch ausreichend in den Feuerwehren auf dem Land? In jüngster Zeit haben sich mehrere kleine Wehren aufgelöst, zu klein geworden, um noch eigenständig handlungsfähig sein zu können. Aufgegeben haben beispielsweise die Wehren von Grünlas und Losau. Andere kleine Wehren sind zu Löschgruppen geschrumpft, die sich größeren Nachbarfeuerwehren angeschlossen haben: Gumperdorf (Anschluss an Untersteinach), Heinersreuth (Presseck), Trumsdorf (Alladorf), Zultenberg (Azendorf). Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.

Ist es angesichts dieser Entwicklung noch zeitgemäß, das Dienstalter für den aktiven Feuerwehrdienst ausnahmslos auf 65 Jahre zu begrenzen? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Einig sind sich die Feuerwehrleute jedoch darin: Ihre ehrenamtliche Arbeit kostet nicht nur viel Zeit. Sie ist auch anstrengend, sowohl körperlich als auch mental. Niemand kann das bis ins hohe Alter leisten, nur weil nicht genügend Kräfte nachrücken.

"Die Altersstruktur auf dem Land wird zunehmend zum Problem", sagt Stefan Härtlein, Kreisbrandrat und Vorsitzender des Feuerwehrkreisverbands Kulmbach. Die Einwohnerzahlen sind rückläufig, berufliche Verpflichtungen machen die Entscheidung für ein Engagement bei der Feuerwehr nicht leicht. "In den kleinen Gemeinden haben wir leider kein steigendes Potenzial zu erwarten."

Derzeit gibt es 117 eigenständige Feuerwehren im Landkreis, in denen rund 3380 Feuerwehrleute Dienst tun, davon 480 Frauen. "Mit etwa 580 Atemschutzgeräteträgern stellt der Landkreis sicher, dass die Feuerwehren auch für Brände in Innenräumen und Fahrzeugbrände gerüstet sind", so Yves Wächter, Pressesprecher der Feuerwehren.

Jugendarbeit lohnt sich

Viele Wehren kümmern sich intensiv um die Nachwuchsarbeit: Insgesamt 42 Jugendgruppen haben 350 Aktive, davon 100 Mädchen. Dazu gibt es im Landkreis noch 26 Kinderfeuerwehren mit 193 Jungen und 119 Mädchen, die dort spielerisch lernen, was es rund um die Feuerwehr und Notfälle zu wissen gibt. Die Zahl der Jugendlichen ist aktuell etwas rückläufig. "Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Gruppen unter Corona-Bedingungen nicht üben dürfen", sagt Yves Wächter.

Das Engagement lohnt sich in jedem Fall: 21 Jugendliche konnten im vergangenen Jahr in die Einsatzabteilungen ihrer Wehren übernommen werden.

Kritisch ist es für die kleineren Wehren vor allem tagsüber, denn die wenigsten Aktiven arbeiten an ihrem Wohnort, so Kreisbrandrat Härtlein. "Bisher hatten wir glücklicherweise immer genug Leute, um einsatzfähig zu sein." Für die Zukunft wagt der Feuerwehr-Chef keine Prognose: "Wir wissen nicht, wie sich Corona auswirken wird."

Von einer Erhöhung der Altersgrenze für die Feuerwehrdienstleistenden hält Härtlein nichts. "Mit 60 reicht es eigentlich schon." Das war früher in Bayern die Grenze, bevor sie zunächst auf 63 und schließlich auf 65 Jahre angehoben wurde." In Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern dürfen Aktive bis 67 bleiben.

Würde auch Horst Tempel gerne länger machen? "65 als Grenze ist schon in Ordnung, auch wenn mir der Abschied schwer fallen wird. Ein wenig länger würde ich schon bleiben können." Doch Tempel sagt auch: "Der Dienst in der Feuerwehr ist anstrengender geworden, es wird viel mehr alarmiert als früher. Wir kommen ja nicht nur, wenn's brennt. Die Feuerwehr wird bei Unfällen gerufen, zur Beseitigung von Ölspuren, zur Patientenrettung oder für Türöffnungen." Dabei sei die Belastung für den Einzelnen vom Einsatzort abhängig. "Manche Wehr im Oberland ist nur einbis zwei Mal im Monat gefordert, in Kulmbach gibt es mehr Einsätze als das Jahr Tage hat." Dazu kommen noch die nötigen Ausbildungen und Übungen.

Horst Tempel hat sich hochgedient in der Feuerwehr. Mit 15 folgte er dem Beispiel seines Vaters und trat in die Jugendfeuerwehr ein, mit 25 war er bereits Kommandant. Heute ist er als Kreisbrandinspektor für 28 Wehren im ehemaligen Landkreis Stadtsteinach verantwortlich. Fünf Jahrzehnte bei der Feuerwehr - das Ehrenamt ist ein wichtiger Teil in Tempels Leben. Neben der Aufgabe selbst, anderen in Not helfen zu können, schätzt der 64-Jährige die Kameradschaft, den Zusammenhalt, die vielen Freundschaften, die über die Jahre gewachsen sind.

Die Verbindung zu seinen Kameraden wird also auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst nicht abreißen.

Stadtbrandmeister Michael Weich, Kommandant der Kulmbacher Feuerwehr, sieht das Thema Altersgrenze differenziert: "Das hängt auch von den Aufgaben ab. Mit Vollendung des 55. Lebensjahres ist bei uns in der Regel mit dem Atemschutz Schluss. Mit der Schutzausrüstung in geschlossenen Gebäuden im Feuer zu arbeiten, das kann man älteren Kollegen nicht mehr zumuten." Wer trotzdem weitermachen will, darf das jedoch - nach ärztlicher Untersuchung. Weniger anstrengende Aufgaben seien auch im höheren Alter kein Problem, wenn man fit sei, meint Weich.

Kulmbacher haben wenig Sorgen

Die personelle Lage bei der Feuerwehr Kulmbach ist recht komfortabel. "Wir haben viele junge Leute und 44 einsatzfähige Atemschutzgeräteträger. Da können wir uns den Luxus leisten, dass diejenigen, die älter als 55 sind, nur den normalen Feuerwehrdienst machen müssen." Das war nicht immer so: "Vor zehn Jahren hatten wir eine flaue Zeit. "

Auch tagsüber sind die Kulmbacher nicht in Nöten, dank der Tatsache, dass im Städtischen Bauhof etliche Feuerwehrleute Dienst tun, sechs davon aus anderen Feuerwehren im Landkreis, die das Kulmbacher Team verstärken. "Grundsätzlich darf man maximal bei zwei Wehren aktiven Dienst leisten, am Wohnort und am Arbeitsort", erläutert Weich. Bei der Stadt und anderen Behörden sind weitere Feuerwehrleute tätig, die bei Alarmierungen kurzfristig für den Einsatz freigestellt werden.

Ob Stadt oder Landkreis - personelle Verstärkung tut jeder Wehr gut. Nachwuchs in den Kinder- und Jugendfeuerwehren ist immer willkommen. Aber auch Erwachsene, die Dienst leisten und die Ausbildung machen möchten, können quereinsteigen. Interessierte melden sich bei den Kommandanten ihrer Feuerwehr oder bei ihrer Gemeinde.