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Minderjährigen Bekannten im Schlaf missbraucht


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Dienstag, 14. August 2018

Der sexuelle Missbrauch eines damals noch minderjährigen Bekannten bringt einen 28-Jährigen aus dem Landkreis aller Voraussicht nach in das Gefängnis.
Mit einem Fall von sexuellen Missbrauchs hatte es das Kulmbacher Amtsgericht zu tun.Archiv/Lisa Kieslinger


Aller Voraussicht nach deshalb, weil das Urteil vor dem Amtsgericht Kulmbach noch nicht rechtskräftig ist und der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Karsten Schieseck aus Bayreuth, bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt hat.
Es war für Richterin Nicole Allstadt nicht einfach, Licht in die Geschehnisse in jener Februar-Nacht 2015 zu bringen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die strafbare Handlung schon mehr als drei Jahre zurückliegt. Das heute 18-jährige Opfer hatte sich erst zwei Jahre später seiner Mutter anvertraut. Das Gericht ging unter dem Vorsitz von Richterin Nicole Allstadt in seinem Urteil von einer Vergewaltigung aus und verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten.
Die Staatsanwaltschaft legte dem Angeklagten folgenden Sachverhalt zur Last: Der Angeklagte habe den Penis des schlafenden Bekannten in den Mund genommen und an diesem Oralverkehr ausgeführt, bis dieser erwachte.
Rechtsanwalt Karsten Schieseck gab für seinen Mandanten ein umfangreiche schriftliche Erklärung ab, in der auf das freundschaftliche Verhältnis mit dem noch minderjährigen Bekannten hingewiesen wurde. Es wurde darin auch eingeräumt, dass es zu sexuellen Handlungen gekommen sei, die auch ein gegenseitiges Einverständnis voraussetzten. Zuvor habe man noch gemeinsam eine Stunde lang ein Porno-Video angeschaut. Was die Handlungen danach betraf, ging der Angeklagte davon aus, dass diese auch im Sinne seines Bekannten gewesen seien. Dass sein Freund in dieser Zeit geschlafen habe, habe er nicht wahrgenommen.
Richterin Nicole Allstadt versuchte, zunächst in Erfahrung zu bringen, wie sich das freundschaftliche Verhältnis der beiden entwickelt hat. Kennengelernt habe man sich im Bamberger Raum an einem Baggersee. Es war zunächst eine ganz normale Bekanntschaft, die sich aber dann im Winter 2015 verändert habe. Dabei sei es auch zur gemeinsamen Masturbation gekommen, die auch von beiden gewollt war. In der fraglichen Nacht habe er seinen Freund nicht dazu gezwungen, bei ihm zu schlafen. Es sei aber auch hier zur gemeinsamen Befriedigung gekommen. Die intime Situation nutzte der Angeklagte dann später zum Oralverkehr aus. Kurz darauf habe sich der Minderjährige dann auf der Toilette übergeben müssen. Das Thema der sexuellen Handlung sei aber nicht zur Sprache gekommen. Erst später wurde dem 28-Jährigen klar, dass sein Freund das nicht wollte.
Das 18-jährige Opfer machte im Zeugenstand deutlich, dass man sich immer gut und freundschaftlich verstanden habe, wobei der Angeklagte für ihn ein Vorbild war. Er wollte aber nur eine Freundschaft, keine sexuelle Beziehung. Er konnte die Situation als damals 14- bis 15-jähriger Junge schlecht einschätzen. "Ich hatte ein Schamgefühl, war ihm aber nicht böse gewesen, weil er ja mein Freund war. Ich wollte es wegschieben, aber ich hatte immer die Bilder vor Augen." Es sollte noch zu einem zweiten Vorfall kommen, doch als er ein dazu klar Nein sagte, sei der Angeklagte wütend geworden. Heute hat der junge Mann keinen Kontakt mehr zu dem Angeklagten und hatte Angst, ihm zu begegnen. Er habe später alles seiner Mutter erzählt, weil er keine Ruhe fand und die Bilder immer wieder hochkamen: "Ich habe alles in mich hineingefressen!" Am Ende der Vernehmung entschuldigte sich der Angeklagte bei ihm: "Für den Fall, dass Du nicht wach warst, tut es mir leid!"
Welten lagen zwischen den Plädoyers von Staatsanwalt und von Verteidiger. Während die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten forderte, plädierte Rechtsanwalt Karsten Schieseck auf einen Freispruch seines Mandanten, der davon ausging, dass der Freund wach war und die sexuellen Handlungen auch bewusst wahrgenommen habe.
Die Vertreterin der Nebenklage, Rechtsanwältin Susanne Drehsen aus Bamberg, bezeichnete dies aber als eine reine Schutzbehauptung, die in keiner Weise glaubhaft sei. Sie schloss sich in ihrem Plädoyer dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft Bayreuth an.