Messerstecher: Anklage fordert zehn Jahre Haft
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Dienstag, 01. März 2016
Im Prozess gegen den Kulmbacher, der einen Polizisten mit einem Messer schwer verletzt hat, fordert der Staatsanwalt zehn Jahre Haft.
Das Opfer, ein 38-jähriger Polizeibeamter, reagierte auf das Plädoyer des Verteidigers mit Kopfschütteln. Denn Walter Bagnoli, der Hofer Rechtsanwalt, sprach "nur" von einer gefährlichen Körperverletzung, die sein Mandant begangen habe. Sein Mandant, das ist ein 22-jähriger Kulmbacher, der am 30. Juni 2015 bei einer Kontrolle am Marktredwitzer Bahnhof den Polizisten mit einem Messer schwer verletzt hat. Der Beamte war als Schleierfahnder unterwegs. Er hat den Angriff nur mit viel Glück überlebt.
Kein Mordversuch
Während der Pflichtverteidiger der Überzeugung ist, dass der psychisch kranke Angeklagte nicht in Tötungsabsicht zugestochen hat, hat Staatsanwalt Jochen Götz daran keinen Zweifel. In der Anklage war von versuchtem Mord die Rede. Götz sprach nach der Beweisaufnahme nun von einem versuchten Totschlag.
Tat nach fast vier Jahren Haft
Der drogenabhängige und mehrfach vorbestrafte Kulmbacher, der erst im Januar 2015 nach drei Jahren und neun Monaten Haft entlassen worden war, war laut Götz an jenem Juni-Tag mit dem Zug von Eger Richtung Marktredwitz unterwegs. Er hatte in Tschechien 5,65 Gramm Crystal Speed erworben, das er in einem Abfalleimer außerhalb des Abteils deponiert hatte. Nachdem der 38-jährige Polizist und ein Kollege das Betäubungsmittel entdeckt hatten, forderten diese den Kulmbacher in Marktredwitz auf, den Zug zu verlassen. Der 22-Jährige folgte den Beamten zunächst anstandslos.
"Ich stech' euch ab"
Bei einem Fluchtversuch habe das spätere Opfer den Angeklagte dann festhalten wollen, so Götz. Der 22-Jährige habe urplötzlich ein Springmesser gezogen und damit auf den Polizeibeamten eingestochen.
Der Kulmbacher sei geflüchtet, dabei mit dem gezückten Messer auch auf den zweiten Polizisten losgegangen und habe "Ich stech' euch ab" gerufen.
Tatwaffe wurde nicht gefunden
Die Tatwaffe wurde nie gefunden. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der Täter das Messer bei seiner Flucht in einen am Bahnhof stehenden Güterwaggon geworfen hat. Fest steht, dass die Klinge 15 Zentimeter tief in den Körper eingedrungen ist. Der Polizist wurde schwer verletzt, musste notoperiert werden. Innere Organe wurden nicht getroffen.
Stich hätte tödlich sein können
Nur wenige Millimeter weiter, und der Stich hätten tödlich sein können, sagte der Staatsanwalt, der sich auf das Gutachten stützte, das der Leiter der Erlanger Rechtsmedizin, Peter Betz, im Prozess gegeben hat.Der 22-Jährige habe mit Tötungsvorsatz gehandelt, das Messer ohne Vorwarnung eingesetzt, so der Anklagevertreter. Götz forderte, den Kulmbacher wegen versuchten Totschlags, vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren zu verurteilen. Strafverteidiger Walter Bagnoli, der keinen Tötungsvorsatz sah, hielt eine fünfjährige Freiheitsstrafe für angemessen.