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Melkendorfer Raiffeisen-Lager vor dem Aus?


Autor: Christine Fischer

Melkendorf, Freitag, 08. Oktober 2021

Die Waren-Filiale in Melkendorf soll von BayWa übernommen und nächstes Jahr geschlossen werden. Dort kaufen nicht nur Landwirte, sondern auch viele Privatpersonen ein. Die Kunden sind geschockt.
Wenn es stimmt, was man sich derzeit erzählt, ist das Raiffeisen-Warenlager in Melkendorf bald Geschichte.


Wird das Raiffeisen-Warenlager Melkendorf in absehbarer Zeit dicht gemacht? Diese Nachricht macht seit einiger Zeit die Runde unter den Kunden. Angeblich will die Raiffeisenbank Obermain Nord mit Hauptsitz in Burgkunstadt die Filialen der Raiffeisen-Waren GmbH Obermain Nord aus strategischen Gründen abstoßen. Das Warengeschäft sei von Seiten der Bank einfach nicht mehr gewollt, heißt es aus Betriebsratskreisen.

Pachtvertrag läuft ab

Der Standort in Melkendorf soll dann, so berichten Insider, von der BayWa übernommen werden. Und die werde das Lager spätestens im nächsten Sommer schließen, wenn der Pachtvertrag für das Gelände am Ortseingang von Melkendorf am 30. Juni ausläuft. Diese Strategie - übernehmen und schließen, um die Geschäftsstellen zu konzentrieren - habe BayWa bereits andernorts praktiziert.

Ein offizielles Statement dazu gibt es nicht. Lediglich: Noch sei nichts beschlossen, sagte der Geschäftsführer der Raiffeisen Waren GmbH in Burgkunstadt, Michael Knauer, vor einigen Tagen gegenüber Medienvertretern. Von der BayWa Bamberg heißt es mit dem Hinweis auf laufende Verhandlungen: "Wir sagen dazu derzeit nichts." Und auch die Raiffeisenbank Obermain Nord lässt eine schriftliche Bitte um eine Stellungnahme unbeantwortet.

Einiges ist durchgesickert

Dem Vernehmen nach wird aktuell noch verhandelt. Doch einiges ist bereits durchgesickert. So soll die BayWa das Melkendorfer Raiffeisen-Lager zum 1. Dezember übernehmen. Bis zum 30. Juni bleibt dann wohl vorerst alles beim Alten. Was danach passiert, kann derzeit keiner sicher beantworten. Unter der Raiffeisen-Belegschaft geht man allerdings davon aus, dass die Filiale geschlossen wird. Für viele unverständlich, denn der Laden läuft gut.

Wer sich in diesen Tagen dort umschaut, kann das nur bestätigen. Im Warenlager in Melkendorf geht es zu wie in einem Taubenschlag. Das Telefon klingelt in einem fort, die Kunden geben sich die Klinke in die Hand. Sie kaufen Holzkohle, Pflanzerde, Dünger, Pferdefutter oder holen Apfelsaft im Tausch mit ihren abgeernteten Äpfeln - die Raiffeisen Melkendorf ist für den Kulmbacher Raum die Annahmestelle für die Plassenburg Kelterei Bad Berneck. Gerald Kummer, der einzige in Melkendorf verbliebene Mitarbeiter, hat kaum Zeit zum Durchschnaufen. "Hier ist immer so viel los", erzählt er, "wir sind die Zweigstelle, die den meisten Umsatz macht."

Bei Pferdebesitzern beliebt

Die Nachricht, dass das Lager womöglich geschlossen wird, hat sich unter den Kunden wie ein Lauffeuer herumgesprochen. "Das geht ja gar nicht. Wo soll ich denn dann mein Pferdefutter kaufen", schimpft eine Kundin. "Bei uns im Stall kaufen alle in Melkendorf ein", ergänzt sie. Gerade bei Pferdebesitzern ist die Filiale aufgrund ihres großen Sortiments beliebt, sie kommen aus ganz Oberfranken. Das Raiffeisen-Lager in Burgkunstadt wäre für sie wie für alle anderen dann die nächste Anlaufstelle. Einen Teil der Waren führt in Kulmbach außerdem Samen Hühnlein, aber eben nicht alles.

Ein herber Schlag wäre die Schließung für die Landwirte in der Region, die Futtermittel, Saatgut, Dünger, Silofolien und vieles mehr noch selbst in Melkendorf abholen. "Für ein wenig Dünger fahre ich nicht extra nach Burgkunstadt", sagt Landwirt Alexander Eber vom Biegersgut bei Höferänger. Er ist regelmäßig in Melkendorf, "um schnell mal etwas zu holen" und schätzt das Lagerhaus in der Nähe. "Mir täte das weh, wenn es zumacht", meint er.

Eine beliebte Strategie?

Auch Harald Köppel von der Kulmbacher Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes hat schon von der geplanten Übernahme durch BayWa gehört und wäre nicht verwundert, wenn das Lager ganz dicht gemacht wird. Das sei die beliebte Strategie, man schon länger beobachte: übernehmen und die kleineren Standorte schließen, um die Größeren zu stärken. "Das Raiffeisenlager in Melkendorf ist eine Institution. Die Filiale wird viel und gerne angenommen - nicht nur von Landwirten, sondern auch von Privatleuten."

Viele Landwirte kauften in Melkendorf ihren Dünger in großen Mengen, das habe Samen Hühnlein zum Beispiel nicht. Eine Schließung würde vor allem die kleinen Betriebe treffen, denn für ihre benötigten Mengen kommt kein Lkw mit der Lieferung auf den Hof gefahren. "Früher hatte jedes Dorf sein Raiffeisen-Lager oder seine BayWa. Gerade Raiffeisen ist durch den Agrarhandel erst groß geworden", gibt Köppel zu bedenken. Doch heute säßen Finanzmenschen und Betriebswirte an der Spitze und für die sei dieser Branchenzweig offenbar nicht mehr wichtig.

Die Situation ist nicht nur für betroffene Kunden sondern auch für die Mitarbeiter der Raiffeisen Waren GmbH Obermain Nord schwierig. Zwar sollen sie angeblich alle übernommen werden, aber "wir hängen aktuell total in der Luft und werden dann wohl auf andere Standorte verteilt", heißt es aus der Belegschaft.