Alexander Wunderlich hingegen begrüßt die Debatte. Der VdK-Kreisgeschäftsführer bekundet zwar, "dass noch an einigen Ecken gefeilt werden muss", ist aber sicher: In Sachen Altersversorgung müsse dringend was passieren. Es gebe viele, die etwa in der Gastronomie zu Niedriglöhnen gearbeitet hätten; für die sei Altersarmut programmiert.
Das sieht übrigens auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten so. Die Grundrente würde in Bayern die Bezüge von 337000 Rentnern aufbessern. Sie bekämen derzeit eine Rente von weniger als 896 Euro pro Monat. Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Ende 2017 in Bayern 630000 Menschen eine Rente von weniger als 600 Euro - der Frauenanteil lag bei 76 Prozent.
Seitens der Rentenversicherung in Bayreuth heißt es: "Bei der Aufstockung niedriger Renten handelt es sich um eine Leistung, der ausdrücklich keine Beiträge gegenüberstehen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die vollumfänglich aus Steuermitteln zu finanzieren ist. Dies muss auf jeden Fall sichergestellt sein. Es kann nicht sein, dass die Finanzierung von den Beitragszahlern der Rentenversicherung übernommen wird."
Gerecht - oder am Ziel vorbei? Das sagen unsere Landtagsabgeordneten
Martin Schöffel (CSU): "Grundsätzlich werte ich eine Grundrente als sehr positiv. Wer lange gearbeitet hat, sollte im Alter unbedingt besser gestellt werden als jemand, der sein Leben lang Sozialleistungen bezogen hat.
Der Vorschlag von Bundesminister Heil schießt aber deutlich übers Ziel hinaus und würde die Falschen begünstigen. Von dieser Grundrente würden auch Menschen profitieren, die aus anderen Quellen als der eigenen Rente ihren Lebensunterhalt gut bestreiten. Ich denke dabei an Menschen mit Partnern mit sehr hohem Einkommen. Ihre Rente auf Staatskosten zu erhöhen, führt am Ziel vorbei. Die Grundrente nach Heil'schem Modell wäre also sehr teuer, eine Belastung insbesondere der jüngeren Generation und dabei nicht zielgenau." Rainer Ludwig (Freie Wähler):
"Wir werden die Grundrente intern beraten. Die Menschen, die ein Leben lang gearbeitet und auch in die Rentenkasse eingezahlt haben, werden dabei im Fokus stehen. Sie dürfen nicht auf soziale Leistungen angewiesen sein. Daher begrüße ich den Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil. Allerdings müssen die Rahmenbedingen stimmen. Leistungsprinzip und Gerechtigkeit sind wesentliche Elemente dazu, ebenso die Abwägung einer Bedürftigkeitsprüfung. Eine reine ,Aufstockung' wird nicht die grundsätzlichen Probleme lösen. Mütter und Väter müssen stärker von den Rentenzahlungen profitieren. Zudem müssen wir garantieren, dass nach 40 Jahren Beitragszahlungen Abschlagsfreiheit gilt. Wir setzen uns dafür ein, dass es zu keiner weiteren Absenkung der Rentenbeiträge kommt." Inge Aures (SPD):
"Ich begrüße den Vorschlag der SPD-Spitze ohne Wenn und Aber. Wenn jemand ein Leben lang arbeitet, muss er im Alter von seiner Rente leben können. Alles andere ist entwürdigend. Dass jetzt CDU und CSU versuchen, das Konzept von Hubertus Heil zu zerreden, war zu erwarten. Aber die Finanzierung der Grundrente ist realisierbar. Dabei geht es letzten Endes auch um Respekt. Es gibt Menschen, die arbeiten ein Leben lang und landen wegen geringer Entlohnung als Rentner in der Grundsicherung. Das kann nicht sein! Wenn jemand jahrzehntelang arbeitet, hat er ein Recht darauf, deutlich mehr Rente zu bekommen als jemand, der nie oder nur kurz gearbeitet hat. Auch der Koalitionsvertrag will die Verwirklichung einer Grundrente.
Ich höre immer wieder, dass man vor der Auszahlung der Grundrente erst die Bedürftigkeit der betroffenen Person feststellen müsse. Wenn es dann heißt, dass die Frau des Arztes oder des Rechtsanwalts die Rente nicht beziehen soll, dann frage ich mich: Was ist das für ein gesellschaftliches Bild, wenn man Frauen über ihre Männer definiert?"
Kommentar
Kein Scherz: Am Rande des Jakobswegs liegt ein Örtchen namens Rente. Genau auf jener Büßerstrecke also, auf der Tausende sich Frust und Sorgen von der Seele pilgern. Der Jakobsweg heißt auf Spanisch "Camino de Santiago". Rente und Camino - eine Assoziation bahnt sich da den Weg ins vom Laufen gut durchlüftete Oberstübchen: die Altersversorgung, die durch den Kamin rauscht. Dazu gesellt sich aktuell das Rauschen in den Parteizentralen sowie den Kommentarspalten der Hauptstadtjournaille. Die Rente ist sicher - also sicher ein Thema, um nicht wieder an blümelnde Ruhestandslandschaften zu gemahnen. Doch nun das: "Grundrente" - welch ein
Fanal, ein Fanfarenstoß aus Walhall! Wer hat's angeraten?
Sozialdemokraten. Bundesarbeitsjunker Hubertus suchte sein Heil in der "Respektrente". Und erntete? Vor allem Spott aus Wirtschaftskreisen. Denn, so gurrten es die Auguren und Ratingagenturen: zu teuer und aufgrund der Zielrichtung nicht dazu angetan, Altersarmut zu bekämpfen, dafür eine Belastung für die Jugend im Allgemeinen und den Aufschwung im Besonderen. Nö, mehr kam nicht aus den gepolsterten Sesseln des Instituts der Deutschen Wirtschaft, bloß ein geweihtes Pfui samt vergifteter Pfeilspitze, Politik möge sich doch bitte endlich auf die breite Masse konzentrieren und nicht ewig auf die wenigen, die so oft verfluchten "Ränder" der Gesellschaft. Die paar Prozent!
Die breite Masse ist per se nicht jene, die sich die Politik schönsäuft; sie ist nüchtern betrachtet von Altersarmut bedroht. Nicht sofort, erst 2030. Witzig. Durchatmen also? Von wegen durchatmen! Das ist meine Generation. Ich habe zwar Mathematik in der zwölften Klasse abgewählt (böse Zungen behaupten, es sei umgekehrt gewesen), aber selbst mit rudimentären Rechenkenntnissen befürchte ich, dass das mit der Altersarmut mehr trifft. Viel mehr.
Die Rente berechnet sich 2030 mit 43 Prozent vom letzten Nettogehalt. Jetzt kann jeder Leser überschlagen, ob er/sie davon wohnen kann oder sich doch besser aufs Essen konzentrieren sollte. 40 Prozent verdienen im Monat 2000 Euro brutto oder darunter. Genau das aber führt unweigerlich zu einer Rente nahe der Grundsicherung. Also sind doch 40 Prozent der Deutschen von Altersarmut bedroht, oder? Ist das noch eine Randerscheinung? Warum lassen mich Politik wie Wirtschaftselite in dem Glauben, es sei höchstens die Hälfte? Ich vermute: Die hantieren bei der Prozentrechnung mit VW-Taschenrechnern ohne Software-Update.