Markus Ewald: Barmherzigkeit im Alltag
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Mittwoch, 04. Dezember 2013
Markus Ewald findet in der Bibel konkrete Anweisungen für den Alltag. Die Lieblingsstelle des Arztes und Vorsitzenden des Kulmbacher Hospizvereins steht im Evangelium des Matthäus.
Barmherzigkeit ist ein Begriff, mit dem sich Markus Ewald intensiv beschäftigt hat. Eine seiner Lieblingsbibelstellen findet sich im Matthäus-Evangelium. Im Kapitel 9, Vers 13, heißt es: "Darum lernt, was das heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten."
Die Stelle ist Teil der Geschichte, in welcher der Zöllner Matthäus zur Nachfolge berufen wird. Ausgerechnet ein Sünder, mit dem keiner seiner Mitmenschen etwas zu tun haben will. "Für mich ist diese Stelle verbunden mit der Erinnerung an ein Bild des Malers Caravaggio zum gleichen Thema", sagt Ewald, Leitender Arzt für Innere Medizin am Klinikum Kulmbach und Mitglied der Kirchenverwaltung der katholischen Gemeinde "Unsere Liebe Frau". "Wer einmal in Rom ist, sollte sich dieses Bild anschauen: Es zeigt die Überraschung dessen, der die Barmherzigkeit erlangt.
Genau das seien die zwei für ihn wichtigen Seiten der Textstelle, sagt Ewald: "Dankbar zu sein für das, was mir unverdient an Gutem geschieht. Nicht verwundert zu sein über andere, sondern etwas weiter zu geben."
Barmherzigkeit sei etwas, auf das man hoffen dürfe. Barmherzigkeit sei aber auch etwas sehr konkret Messbares beim eigenen Tun: "Mitleid ist oft nur eine innere Haltung. Barmherzigkeit ist fassbar." Gefangene besuchen, Hungernde speisen, Sterbende trösten - diese und andere "Werke (!) der Barmherzigkeit" seien Taten, die nicht alle Härten des Lebens beseitigen können, die aber das Leben "human" werden lassen.
"Die Aufforderung zur Barmherzigkeit lässt mir nicht die Chance, etwas auf die Ferne des Allgemeinen und für mich nicht Veränderbaren zu verschieben. Für die konkreten Werke der Barmherzigkeit gibt es nicht die Ausrede des Einzelnen gegen die Fülle der Probleme der Welt. Nicht nur, indem ich etwas Falsches tue, sondern auch, indem ich mir Mögliches unterlasse, verlasse ich den richtigen Weg.
Ich mag die ganze Szenerie um diese Textstelle, wie sie in dem erwähnten Bild gedeutet wird. Für mich einerseits eine Beruhigung als dem (überraschten) Empfangenden. Jedoch auch eine beunruhigende Frage, ob mir Ähnliches wenigstens gelegentlich als Gebendem in meinem Leben gelingt. Hoffen auf Barmherzigkeit, Wissen um die eigene Verantwortung, Scheitern an dieser und darin wieder hoffen könnend: Ein Kreislauf des Gebens und Annehmens."