Marktschorgast: Mädchen retteten 81-Jährigen aus Brunnenschacht
Autor: Sonny Adam
Marktschorgast, Montag, 14. Sept. 2015
Celine Nüssel (13) und Celine Bechmann (12) haben nach den Ferien viel zu erzählen: Sie haben einem 81 Jahre alten Mann, der in Marktschorgast in einem Brunnenschacht feststeckte, das Leben gerettet.
Arno Herold kann am 7. September seinen zweiten Geburtstag feiern. Für den 81 Jahre alten Senior begann der Tag ganz normal. Er ging morgens nach dem Frühstück in den Garten, arbeitete und wollte eine Dichtung im Brunnenschacht auswechseln. Wie schon so oft.
Er klappte die grüne Gartenpumpe nach hinten. Eigentlich hätte Arno Herold einfach an den Steigeisen, die er schon vor vielen Jahren in den 50 Mal 50 Zentimeter großen Schacht einbetoniert hat, nach unten steigen können. "Aber ich habe eine Leiter in das Loch gestellt. Das war ein Fehler", gibt er zu. Denn als er ganz unten die Dichtung auswechseln wollte, saß er plötzlich fest. Die Leiter hatte sich verkantet, und wie er sich auch bemühte, es gab kein Entkommen. "Der Schacht liegt über der Klärgrube und ist nur 1,70 Meter tief", erzählt Herold, der sich daran erinnert, dass dann auch noch das Licht ausging. Die Lampe, die er dabei hatte, erlosch plötzlich. Und er vorlor seine Arbeitshandschuhe.
Stundenlang festgesessen
Stundenlang konnte sich der 81-Jährige in dem Schacht kaum rühren - in völliger Dunkelheit. Mit den Füßen stand er im Wasser. "Aber ich hatte Gummistiefel an", berichtet er. Viel ging ihm in diesen Stunden durch den Kopf. Arno Herold wusste, dass er von außen nicht zu sehen war und dass an seinem Haus nur wenige Menschen vorbeikommen. Zu Fuß schon gar nicht. "Dann habe ich plötzlich Schritte gehört", weiß Herold noch. "Ich rief sofort um Hilfe."Wie ein Mann "Hallo, hallo!" gerufen hat, hörte Celine Nüssel. Die 13 Jahre alte Marktschorgasterin wohnt nur einige Häuser weiter. Ihrer Freundin Celine Bechmann, die zu Besuch war, wollte sie ein bisschen den Ort zeigen. "Als wir den Mann gehört haben, war uns erst ein bisschen mulmig, wir haben ihn ja nicht gesehen", erzählt Celine. "Wir haben gedacht, da will uns jemand entführen."
Auch ihrer Freundin war mulmig zumute. "Aber wir waren dann doch neugierig, sind aufs Gundstück und haben geschaut, ob da jemand ist", so Celine Nüssel. "Er hat dann gesagt: Ich bin hier unten", erinnert sich die junge Marktschorgasterin, die dieses Erlebnis nie vergessen. "Ich habe gefragt: Brauchen Sie Hilfe?", weiß auch Celine Bechmann (12) noch ganz genau. Ihre Freundin blieb dann bei dem Mann, der sich selbst nicht mehr helfen konnte, während sie zur Familie Nüssel nach Hause rannte und Hilfe holte.
Eine Nacht im Klinikum
Wenige Minuten später lief die Rettungsaktion an. Die Feuerwehr entfernte den Brunnen und befreite den Mann aus seiner misslichen Lage. Arno Herold war unterkühlt. Er hatte sich bei der Bergung Schürfwunden zugezogen und musste eine Nacht im Klinikum verbringen. Inzwischen ist er freilich wieder guter Dinge. "Ich war wirklich froh, dass die beiden vorbei gekommen sind - und dass sich sie gehört habe. Ich höre nämlich noch sehr gut", sagt der 81-Jährige und drückt seine beiden Lebensretterinnen an sich. Denn auch Arno Herold weiß, dass dieser Unfall ganz anders hätte ausgehen können."Die beiden Mädchen haben wirklich gut reagiert. Die Rettung ist gut gelaufen", sagt Horst Nölkel von der Polizei Stadtsteinach. "Wenn sie sich nicht gekümmert hätten, kann man nicht sagen, wie die Sache ausgegangen wäre. Es war ja noch ein Glück, dass alles im Sommer passiert ist", so Nölkel.
Die Polizei würde sich wünschen, dass es mehr Menschen gäbe, die sich so vorbildlich verhalten. "Es ist natürlich so, dass auch immer eine gewisse Skepsis angebracht ist. Natürlich gibt es Situationen, in denen Notfälle vorgetäuscht werden, aber da muss man seinem Gefühl vertrauen und den gesunden Menschenverstand walten lassen", so Nölkel. Nichts zu tun, sei in jedem Fall am Schlechtesten."
Ein Scheinchen fürs Schweinchen
Arno Herold jedenfalls hat sich erkenntlich gezeigt und den Mädchen ein Scheinchen fürs Sparschwein zugesteckt.Die beiden "Lebensretterinnen" besuchen die Werner-Grampp-Schule. "Ich möchte nächstes Jahr in die Realschule und später vielleicht einmal im Krankenhaus arbeiten", hat Celine Bechmann, bestärkt durch dieses Erlebnis, schon einigermaßen konkrete Pläne. "Ich bin auch sehr froh, dass wir geholfen haben", sagt Celine Nüssel.
Und noch eins wissen die beiden Mädchen ganz genau: Was sie im neuen Schuljahr als Ferienerzählung schreiben werden. Denn da gibt es für die beiden Celines nur ein Thema.