Druckartikel: Mario ist an allem schuld

Mario ist an allem schuld


Autor: Peter Müller

Kulmbach, Sonntag, 09. April 2017

Mein Sohn, dem ich diesen schönen Namen gegeben habe, möge mir diese Überschrift verzeihen. Das Burggeflüster hat rein gar nichts mit ihm zu tun.
Seine Worte können Sparer ärgern und einen Börsencrash auslösen: Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. Foto: Arne Dedert/dpa


Der gebürtige Römer und Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) setzt seit Jahren auf eine extreme Niedrigzinspolitik, um die Wirtschaft in den hoch verschuldeten Staaten anzukurbeln. Das freut die Firmenbosse, die Investitionen leichter finanzieren können, ärgert aber die Sparer. Brüstete sich ein Kulmbacher Geldinstitut vor nicht allzu langer Zeit noch damit, ein Festgeldkonto mit lächerlichen 0,3 Prozent zu honorieren, ist diese Werbung inzwischen verschwunden. Denn es gibt schlicht und ergreifend keine Zinsen mehr auf Guthaben. "Niente", würde Mario sagen. Er ist schuld daran, dass das lukrative Geschäftsmodell der Banken, für Kredite mehr Geld zu kassieren, als Zinsen an die Sparer weiterzugeben, nicht mehr funktioniert. Denn die Differenz wird immer kleiner.

Mario ist schuld, dass die Banker nun beginnen, an der Gebührenschraube zu drehen. Sie müssen ja von irgendwas leben. Zwar haben sowohl die Sparkasse Kulmbach-Kronach als auch die Genossenschaftsbanken in der Region versichert, Geldabhebungen weiterhin kostenfrei zu ermöglichen, verlassen würde ich mich darauf aber nicht.

Die Gemengelage hat für mich als Autoliebhaber aber auch einen erfreulichen Aspekt: Weil die Bürger entweder ihr Geld mit vollen Händen ausgeben oder nach alternativen Anlageobjekten suchen, fahren immer mehr Oldtimer durch die Lande. An den ersten schönen Frühlingstagen konnte ich mindestens fünf solcher Fahrzeuge bestaunen, die ich noch nie zuvor in Kulmbach gesehen hatte - Geldanlage mit Spaßfaktor. Mario sei Dank.

Übrigens: Im Geburtsjahr meines Sohnes gab es für Sparer 4,5 Prozent Zinsen, wer einen Kredit brauchte, musste die Kohle plus 9,5 Prozent (!) zurückzahlen. Mario (der Römer) war damals unbekannt. Heute aber können drei Worte von ihm einen Börsencrash auslösen.