Maria 2.0 auch in Kulmbach: Den Frauen eine Stimme
Autor: Katrin Geyer
Kulmbach, Mittwoch, 09. Oktober 2019
Engagierte Katholikinnen fordern auch in Kulmbach mehr Teilhabe an allen kirchlichen Ämtern
Würde Jesus heute leben - er wäre wohl längst aus der Kirche ausgetreten! Für viele katholische Frauen ist der Gedanke so abwegig nicht, hat sich nach ihrer Überzeugung ihre Kirche doch weit von ihren biblischen Wurzeln entfernt. Amtsmissbrauch und sexueller Missbrauch, Pflichtzölibat und der Ausschluss von Frauen aus vielen kirchlichen Ämtern empören sie, und diese Empörung hat mittlerweile einen Namen: Maria 2.0.
Ausgehend vom westfälischen Münster haben sich inzwischen in vielen Orten Frauen dieser Initiative angeschlossen (siehe dazu auch Infobox unten). Auch im katholischen Seelsorgebereich Kulmbach gibt es seit einigen Monaten eine Gruppe von Frauen, die sich für eine Erneuerung ihrer Kirche starkmacht. Worum es dabei genau geht, erläutern Michaela Axtner, Brigitte Wolpert, Susanne Witzgall und Bernadette Sauerschell ("Wir sind der harte Kern!") im Vorfeld einer ersten öffentlichen Veranstaltung.
Man habe, so sagen sie, die Aktivitäten der Frauen in Münster mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und dann irgendwann beschlossen: "Wir fangen jetzt an!" Um sich nicht zu verzetteln, wollen sich die Frauen zunächst auf ein Thema konzentrieren: Die Stellung der Frau in der Kirche und damit verbunden die Forderung nach Zugang der Frauen zu allen Ämtern der Kirche - auch zum Priesteramt.
"Keine Wurzeln im Evangelium"
Diese Forderung sehen die Kulmbacherinnen durchaus im Einklang mit der biblischen Botschaft. "In den frühen Evangelien tauchen Frauen als Gemeindevorsteherinnen auf", erläutert Brigitte Wolpert. "Jesus hat - gegen den Geist seiner Zeit - Frauen aufgewertet." Dem widerspreche die heutige Praxis, die Frauen im kirchlichen Leben klein zu halten, meint Michaela Axtner. "Man verbunkert sich hinter Abläufen, die im Laufe der Kirchengeschichte entstanden sind, die aber keine Wurzeln im Evangelium haben."
Dies deutlich zu machen, ist nicht nur ein persönliches Anliegen der Frauen. Drei von ihnen sind als Religionslehrerinnen tätig. "Wir stehen vor unseren Schülern, können vieles nicht erklären und müssen Dinge vermitteln, die wir selbst nicht gut finden", beklagen sie, und sie sind sich sicher: "Nicht die Zulassung von Frauen zum Priesteramt ist erklärungsbedürftig, sondern deren Ausschluss."
Provokante Thesen sind das in einer Kirche, die in vielem auf Althergebrachtem verharrt.
So konnte es auch nicht ausbleiben, dass die Frauen, die seit Anfang Juni mit Informationsblättern und Unterschriftenlisten auf ihr Anliegen aufmerksam machen, vereinzelt Gegenwind aus den eigenen Gemeinden bekamen. Auch von Frauen. Eine Spaltung der Gemeinden freilich ist nicht die Absicht der Kämpferinnen von Maria 2.0. "Wir wollen einen friedlichen, konstruktiven Dialog, der uns inhaltlich weiterbringt", versichert Michaela Axtner.