Druckartikel: Manchmal hilft den Sternsingern ein Spickzettel

Manchmal hilft den Sternsingern ein Spickzettel


Autor: Stephan Stöckel

Motschenbach, Donnerstag, 04. Januar 2018

Auch in Motschenbach und Umgebung ziehen am Dreikönigstag Kinder als Sternsinger von Haus zu Haus.
Sie üben in der Pfarrkirche schon einmal für den Dreikönigstag (von links) Celina Stenglein (Balthasar), Larissa Kaiser (Melchior) und Hanna Barnickel (Caspar). Foto: Stephan Stöckel


Die Heiligen Drei Könige in ihren orientalischen Gewändern huschen von der alten Schule zur Pfarrkirche St. Maternus. Der Altar ist in Dunkelheit gehüllt, doch der Eingang des Kirchenschiffes erstrahlt im Glanz der drei Weisen aus dem Morgenlande. Mit Kreide schreibt Melchior, gespielt von Larissa Kaiser aus Willmersreuth, die Buchstaben C, M und B an die Kirchentür.


Christus schütze dieses Haus


Mancher mag sofort an die Anfangsbuchstaben der drei Heiligen denken, doch die zwölfjährige Realschülerin führt man nicht so leicht aufs Glatteis. "Im Religionsunterricht haben wir gelernt, dass sich hinter der Buchstabenkombination der lateinische Satz ‚Christus mansionem benedicat‘ verbirgt, was auf Deutsch so viel wie ‚Christus segne dieses Haus‘ bedeutet", erklärt die Willmersreutherin fachmännisch.

Am 6. Januar wird wieder der Ruf durch das Mainleuser Land hallen: "Wir kommen daher aus dem Morgenland. Wir kommen geführt von Gottes Hand. Wir wünschen Euch ein fröhliches Jahr." Zwischen 15 und 20 Kinder werden verteilt auf fünf Gruppen in Motschenbach und Umgebung den Segen in jedes Haus bringen und Gelder sammeln, damit in Indien Kinder nicht mehr arbeiten müssen, sondern zur Schule gehen können.


"Es wird immer schwieriger, junge Menschen zu finden"


Szenenwechsel. In einer Kammer der ehemaligen Schule setzt Susanne Witzgall dem Caspar, verkörpert von Hanna Barnickel, den Turban auf den Kopf. Die 55-Jährige bittet zur Anprobe. Seit fast 20 Jahren organisiert die Willmersreutherin die Umzüge der Heiligen Drei Könige in der katholischen Pfarrei Motschenbach. "Es wird immer schwieriger, junge Menschen für eine der Sternsinger-Rollen zu begeistern", stellt sie ernüchtert fest. Die abnehmende Religiosität in der Gesellschaft möchte sie nicht dafür verantwortlich machen. "Neben Katholiken und Evangelischen haben auch schon Bekenntnislose mitgemacht. In diesem Jahr ist erstmals auch eine Jesidin aus Syrien mit von der
Partie. Ich glaube eher, dass die Kinder und Jugendlichen heute andere Interessen haben."

Die Jungen und Mädchen, die da sind, haben ihre Freude daran, einmal in eine andere Rolle schlüpfen zu dürfen. Viele von ihnen sind Wiederholungstäter im positiven Sinne. "Weil es Spaß macht, Sternsinger zu sein", findet Larissa, die zum siebten Mal mit dabei ist. "Wenn man von Haus zu Haus geht, lernt man andere Menschen kennen. Außerdem lernen wir jedes Jahr etwas über ein anderes Land, in dem es den Menschen nicht so gut geht wie in Deutschland", sagt die siebenjährige Hanna, die seit drei Jahren mitmacht.


Erlöse gehen nach Indien


2018 gehen die Erlöse aus der Sternsingeraktion nach Indien. Anhand eines Filmes und einer Broschüre erfahren die Kleinen viel Wissenswertes über Kinderarbeit in Indien. Gerne erinnern sich die Kinder an die Umzüge der vergangenen Jahre zurück. "Viele Menschen, die wir besuchen, fühlen mit, wenn wir ihnen auf Nachfrage von der Armut und den Problemen in der Dritten Welt erzählen", sagt Larissa. "Manchmal werden wir zu Kaffee und Kuchen eingeladen", erzählt Celina Stenglein (12) aus Weismain, die zum fünften Mal Sternsinger ist. Zudem werden die Kleinen von den Großen mit Süßigkeiten reich beschert.

"Wenn es den Kindern zu viel wird, dann gebe ich einen Teil der süßen Leckereien meiner Nachbarin, die im Geschwister-Gummi-Heim in Kulmbach arbeitet und den dortigen Kindern damit eine Freude bereitet", klinkt sich Witzgall in das Gespräch mit ein.


Aufkleber für Plastiktüren


Die Zeiten haben sich geändert. Früher hatte noch jedes Haus eine Holztür. Heute finden sich in vielen Anwesen Plastiktüren mit weißem Rahmen. "Darauf sieht man die Kreide nicht. In solchen Fällen bringen wir einen Aufkleber mit der Jahreszahl und den drei Buchstaben am Hauseingang an", erläutert Celina. Auch Sprüche müssen aufgesagt werden. Für alle Notfälle klebt ein Spickzettel auf dem Stern des Sternträgers.

Die Kinder können es kaum erwarten, am 6. Januar wieder an den Haustüren zu klingeln. "Ich wünsche mir, dass wieder viele Spenden zusammenkommen. Ich mag es, anderen Menschen zu helfen", spricht Hanna allen aus der Seele.